GW-Garantie
Laut Bundesgerichtshof ist eine Bindung von Inspektionsleistungen an die Werkstatt des Garantiegebers unwirksam. Wie reagieren die Garantieanbieter auf diese Entscheidung? Hat die GW-Garantie als Marketinginstrument ausgedient? Wir haben nachgefragt.
Eine Entscheidung mit Folgen: Weil einem Mercedes-Fahrer der in seinem GW-Versicherungsvertrag garantierte Höchstbetrag von 1.000 Euro für einen Motorschaden mit der Begründung verweigert wurde, er habe die beim Verkäufer/Garantiegeber durchzuführende 90.000-Kilometer-Inspektion versäumt, sprach der Bundesgerichtshof am 14. Oktober ein folgenschweres Urteil. Die Karlsruher Richter sahen den Kunden durch die Garantiebedingungen unangemessen benachteiligt (Az: VIII ZR 354/08). Dies gelte jedenfalls dann, wenn Vertragsklauseln eine Inspektion in einer anderen Werkstatt von einer ausdrücklichen „Freigabe“ durch den Händler oder die Versicherung abhängig machen.
Unterschiedliche Reaktionen
Die Reaktionen auf das Urteil fallen unterschiedlich aus: „Nach dem Urteil müssen sich nun wohl alle Versicherer mit ihren Bedingungen darauf einstellen, dass die Garantieversicherung letztlich wie eine Versicherung und nicht wie eine Garantie zu behandeln ist. Also: Kundenbindung mit einer Garantieversicherung ade“, glaubt Waldemar Dixa von der Multipart Garantie AG. Anders beurteilt Thomas Terwelp von der Real Garant Versicherungs AG die Lage: „Die Gebrauchtwagengarantie ist weiterhin ein hocheffizientes Kundenbindungsmittel, zumal sie umfangreichere Leistungen bietet als die Sachmängelhaftung vorsieht.“ Die Statistik zeige, dass über 80 % der Fahrzeugbesitzer die fälligen Wartungs- und Pflegedienste sowie auch erforderlichen Reparaturen beim verkaufenden Händler durchführen.Aus selbigem Grund sieht auch Klaus Herzog von der CG Car-Garantie Versicherungs AG das Urteil unkritisch in Bezug auf die Kundenbindung. Ohnehin habe die Car-Garantie derartige Bindungsklauseln nicht in ihren Verträgen. Denn, so Herzog weiter: „Eine Klausel wie im betreffenden Urteil ist angesichts des Internethandels nicht mehr zeitgerecht. Es macht keinen Sinn, die Garantieleistung an den Autohändler vor Ort zu binden, wenn etwa ein Kunde aus München ein Auto in Hamburg kauft. Bei einer solchen Ausschlussklausel handelt es sich um Kundenknebelung, die der BGH nicht zu Unrecht in Frage gestellt hat.“
Ausschließlich bindende Inspektionsvorschriften sind nach Auskunft der von uns befragten Garantieanbieter in der Regel nicht Bestandteil der Vertragsbedingungen. Die Intec AG legt laut Vorstandsvorsitzenden Markus Müller z. B. lediglich fest, dass sie als Garantiegeber weisungsbefugt ist. Das heiße jedoch nicht, dass eine Inspektion oder Reparatur ausschließlich bei der von ihr vorgeschriebenen Werkstatt durchzuführen sei. Sollten jedoch durch die Werkstattwahl des Halters erhöhte Kosten entstehen, so werde lediglich auf Grundlage der von ihr vorgeschlagenen Kostenvoranschläge erstattet, soweit die empfohlene Werkstatt in zumutbarer Nähe des Halters liege. Sollten bindende Inspektionsvorschriften in den Garantiebedingungen doch noch vorliegen, werde eine Anpassung der Verträge erfolgen, soweit noch nicht geschehen. So verwies Andrew Eckstein von der Meneks AG auf die bereits geänderten, seit Anfang des Jahres verwendeten Garantiebedingungen, auch bei Garantiesystemen, die den Kunden als Eigen- oder Händlergarantiesysteme empfohlen werden. Die Real Garant Versicherung AG stellte überdies klar, dass auch in den Fällen der Vergangenheit, in denen die Wartung beim garantiegebenden Händler bzw. mit dessen Zustimmung in einer Fremdwerkstatt vorgeschrieben war, eine Regulierung auch dann vorgenommen worden sei, wenn der Kunde die Wartung ohne Einverständnis in einer Fremdwerkstatt hat durchführen lassen.
