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Interview: Schritt halten mit der Technik

23.04.2021 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Jürgen Wolz TÜV SÜD
Jürgen Wolz, Mitglied der Geschäftsleitung der TÜV SÜD Auto Service GmbH.
© Foto: TÜV SÜD

Die HU wird noch lange nicht überflüssig sein. Aber sie wird sich weiter verändern, glaubt Jürgen Wolz, Mitglied der Geschäftsleitung der TÜV SÜD Auto Service GmbH. Eine entscheidende Rolle spielt künftig der diskriminierungsfreie Zugang zu Fahrzeugdaten.

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Kurzfassung

TÜV SÜD ist ein verlässlicher Partner bei der Gewährleistung der Fahrzeugsicherheit im Rahmen der HU. Im Interview erklärt Jürgen Wolz von TÜV SÜD, wie sich die HU parallel zur Fahrzeugtechnik weiterentwickeln muss.

asp: Was ist aus Ihrer Sicht der größte Erfolg der HU?

Jürgen Wolz: Der Blick auf die Entwicklung der Unfallzahlen zeigt, dass wir in Deutschland ein hohes Niveau an Verkehrssicherheit erreicht haben. Moderne Fahrzeuge weisen im Sinne des Umweltschutzes heute zudem sehr geringe Abgasemissionen auf. Hierzu hat das System der regelmäßigen Fahrzeuguntersuchung zusammen mit der Abgasuntersuchung einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Einführung der Hauptuntersuchung in der Türkei im Jahre 2008 hat den positiven Effekt auf die Verkehrssicherheit anschaulich gezeigt: Die periodische Überwachung hat in der Folge zu einem massiven Rückgang der Unfallzahlen und der Verkehrstoten geführt.

asp: Wird uns die Plakette noch bleiben oder wird auch sie irgendwann digitalisiert?

J. Wolz: Zunächst wird uns die Plakette noch erhalten bleiben, aber ich gehe davon aus, dass in naher Zukunft der Papierprüfbericht und auch die HU-Plakette wegfallen werden. Die HU-Daten werden ja heute bereits digital an das zentrale Register beim KBA gemeldet. Langfristig gibt es keinen Grund mehr für eine Plakette, weil alle Daten digital vorliegen und jederzeit überprüft werden können.

asp: Wie weit ist die Harmonisierung der HU-Prüfvorschriften innerhalb der EU?

J. Wolz: Die Harmonisierung auf Basis der aktuellen EU-PTI-Richtlinie 2014/45/EU, die europaweit Mindestanforderungen vorschreibt, ist bereits weit vorangeschritten. Die letzten Übergangsfristen laufen 2023 aus. Die EU hat bereits die Arbeit für das Nachfolgewerk aufgenommen.

asp: Ist die Standardisierung der Prüfvorschriften immer im Sinne der Kunden?

J. Wolz: Ich halte Standards für wichtig, denn nur so kann das Mindestniveau der HU weiter angehoben und an die technische Entwicklung der Fahrzeuge angepasst werden, beispielsweise zur Überprüfung von Fahrerassistenzsystemen. Wichtig hierbei ist es, den insbesondere in Deutschland erreichten hohen Standard zu erhalten. Als Beispiel sind die in Deutschland etablierten Prüfmethoden bei der Prüfung von elektronischen Systemen zu nennen.

asp: Muss die HU weiterentwickelt werden?

J. Wolz: Technologische Fortschritte, die Einfluss auf die Verkehrssicherheit haben, müssen auch im Rahmen der HU prüfbar sein. Daher setzen wir uns für die Weiterentwicklung der HU ein. Nur so kann der Gesamtzustand eines Fahrzeuges beurteilt werden. Das gilt aktuell für die Elektromobilität, aber insbesondere auch für elektronische Fahrassistenzsysteme und damit für den Zugang zu Fahrzeugdaten. Dabei ist es aus unserer Sicht von großer Bedeutung, die Funktion von Assistenzsystemen und Systemen für automatisierte Fahrfunktionen praktikabel prüfen zu können und nicht nur auf die Bewertung der Datenbasis im Fahrzeug zu vertrauen. Entsprechende Prüfvorgaben und Prüfmethoden müssen daher entwickelt werden. Die Prüforganisationen arbeiten hier sehr eng mit der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH in Dresden zusammen. Außerdem muss die Abgasuntersuchung an das Emissionsverhalten moderner Fahrzeuge angepasst und relevante Schadstoffe wie die Anzahl von Rußpartikeln sowie Stickoxide anhand sinnvoller Grenzwerte überprüft werden.

