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Reifenservice: Vieles ist nur freiwillig

01.09.2025 08:10 Uhr | Lesezeit: 4 min
Räderservice
Reifenwuchtmaschinen dürfen nur mit der entsprechenden PSA bedient werden. 
© Foto: Immler

Wenn es um die Arbeitssicherheit beim Reifen- und Räderservice geht, sind zwei Dinge wichtig: Die technische Betriebssicherheit der Werkzeuge und das Wissen der Mitarbeiter. Wir haben den Reifen-Experte Michael Immler dazu befragt.

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Betriebe, die 20 Mitarbeiter und mehr beschäftigen, sind nach § 22 SGB VII dazu verpflichtet, einen Sicherheitsbeauftragten (SiBe) zu benennen. "Meist handelt es sich dabei um einen Mitarbeiter, der durch seine Verantwortungsbereitschaft und umfassende Orts-, Fach- und Sachkenntnisse der jeweiligen Arbeitsplätze für die Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragte in besonderer Weise geeignet ist", sagt Michael Immler, der in seiner mehr als dreißigjährigen Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Reifenmechaniker- und Vulkaniseur-Handwerk viele Erfahrungen im Bereich Sicherheit sammeln konnte. "Besonders die Reifenmontage birgt viele Gefahren", so Immler. "In regelmäßigen Abständen muss der Sicherheitsbeauftragter die Mitarbeiter über die mit der Reifenservice-Arbeit verbundenen Gefährdungen informieren und Maßnahmen zu ihrer Verhütung aussprechen."

Als Grundlage dient hierfür die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) Information 209-064 "Sichere Reifenmontage" (vormals: BGI 884). "Der Unterweisende selbst sollte dabei auch immer als gutes Beispiel für gelebten Arbeitsschutz in seinem Fachbereich vorangehen", so Immler, "denn nur dann ist es ihm möglich, glaubhaft nützliche Vorschläge für die Verbesserung von Arbeitsschutz und Sicherheit seinen Kollegen und Kolleginnen weiter zu geben und sie von der Notwendigkeit und dem Sinn der Maßnahmen zu überzeugen."

Doch auch wenn man gesetzlich nicht dazu verpflichtet ist, einen SiBe zu bestellen, empfiehlt es sich als Werkstattbetreiber mit der technischen Betriebssicherheit der Werkzeugmaschinen zur Reifen- und Rädermontage näher zu beschäftigen. "Hier empfehle ich stets die DGUV Regel 109-009 Fahrzeug-Instandhaltung (bisher BGR 157) als Grundlage heranzuziehen", sagt Immler. Hier finden sich vor allem Hinweise, wie Radauswuchtmaschinen technisch inspiziert werden müssen.

Sicherheit beim Wuchten

So ist dort unter "B" Maschinen und Geräte, 4.12 zu Radauswuchtmaschinen zu lesen, dass ortsfeste Radauswuchtmaschinen entsprechend § 2 der Maschinen-Verordnung durch Einrichtungen gesichert sein müssen, wenn Personen durch wegfliegende oder umlaufende Teile gefährdet werden können. Einrichtungen sind z. B. Schutzhauben, die das umlaufende Rad und die Spannvorrichtung verdecken und ein Ingangsetzen der Maschine nur im geschlossenen Zustand ermöglichen. "Die Funktion dieser Abschaltung und das Vorhandensein der Abdeckung bzw. ihres beschädigungsfreien Zustandes müssen daher in regelmäßigen Abständen geprüft werden", so Immler.

Zu beachten ist hier, dass bei der Festlegung der Einrichtungen zur Sicherung der Gefahren an Radauswuchtmaschinen die Norm DIN ISO 21940-23:2012 (alte ISO 7475) "Mechanische Schwingungen; Auswuchtmaschinen; Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen für die Messstation" bestimmte Sicherheitsklassen vorsieht. Das Dokument legt Anforderungen an Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen fest, die dazu dienen, die mechanischen Gefährdungen so klein wie möglich zu halten, die vom Rotor in der Unwucht-Messstation einer fliehkraftnutzenden Auswuchtmaschine ausgehen. Es definiert dabei verschiedene Schutzklassen, die Verkleidungen und andere Schutzmaßnahmen erfüllen müssen, sowie die Grenzen der Anwendbarkeit für jede Schutzklasse. Nach einer Gefährdungsbeurteilung kommt mindestens für Radauswuchtmaschinen die Sicherheitsklasse A in Betracht.

"Bei einer Prüfdrehzahl von weniger als 100 min-1 und einem Felgendurchmesser kleiner 20 Zoll können Gefährdungen durch wegfliegende Teile und umlaufende Teile aufgrund der Unfallerfahrung in die Sicherheitsklasse 0 nach DIN ISO 21940-23:2012 eingeordnet werden", so Immler. "Ein Betrieb ohne Schutzhaube ist dann möglich - aber nicht zu empfehlen." Neben der Überprüfung dieser Sicherheitseinrichtungen sind immer auch die elektrischen Komponenten auf einwandfreien Zustand und Funktion zu prüfen. Insbesondere die Notabschaltung. Letztlich ist auch auf den festen Stand der Radauswuchtmaschine zu achten. Die Bodenverankerungen dürfen kein Spiel haben und nicht korrodiert sein.

