Die Rahmenbedingungen für die Autoindustrie haben sich verschärft: Hohe Energie- und Lohnkosten, Zölle in den USA, die Versorgung mit kritischen Erden aus China, das langsame Hochfahren der E-Mobilität und die politischen Rahmenbedingungen machen das Geschäft schwer planbar. Diese und weitere Themen wurden auf dem Mahle Tech Day am 23. Juli in Stuttgart diskutiert. Darüber hinaus wurden auch neue Produkte präsentiert, die auf der diesjährigen IAA gezeigt werden.
Mehrkosten müssen die Kunden tragen
Mahle-CEO Arnd Franz erklärte den anwesenden Journalisten, dass allein durch die Zölle in den USA der Zulieferer Mehrbelastungen von neun bis zehn Millionen Euro zu tragen habe. Die Mehrkosten müssten an die Kunden weitergeben werden, was Fahrzeuge teurer macht. Von daher sei eine schnelle Lösung im Handelskrieg notwendig. Die asiatischen Länder werden laut Franz auch eine immer stärkere Rolle spielen, besonders China und Japan. China bleibe der einzige Wachstumsmarkt für batterieelektrische Fahrzeuge, in Europa und Amerika hinken die Stromer den Prognosen hinterher.
Technologievielfalt bleibt weiterhin der Strategieansatz von Mahle auf dem Weg zur Senkung von Treibhausgasen. Angesichts des schleppenden Hochlaufs der E-Mobilität hält es Mahle für notwendig, über rein batterieelektrische Fahrzeuge hinaus weitere Formen der Elektrifizierung, etwa Hybridfahrzeuge oder Range Extender, anzubieten und politisch zu ermöglichen. Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range Extender seien laut Arnd Franz keine Übergangslösungen, sondern Teil einer dekarbonisierten Mobilität in Europa. Franz forderte eine schleunige Überarbeitung der CO2-Regulierung in Europa unter Berücksichtigung nachhaltiger Verbrennungsmotoren und klimaneutraler Kraftstoffe: „Die Überarbeitung der CO2-Regulierung in Europa duldet keinen Aufschub. Verbrennungsmotoren, die mit klimaneutralen Kraftstoffen betrieben werden, müssen als Teil der Lösung anerkannt werden.“
Und er bekräftigte seine Forderung: „Wenn das Verbrennerverbot der EU bleibt, dann wird sich Mahle gezwungen sehen, zu prüfen, ob wir uns in Europa in Zukunft noch Erweiterungs- und Ersatzinvestitionen für nachhaltige Verbrenner erlauben können“, sagte Franz. Er machte keinen Hehl daraus, dass dies einen Arbeitsplatzabbau und die Schließung von Werken für Mahle bedeuten könne. Die nächsten zwölf bis 24 Monate seien entscheidend dafür, wie es im Europa-Geschäft für Mahle weitergeht. Verbrenner seien marktfähig, Europa habe hier eine führende Position, die es zu verteidigen gelte.
Mahle: Produktneuheiten auf dem Tech Day 2025

Über 1.000 Kilometer Reichweite
Auf der IAA Mobility in München zeigt der Zulieferer Technologien zur Steigerung der Elektrifizierung und zur Senkung der CO2-Emissionen im Straßenverkehr. Neben der reinen Elektromobilität setzt Mahle auch auf Hybridfahrzeuge und Range Extender, die die Reichweiten von E-Fahrzeugen erhöhen und Kunden den Umstieg vom reinen Verbrenner erleichtern sollen. Besonders China verzeichnet derzeit ein starkes Wachstum dieser elektrischen Antriebsarten. Prognosen zufolge soll der Anteil von E-Fahrzeugen mit Range Extender an der weltweiten Produktion elektrifizierter Pkw und leichter Nutzfahrzeuge bis 2030 jährlich um 15 Prozent wachsen.
