Klappen und Steller
Neben der Drossel- oder Regelklappe gibt es inzwischen eine ganze Reihe weiterer Steller, die, elektrisch betätigt, Einfluss auf die Strömungsgeometrie des Saugrohrs nehmen. Ein Überblick.
Über Jahrzehnte gab es in der Luftversorgung von Ottomotoren nur einen Steller: die Drosselklappe. Sie reguliert den angesaugten Luftstrom und beeinflusst so die Leistungsabgabe. Dieselmotoren benötigen, bedingt durch ihr Arbeitsprinzip, zwar keine Drosselklappe, besitzen aber dennoch eine, und zwar für die Abgasrückführung (AGR). Denn die Druckdifferenz zwischen Abgas- und Saugseite reicht nicht aus, um hohe AGR-Raten zu realisieren. Das gilt auch für Ottomotoren mit Direkteinspritzung, bei denen noch Diagnosezwecke für das Vorhandensein einer solche Klappe hinzukommen. In beiden Fällen heißt diese Klappe nicht Drossel-, sondern Regelklappe. Nach Erkenntnissen von MS Motor Service, der Ersatzteilmarkt-Sparte von KSPG (vormals Kol-benschmidt Pierburg), können Drossel- oder Regelklappen durch ölhaltige An- saugluft verkleben oder verkoken und hierdurch schwergängig werden, was sich unter anderem in Form von Leistungsmangel oder Rückeln bemerkbar macht.
Inzwischen existieren neben der Drossel-/Regelklappe eine ganze Reihe weiterer Steller, die, elektrisch betätigt, Einfluss auf die Saugrohrströmungsgeometrie nehmen.
Einer dieser Steller ist der Leerlaufsteller, der auch als Leerlaufregler, Leerlauffüllungsregler, Leerlaufregelventil, Ventil für Leerlaufstabilisierung, Schritt- oder Stepp-Motor bekannt ist. Er sitzt am oder im Drosselklappenstutzen und dosiert über einen Bypass-Kanal die für den Leerlauf eines Ottomotors benötigte Luft, so dass die Leerlaufdrehzahl stets konstant bleibt. Hinweis von MS Motor Service: Verschmutzung des Bypass-Kanals führt zu schlechtem, unrundem Leerlauf.
Knackpunkt Verwirbelungsachse
Weitere Steller, die Drall- und Tumble-Klappen, werden gelegentlich verwechselt. Unterscheidungskriterium ist die Verwirbelungsachse: Drallklappen erzeugen den Wirbel entlang der Zylinderachse. Meist bei Dieselmotoren eingesetzt, verbessern sie die Durchmischung von Kraftstoff und Luft bei niedrigen Drehzahlen, wozu die Luft für jeden Zy- linder durch zwei getrennte Kanäle geführt wird. Je ein Kanal kann durch eine Drallklappe geschlossen werden, was die Luft verwirbelt. Um einen höheren Grad der Füllung zu erreichen, stehen die Drallklappen bei höheren Drehzahlen und Drehmomenten offen, ebenso bei Motorstart und Schubbetrieb. Eine Ottomotor-Anwendung ist Opels Twinport-Motor, wo Drallklappen im Teillastbereich Drosselverluste reduzieren sollen. Die Alternativbezeichnungen der Drallklappe lauten Swirl-Klappe und Einlasskanalabschaltung. Im Gegensatz zu den Drallklappen erzeugen Tumble-Klappen Wirbel senkrecht zur Zylinderachse. Sie heißen auch Ladungsbewegungsklappen und realisieren bei Ottomotoren mit direkter Einspritzung den Schichtladebetrieb. Zwei mögliche Umsetzungen: Trennung des Lufteinlasskanals in zwei Kanäle und Verschluss eines Kanals per Tumble-Klappe oder seitliches Einschwenken der Klappe in den Luftstrom. Auch Tumble-Klappen werden zur Erreichung eines höheren Füllungsgrads bei höheren Drehzahlen und Drehmomenten geschlossen (Homogenbetrieb wie beim konventionel-len Saugrohreinspritzer). Ablagerungen an den Klappen, Drall- wie Tumble-, schränken deren Bewegung ein. Die Rußemission steigt, bei ständig offenen Klappen bei niedrigen und bei ständig geschlossenen Klappen bei hohen Drehzahlen. Diesen Fehler schreibt die Eigendiagnose meist zu Unrecht dem Klappenantrieb zu.