asp: Was sind dabei die nächsten Schritte?

J. Wolz: In der EU-PTI-Richtlinie müssen die Prüfinhalte der HU entsprechend erweitert werden, vor allem in Hinblick auf elektronische Komponenten und IT-Sicherheit. Das sollte auf Basis der jetzt schon entwickelten Vorgaben geschehen. Wichtig ist aus Sicht der Prüforganisationen der diskriminierungsfreie Zugriff auf für die HU relevante Fahrzeugdaten.

asp: Wie sieht die HU in fünf Jahren aus?

J. Wolz: Zunächst müssen die erforderlichen regulatorischen Grundlagen geschaffen werden. Das benötigt einen gewissen zeitlichen Vorlauf. Daher wird sich die HU in den kommenden fünf Jahren nicht wesentlich verändern. Als nächster Schritt kommt bis 2023 die Partikelanzahlmessung für Dieselfahrzeuge bei der Abgasuntersuchung.

asp: Stichwort Abgasuntersuchung: Hat sich das System der AU als beigestellte Prüfung bewährt?

J. Wolz: Ja. Die Werkstätten leisten an dieser Stelle einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung des Umweltverhaltens der Fahrzeuge. Mit der beigestellten AU durch die hierfür anerkannte Kfz-Werkstatt läuft der HU-Termin auch schneller ab.

asp: Wie weit ist die Akkreditierung der Werkstätten via AÜK?

J. Wolz: Alle Kfz-Werkstätten, die die AU künftig als beigestellte Prüfung selbst durchführen wollen, müssen entweder selbst nach ISO 17020 akkreditiert sein oder sich dem nach ISO 17020 akkreditierten System des Bundesinnungsverbandes des Kraftfahrzeughandwerks anschließen. Federführend läuft dies über den ZDK. Wichtig für uns als Überwachungsorganisationen ist der Stichtag 1. Juli 2022. Bis dahin muss das Akkreditiv stehen, da spätestens ab diesem Stichtag die Vollakkreditierung der Überwachungsorganisationen sichergestellt sein muss. Das geht nur, wenn beigestellte Leistungen wie die AU ebenfalls akkreditiert sind. Da der Akkreditierung Audits zugrunde liegen, die vorher durchgeführt sein müssen, muss die Akkreditierung der AÜK auch vorzeitig erfolgt sein.

asp: Wie sollte der Zugang zu Fahrzeugdaten für den IAM und für Prüforganisationen geregelt werden?

J. Wolz: Für die Genehmigung und regelmäßige Überwachung der Fahrzeuge nach dem Third-Party-Prinzip ist der faire und diskriminierungsfreie Zugriff auf die im Kraftfahrzeug generierten umwelt- und sicherheitsrelevanten Daten substanziell. Ein möglicher und aus unserer Sicht sinnvoller Weg wäre die Schaffung eines Trust Center. Mit einem unabhängigen Trust Center würde eine neutrale Instanz geschaffen, die den sicheren, gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Datenzugriff für Behörden, Prüfinstitutionen und weitere berechtigte Stellen gewährleistet.

asp: Wie könnte das konkret aussehen?

J. Wolz: Die im Fahrzeug generierten Daten landen diskriminierungsfrei im Trust Center, wo sie vor unberechtigten Zugriffen geschützt sind. Der Fahrzeughalter legt über ein Zugriffsberechtigungskonzept fest, wer welche Daten erhalten darf.

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