Weitere Garantieanbieter agieren nicht mit einheitlichen Garantiebedingungen, sondern gestalten diese individuell mit dem jeweiligen Vertragspartner, sprich dem Händler oder der Vertragswerkstatt. So finden sich bei der Givit AG laut Vorstand Peter Patzek, der sich eine abschließende Stellungnahme bis zur endgültigen Analyse der Urteildetails noch vorbehält, bindende Inspektionsvorschriften allenfalls unter mit dem verkaufenden Händler im Einzelnen abgestimmten „sonstigen Bedingungen“, wie auch bei der Tissen Kruck GmbH unterschiedliche fall- und fabrikatsabhängige Formulierungen existieren, so Geschäftsführer Jörn Kruck. Sollte der Vertragspartner hierbei eine Bindung der Garantie an das jeweilige Haus wünschen, rate Tissen Kruck GmbH dem Vertragspartner stets zu dem Zusatz, dass die Wartung auch in einer anderen Vertragswerkstatt erfolgen könne und die Pflichtverletzung seitens des Kunden nicht zum Erlöschen des Garantiefalles führe. Ob und wie oft jedoch diesem Rat gefolgt werde, bleibt offen.
Um die Kundenbindung und eine verbesserte Werkstattauslastung aufrecht- zuerhalten, werden auch in Zukunft spezielle Versicherungsmodelle angeboten: Die Intec AG bietet etwa eine spezielle Service-Garantie an, die ausschließlich in Verbindung mit einer durchgeführten Inspektion abgeschlossen werden kann und bis zum nächsten Inspektionstermin gültig ist. Dies begründe jedoch keine Pflicht, etwaige Schäden in der Ursprungswerkstatt reparieren zu lassen, sei aber die Empfehlung, so Müller. Auch Kundenbindungskonzepte der Multipart Garantie AG sehen die Durchführung der Wartung beim Garantiegeber vor. Denn, so Dixa: „Bei echten Händlergarantien hat der Händler, auch weil er das finanzielle Risiko aus der von ihm selbst gewährten Garantie trägt, sehr wohl ein großes Interesse daran, dass das Fahrzeug bei ihm gewartet und repariert wird. Kundenbindungskonzepte, die ganz auf den Händler zugeschnitten sind, werden noch mehr Bedeutung erlangen, weil nur sie eine echte Kundenbindung gewährleisten können.“
Tür ist nicht zu
Aber lässt das Urteil des BGH auch in Zukunft Raum für Kundenbindungskonzepte? Die Tür für eine Werkstattbindung scheint nicht vollends geschlossen zu sein. Unternehmern könne ein Interesse daran, Kunden an die eigene Werkstatt zu binden, um auf diese Weise die Auslastung zu fördern, nicht abgesprochen werden, räumt selbst das BGH ein. Ein Bedürfnis, eine Fremdwartung an eine vorherige Genehmigung zu binden oder gar ganz zu verbieten sei aber nicht ersichtlich. Auf solche Klauseln sollte also in Zukunft auf jeden Fall verzichtet werden. Im Umkehrschluss lässt sich aus dem Urteil aber ableiten, dass eine Bindungsklausel bei einer neuerlichen rechtlichen Prüfung dann Bestand haben kann, wenn sie Ausnahmen für die Fälle zulässt, in denen eine Beauftragung des Garantiegebers/Verkäufers dem Kunden unzumutbar ist. Dies wäre dann auch im Sinne der europäischen Wettbewerbshüter, denen die Freiheit des Verbrauchers bei der Werkstattwahl bekanntlich sehr am Herzen liegt. Monika Burkhardt