Reifenservice
die Felgenklammern der Montiermaschine müssen einwandfrei arbeiten. 
© Foto: Immler

Technik zur Reifenmontage

Auch bei der Sicherheit und Wartung der Technik von Reifenmontagemaschinen muss einiges beachtet werden. "Grundlage sind hier wiederum die DGUV Regel 109-009 Fahrzeug-Instandhaltung, und hier 5.17 bis 5.17.6.", so Immler. Für die technische Prüfung der Montiermaschine bedeuten diese Regeln, dass insbesondere ihre pneumatischen oder hydraulischen Einrichtungen im Rahmen einer turnusmäßigen Kontrolle auf Dichtheit und präzise Funktion und Führung überprüft werden müssen.

Bei pneumatischen Maschinen kann dies zusammen mit der Überprüfung der Pressluftanlage erfolgen. Felgenklammern aber auch die Abdrückschaufel müssen gleichmäßig über längere Zeit Druck ausüben bzw. halten können. Ansonsten besteht insbesondere bei den Felgenklammern die Gefahr, dass sich bei der Reifenmontage das Rad lockern kann. Auch gilt es, die Öler der Abdrückwerkzeuge (Abdrückschaufeln, -Rollen und Montierhebel) ebenfalls auf korrekte Funktion zu testen, damit diese weder Felgen noch Reifen beschädigen können. Reifenluftdruckwerkzeuge sind auf korrekte Einstellung auf Setz- und Springdruck zu kontrollieren. Letztlich muss, wie bei der Radauswuchtmaschine, darauf geachtet werden, dass die Bodenverankerungen kein Spiel haben und nicht korrodiert sind.

Reifenservice
Die Schutzabdeckung muss auch schwere Reifenteile zurückhalten können.
© Foto: immler

"Für beide Maschinentypen gibt es leider keine Alters- oder Zustandsbeschränkungen", weiß Immler. Konkret heißt dies, dass z. B. mit defekten Montagearm oder unpräzisen Werkzeugen gearbeitet werden kann, ohne dass eine Reparatur verpflichtend ist. Im Gegensatz beispielsweise zu Hebebühnen oder Bremsprüfständen sind die Überwachungsmaßnahmen alle freiwillig. Die allgemeingültigen Standards und Vorgaben für diese Maschinen werden in der Maschinennorm DIN EN 17347 festgeschrieben. "Dies sind aber nur allgemeingültige Empfehlungen, jedoch keine harten Regeln", so Immler. "Selbstverständlich sind alle Montage- oder Wuchtmaschinen "sicher" und können Reifen montieren und wuchten, denn jede Maschine ist aufgrund der Empfehlungen und der Standards mit allen nötigen Dingen wie Handbuch, Arbeitsanleitungen, Piktogrammen auf den Maschinen sowie Warnhinweisen ausgerüstet.


Sicherheitsklassen nach DIN ISO 21940-23:2012

Die Sicherheitsklassen werden anhand der kinetischen Energie des rotierenden Teils (in Joule) klassifiziert. Es gibt drei Haupt-Sicherheitsklassen, die wie folgt gegliedert sind. Die Klasse 0 wird meist nicht aufgeführt, da von ihr kein Risko ausgeht:
Klasse C E ≤ 16.000 J Geringes Risiko, meist offene oder leicht geschlossene Schutzsysteme ausreichend. Klasse B 16.000 J < E ≤ 300.000 J Mittleres Risiko, verstärkte Schutzverkleidungen notwendig. Klasse A E > 300.000 J Hohes Risiko, vollgekapselte und besonders widerstandsfähige Schutzeinrichtungen erforderlich. Klasse 0 E ≤ 1.000J Diese Klasse gilt für Auswuchtmaschinen mit sehr niedrigen Umfangsgeschwindigkeiten und kleinen, leichten Werkstücken. Bei dieser Energie ist das Risiko von gefährlichen mechanischen Auswirkungen minimal.


Die Zertifizierung der Maschine, dass mit ihr auf sichere Weise Reifen montiert werden können, erfolgt jedoch auf freiwilliger Basis durch die Zertifizierung nach wdk. Bisher wurden bei über 120 Montagemaschinen sowohl Zubehör, als auch andere Bauteile der Maschine optimiert und zusammen mit dem Maschinenhersteller nachgewiesen, dass schadensfrei montiert werden kann. Gleiches gilt für die Schulung der Monteure. Hier sind zwar bundesweit Monteure nach wdk geschult und geprüft worden - alle allerdings nur auf freiwilliger Basis. Wie Immler zusammenfasst, gibt es weder für den Maschinenpark noch für die tätigen Personen zwingende rechtliche Mindestvoraussetzungen.

Umso mehr liegt es in der Verantwortung des Werkstattbetreibers, das Bewusstsein bei den Mitarbeitern für das Equipment und für die damit zu leistenden Tätigkeiten zu schärfen. Nur so kann die Sicherheit eines der sicherheitsrelevantesten Bauteile am Fahrzeug gewährleistet werden.

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