Mahle hat deshalb einen Range Extender für E-Fahrzeuge entwickelt, der als „Enabler“ die Marktakzeptanz batterieelektrischer Mobilität weltweit erhöhen und kleinere Batteriegrößen ermöglichen soll. Das neue System mit einer Nenndauerleistung von 85 Kilowatt besteht aus einem besonders effizienten Hochvoltgenerator, der von einem kompakten Verbrennungsmotor angetrieben wird, der wiederum Ladestrom für die Batterie bereitstellt. Kern des 800-Volt-Generators ist eine permanenterregte Elektromaschine mit einem integrierten Kühlkonzept. Der aufgeladene Verbrennungsmotor des Range Extenders ermöglicht eine effiziente Verbrennung und geringere Schadstoffemissionen. Im Range Extender-Betrieb bietet er einen hohen Wirkungsgrad von über 42 Prozent. Dabei werden je nach Fahrzeug und Batteriegröße Reichweiten von bis zu 1.350 Kilometer im WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) erreicht.
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Effizientes Thermomanagement
Bei Elektrofahrzeugen möchte Mahle die Systemeffizienz und damit die Fahrzeugreichweite mit einer Batterieladung durch ein neuentwickeltes Thermomanagementmodul erhöhen. Als zentrale Schnittstelle für den gesamten Kühl- und Kältemittelkreislauf des Fahrzeugs sorgt es dafür, dass jede Komponente des Antriebs- und Speichersystems zu jedem Zeitpunkt und unter allen klimatischen Bedingungen richtig temperiert wird und gleichzeitig Wohlfühlklima im Fahrzeuginnenraum herrscht. Für maximale Aktionsradien pro Batterieladung auch beim Heizen im Winter hat Mahle eine Wärmepumpe in das Thermomanagementmodul integriert. Es umfasst Klimakompressor, Wärmetauscher, Kühlmittelpumpen, Sensorik und Ventile in einer Einheit. Dies reduziert Bauraum, Entwicklungsaufwand und Kosten. Das Thermomanagementmodul ist auf das aktuelle Kältemittel R1234yf ausgelegt, kann mit geringen Anpassungen aber auch mit dem alternativen zukünftigen Kältemittel R290 (Propan) betrieben werden. Das System befindet sich derzeit in Entwicklung und wird innerhalb der kommenden zwei Jahre in Serie gehen.
Form follows Nature
Als Europapremiere präsentiert Mahle auf der IAA ein bionisches Radialgebläse für Fahrzeugklimaanlagen, das die Effizienz steigern und gleichzeitig die Geräuschentwicklung deutlich reduzieren soll. Die aerodynamische Form der Lüfterblätter wurde den Flossen des Pinguins nachempfunden. Damit soll das bionische Gebläse gegenüber gleichartigen Komponenten um 60 Prozent leiser sein. Gleichzeitig wurde die Effizienz um rund 15 Prozent gesteigert, da der Motor durch die optimierte Bauweise weniger Energie benötigt. Das bionische Radialgebläse kann in allen Pkw-Fahrzeugklassen sowie in leichten und schweren Nutzfahrzeugen eingesetzt werden. Durch den Einsatz eines unternehmenseigenen KI-Tools konnten der Entwicklungsprozess beschleunigt und zeitnah erste Prototypen gefertigt werden. „Superhuman Engineering“ nennen die Mahle-Ingenieure dieses Vorgehen, bei dem sie die KI anleiten und mit Daten und Informationen füttern. Das Ergebnis: mehr als 30 Millionen virtuelle Designs in sehr kurzer Zeit.
Bereit für nachhaltige Kraftstoffe
Mit Komponenten für Verbrennungsmotoren, die mit erneuerbaren Kraftstoffen betrieben werden können, zeigte Mahle seine Technologievielfalt im Antriebssektor. Mit einem neuen System aus Kolben, Bolzen, Kolbenringen – Powercell-Unit genannt – sowie Ventil-Sets hat der Zulieferer die Anforderungen des Betriebs mit Ethanol berücksichtigt. Die Optimierung der Komponenten im Gesamtsystem sorgt für minimierten Schmierölverbrauch bei hoher Verschleiß-, Korrosions- sowie Wärmebeständigkeit. Vorteile sind niedrigere Treibhausgasemissionen und die Schonung wertvoller Ressourcen. Darüber hinaus verspricht Mahle mit der Powercell-Unit Kraftstoffeinsparungen von bis zu 1,5 Prozent.