So viel Vernunft, so viel Wahnsinn: Mit dem EX30 CC hat Volvo ein erfreulich kompaktes und rundum alltagstaugliches E-SUV aufgelegt, das in nahezu jede Parklücke passt, emissionsfrei fährt und zudem viele Volvo-typische Tugenden bietet. Zugleich steckt unter der robust inszenierten Hülle ein PS-Protz, der beim Ampelsprint fast jeden Sportwagen alt aussehen lässt. Ein auf beide Achsen verteiltes Motorenduo mit zusammen 315 kW/428 PS macht aus dem rund zwei Tonnen schweren Fünftürer eine leise wie sprintstarke Pocket-Rocket, die vermutlich jedem PS-Fan ein Grinsen ins Gesicht zaubern wird.
Dabei stellt der China-Schwede seine wilde Seite optisch keineswegs in den Vordergrund. Der 4,23 Meter kurze Kompakte fällt etwas kleiner aus, als es in seinem Segment inzwischen üblich ist, gibt sich aber mit robust wirkendem Zierrat und markanten LED-Signaturen als selbstbewusster Volvo fürs Grobe. Lediglich die großformatigen Leichtmetallräder lassen erahnen, was leistungstechnisch in ihm steckt.
Im Innenraum herrscht die für Volvo typische Mischung aus Reduktion und Raffinesse. Das klar gezeichnete Cockpit vermittelt nordische Ruhe, Materialien und Details wirken sorgfältig gewählt. Blickfang sind unter anderem die vertikal angeordneten Lüftungsdüsen und die filigranen Türgriffe aus massivem Metall, von denen auch dank einer Fortsetzung als Zierleiste schmückender Charakter ausgeht. Die filigranen Türöffner schmeicheln wie einige andere Detail Augen und Hand gleichermaßen.
Ansonsten sind hier physische Bedienelemente Mangelware. Viele Funktionen wie etwa die Außenspiegeljustierung laufen über den zentralen XL-Touchscreen mit Google-basierter Software, was Android-Auto-Nutzern entgegenkommen wird. Nach kurzer Eingewöhnung überzeugt das System durch Übersichtlichkeit. Ebenso angenehm: die fein abgestimmten Assistenzsysteme, die spürbar unterstützen, ohne auf nervige Weise zu bevormunden.
Weniger tolerant gibt sich unser mit XXL-Glasdach ausgestatteter EX30 CC im Fond. Die Lehnen der Vordersitze rücken den Passagieren recht nah, und auch das Gepäckabteil fällt mit 318 bis 1.000 Litern eher bescheiden aus. Diese räumlichen Einschränkungen kann man auch als Zugeständnis an das vorteilhaft kompakte Format deuten.
Ohne Wenn und Aber stark ist der Volvo, sobald der beim Einstieg automatisch erwachende Antrieb per Lenkstockhebel auf "D" scharf gestellt wird. Die geballte Kraft verlangt keine lange Analyse: Wer gemächlich fahren will, kann das problemlos. Doch da schlummert diese verführerische Kraft mit brutalem Schub, die immer wieder zu beherzten Tritten aufs Gaspedal verleitet.
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Bereits bei 112 U/min liegen die maximal 543 Newtonmeter an. Entsprechend schnellt die digitale Tempoanzeige in nur 3,7 Sekunden in dreistellige Regionen. Danach geht es munter weiter, bis bei 180 km/h das bekannte Volvo-Limit greift. Akustisch bleibt der EX30 CC dabei wohltuend zurückhaltend. Für Umwelt und Komfort ist das jedenfalls eindeutig von Vorteil. Warum so mancher dennoch nach künstlichem Röhren verlangt, erschließt sich angesichts des enormen Fahrspaßes, den der EX30 CC trotz seiner "Gewichtsprobleme" auch auf kurvigen Strecken bietet, kaum.
In ökologischer Hinsicht sammelt der saubere Power-Schwede jedenfalls reichlich Pluspunkte: Direkte CO₂-Emissionen entstehen keine, höchstens indirekt, wenn der Strommix einmal nicht ganz grün ist. Der 64-kWh-Akku ist zwar ordentlich dimensioniert, die beiden Motoren lassen den Energiebedarf allerdings auf rund 20 kWh pro 100 Kilometer steigen. Auf mehreren 330 Kilometer langen Autobahntouren war selbst bei 120 km/h, abgeschalteter Klimaanlage und milden Temperaturen ein Zwischenstopp unvermeidlich. Schnellladen beherrscht der Volvo solide, aber nicht spektakulär: Von den nominellen 150 kW Ladeleistung werden real meist rund 100 kW umgesetzt. Im besten Fall konnten wir 20 kWh – also etwa 100 Kilometer Reichweite – in gut zwölf Minuten in die Akkus pumpen.
EX30: Passend für enge Parkplätze
Im Alltag spielt das für uns jedoch eine untergeordnete Rolle. Wir haben uns vielmehr darüber gefreut, dass der EX30 dank seiner kompakten Maße problemlos in unseren engen Tiefgaragenstellplatz mit Wallbox passt. Hier braucht der Akku am 11-kW-Kabel zwar einige Stunden, bis er voll ist. Doch dafür macht der Strompreis von rund 31 Cent pro kWh den 428-PS-Boliden im Alltag günstiger als jeden Benziner oder Diesel.
Dem Fahrspaß, der Alltagstauglichkeit und den niedrigen Energiekosten steht ein stolzer Einstiegspreis von 57.300 Euro gegenüber. Dieses Preisniveau ist bei der Cross-Country-Version unvermeidlich, da sie ausschließlich als allradgetriebene Topvariante angeboten wird. Zwar gilt der EX30 als elektrisches Einstiegsmodell von Volvo, doch die günstigere Basisversion mit Heckantrieb und kleiner Batterie ab 38.500 Euro ist nicht im rustikaleren CC-Trimm erhältlich.
Wer den markanten Offroad-Look möchte, muss also zur stärksten Motorisierung greifen, wird dafür aber mit reichlich Temperament belohnt. Und mit der beruhigenden Gewissheit, dass hohe Leistung bei Volvo heute ganz ohne Benzingeruch auskommt.