Hohe Schule: schaltbare Saugrohre
Die hohe Schule der Steller in der Luftversorgung von Verbrennungsmotoren sind schaltbare Saugrohre. Weil das als Liefergrad bezeichnete Verhältnis von prakti-scher und theoretischer Zylinderfüllung bei nicht aufgeladenen Viertakt-Ottomotoren bestenfalls 0,9 beträgt, greifen Mo- torenbauer und deren Zulieferer gern auf Saugrohrsysteme mit dynamischem Aufladeeffekt zurück. Bei der Nutzung der ki- netischen Energie der Ansaugluft werden Schwing- und Resonanzsaugrohrsysteme sowie deren Kombination unterschieden. Schwingsaugrohre nutzen den Aufladeeffekt unterschiedlicher Saugrohrlängen und -breiten, indem zu geeigneten Zeitpunkten zwischen zwei oder drei Stufen umgeschaltet wird. Bei niedrigen Drehzahlen sind lange und schlanke Saugrohre vorteilhaft, kurze Saugrohre mit vergleichsweise gro-ßem Durchmesser begünstigen den Liefergrad bei hohen Drehzahlen.
Zur Liefergradsteigerung im mittleren Drehzahlbereich werden Reihensechszylinder mit Resonanzsaugrohrsystemen kombiniert. In diesem Fall bedeutet Re- sonanz Übereinstimmung von Ventilöffnungs- und Gasschwingfrequenz. Ein Resonanzsaugrohrsystem besitzt lange Saugrohre, einen oder mehrere Resonanzbehälter und meist eine Resonanzklappe, die ein zweites Verbindungsrohr zwischen den Resonanzbehältern öffnet. Letzteres verschiebt die Eigenfrequenz des Saugrohrsystems und vergößert den wirksamen Drehzahlbereich.
Den Idealfall eines schaltbaren Saugrohrs stellt das stufenlos variable System dar. Dabei synchronisiert die Motorsteuerung Motordrehzahl und Saugrohrlänge, woraus sich ein optimaler Drehmomentverlauf ergibt. Beispiel: Bis in den mittleren Drehzahlbereich wird die größte Saugrohrlänge beibehalten, darüber erfolgt die kontinuierliche Reduzierung. Peter Diehl
▶ Regelklappe: Druckdifferenz zwi-schen Abgas- und Saugseite reicht für hohe AGR-Raten nicht aus
▶ Unterschieden werden Schwing- und Resonanzansaugrohrsysteme so- wie deren Kombination
Definitionen
PWM und PFM
Im Zusammenhang mit der Ansteuerung von Klappen und Stellern der Luftversorgung von Verbrennungsmotoren ist oft von Pulsweiten- (PWM) und Pulsfrequenz-Modulation (PFM) zu lesen. Was versteht man darunter?
in beiden Fällen wird die Spannung periodisch getaktet
im Automobilbereich sind Frequenzen von 100 Hz üblich
bei PWM ändert sich das Tastverhältnis (Impulsbreite), während die Frequenz konstant bleibt
bei PFM ändert sich die Frequenz (die Signalkurve wird gestreckt oder gestaucht), während das Tastverhältnis konstant bleibt
darstellbar sind getaktete Signale nur mittels Oszilloskop oder Motortester
Leserservice
Kontakt zu MS
Sie haben Fragen zur oder ein Problem mit der Luftversorgung von Verbrennungsmotoren? Die Spezialisten von MS Motor Service, der Ersatzteilmarkt-Sparte von KSPG (vormals Kolbenschmidt Pierburg) helfen gern weiter. Kontakt per E-Mail:
technical.servicePG@
ms-motor-service.com
- Ausgabe 1/2012 Seite 14 (291.0 KB, PDF)