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Serie HU-Prüfmittel: Der Gelenkspieltester erhöht die Sicherheit

28.06.2023 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Gelenkspieltester
Wer jetzt seine Werkstatt sanieren muss, sollte gleich die Fundamentierung für den Gelenkspieltester einbauen lassen.
© Foto: Autopstenhoj

Bei einer HU muss der Prüfer sich auch vom spielfreien Zustand des Fahrwerks und der Lenkung überzeugen. Aufgrund hoher Fahrzeuggewichte keine leichte Aufgabe. Gelenkspieltester helfen hier zuverlässig, Schäden aufzudecken.

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Kurzfassung

In der Serie Prüfmittel für die HU beleuchten wir den aktuellen Stand der Technik und zu erwartende künftige Anforderungen. Im vorliegenden Teil geht es um das Für und Wider eines Gelenkspieltesters.

Dass ein Gelenkspieltester (auch Radspieldetektor genannt) bei der Hauptuntersuchung (HU) ein nützliches Werkzeug ist, wissen heute alle Prüfingenieure. Für den Einsatz bei der HU müssen die Geräte gewisse Mindestanforderungen erfüllen. Die Richtlinie EU 2014/45 spezifiziert zwar den Einsatz für die Prüfung von Kfz > 3,5 t GG, jedoch sind die Anforderungen nicht konsequent formuliert und deshalb bis heute nicht verbindlich.

Was war passiert? Bis zum 20. Mai 2023 hätten die EU-Mitgliedstaaten die Mindestanforderungen an Gelenkspieltester für Fahrzeuge > 3,5 t gemäß der Richtlinie 2014/45 festlegen müssen. Vor allem der Verfahrweg und die Verfahrgeschwindigkeit sollten definiert werden, um bei der HU Anwendung finden zu können. Deutschland hat in einem ersten Schritt mit der 55. Änderungsverordnung die Anforderungen zwar eingeführt, die notwendigen Anpassungen der in der StVZO dafür vorgesehenen Anlage VIIId jedoch nicht vollständig vorgenommen. Das sorgte vor allem bei den Überwachungsorganisationen, bei den Werkstätten und beim ZDK für Unmut.

Taskforce soll es richten

Seit gut zwei Jahren wird daher versucht, eine verbindliche Aussage des Verordnungsgebers herbeizuführen. Dies führte bisher dazu, dass das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) den ASA-Verband gebeten hat, mittels einer Taskforce technische Mindeststandards zu definieren. Bisher gilt aber immer noch, dass die Ausstattung mit Achsspieltestern zur Prüfung von Kfz mit einer zulässigen Gesamtmasse > 3,5 t "optional" ist. So wird es zumindest im Protokoll des "Committee on Roadworthiness" vom 20. September 2018 kommuniziert. Um Fehlinformationen vorzugreifen, hat das BMDV daraufhin die optionale Ausstattung der Prüfstützpunkte bestätigt. Dies bedeutet, dass es zum Mai 2023 keine Einführungspflicht für Gelenkspieltester geben konnte, auch wenn dies immer kommuniziert wurde.


Anforderungen laut EU 2014/45, Anhang III 8 a bis c

Ein Gerät zur Prüfung der Rad-Achs-Aufhängung (Radspieldetektor) ohne Anheben der Achsen muss folgende Anforderungen erfüllen:
a) Das Gerät muss mit mindestens zwei kraftbetriebenen Platten ausgestattet sein, die sowohl in Längs- als auch in Querrichtung entgegengesetzt voneinander bewegt werden können;
b) die Bewegung der Platten muss durch den Bediener von der Prüfposition aus gesteuert werden können;
c) bei Fahrzeugen mit einer Höchstmasse von mehr als 3,5 Tonnen müssen die Platten folgenden technischen Anforderungen entsprechen:
• Verfahrweg in Längs- und Querrichtung mindestens 95 mm,
• Verfahrgeschwindigkeit in Längs- und Querrichtung von 5 cm/s bis 15 cm/s


Der aktuelle Stand lautet daher: Für Fahrzeuge > 3,5 t GG müssen Gelenkspieltester nicht verpflichtend bei der HU verwendet werden. Auch besteht keine Pflicht, Prüfstandorte mit diesen Geräten auszurüsten. Der ASA-Verband hat eine Taskforce gegründet, die die Spezifikationen der EU 2014/45, Anhang III 8 a bis c von Gelenkspieltestern konkretisieren soll. Bisher waren jedoch die beiden abgehaltenen Sitzungen ohne abschließendes Ergebnis.

Beim Umbau gleich vorbereiten

"Ich bin davon überzeugt, dass durch die ASA-Taskforce die Grundlagen sehr bald für Fahrzeuge > 3,5 t GG erarbeitet sein werden, sodass die Prüfpflicht mit Gelenkspieltestern bald kommen wird", sagt Thomas Sieber, Technischer Leiter der Überwachungsorganisation bei TÜV SÜD Auto Service GmbH in München. "Ich möchte daher Werkstätten jetzt schon empfehlen, vor allem wenn bauliche Änderungen anstehen, die Fundamente für einen Gelenkspieltester in relevanten Werkstattbereichen (Fahrzeuge >3,5 t) anlegen zu lassen." Sieber hat hier vor allem die Kosten im Blick, da die Fundamentlegung im Rahmen einer Werkstattsanierung unter Umständen nahezu kostenneutral erfolgen kann. Eine Anpassung im Nachhinein wird sehr viel teurer. "Gelenkspieltester sind heute im Pkw-Bereich meist Standard und werden auch regelmäßig zur HU eingesetzt", weiß Sieber. "Pflicht sind sie nicht, aber ein willkommenes Prüfmittel, damit der Sachverständige zu einem eindeutigen Urteil kommen kann. Demnach ist der Einsatz von Gelenkspieltestern vor allem auch bei schweren Fahrzeugen sinnvoll. Damit können die heutigen Prüfmethoden, die im Nutzfahrzeugbereich häufig auf den Einsatz von Muskelkraft angewiesen sind, sinnvoll ergänzt werden.

Thomas Sieber TÜV SÜD
Thomas Sieber, Technischer Leiter der Überwachungs-Organisation bei TÜV SÜD Auto Service
© Foto: TÜV SÜD

Tatsächlich reagieren Rad-/Achsaufhängungen aufgrund ihrer Achsgeometrien konstruktionsbedingt sehr unterschiedlich, wenn ihr Spiel geprüft wird. Je nachdem, in welchem Zustand (eingefedert/ausgefedert) sich ein Fahrzeug befindet, kann sich ein vorhandenes Spiel in Lagern und Übertragungseinrichtungen ganz unterschiedlich auswirken. Konstruktionsbedingte Zusammenhänge erschweren die Beurteilung von konstruktiv gewollter Bewegungsfreiheit und unzulässigem Spiel. "Gerade solche Besonderheiten können mit dem Gelenkspieltester besser geprüft und beurteilt werden", weiß Sieber. "Der Sachverständige entscheidet bei der HU über die jeweilige Prüfmethode. Obwohl der Gelenkspieltester bei Pkw bis 3,5 t noch heute nicht zwingend vorgeschrieben ist, ist der Einsatz aber trotzdem zur Regel geworden. Dies unterstreicht den sinnvollen Einsatz auch bei Fahrzeugen > 3,5 t GG." Wer sich einen Gelenkspieltester für seine Prüfstraße anschaffen möchte, dem empfiehlt Thomas Sieber darauf zu achten, dass der Gelenkspieltester mindestens die Anforderungen der 2014/45 erfüllt. Sein Tipp: "Die Werkstatt sollte im Kaufvertrag den Anbieter verpflichten, dass auch die zukünftigen Anforderungen der ASA-Taskforce mit dem Gerät umgesetzt werden können." Die Regelung könnte eine Nachrüstung oder den kostengünstigen Austausch des Geräts vorsehen.

Eckpunkte des Anforderungskatalogs:
  • Die Richtlinie EU 2014/45 spezifiziert nur den Einsatz für die Prüfung von Kfz > 3,5 t GG.
  • Aus Sicht der Hersteller nicht passend für Kfz bis zu 7,5 t GG (zu großer ­Verfahrweg und Schubkraft). Vorschlag: Unterscheidung nach Fahrzeug­gewichtsklassen
  • Anforderungspapier spezifizierter Anforderungen, wie:
    - Bedienung (Handlampe mit Totmannschaltung)
    - Bewegungsrichtungen (gleich-/gegenläufig)
    - Größe und Beschaffenheit der Prüfplatten
    - Verfahrweg und -geschwindigkeit

Serie Prüfmittel HU

Teil 1: asp 12/2022
Anerkennung Prüfstützpunkt
Teil 2: asp 2/2023
Der Bremsprüfstand
Teil 3: asp 4/2023
Der HU-Adapter
Teil 4: asp 6/2023
Der Gelenkspieltester
Teil 5: asp 7/8/2023
Die Abgasuntersuchung
Teil 6: asp 10/2023
Scheinwerfer-Einstell-Prüfgerät
Teil 7: asp 12/2023
Prüfmittelüberwachung


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