Tempora mutantur - die Zeiten ändern sich. Wer hätte etwa noch vor - sagen wir - 15 Jahren geglaubt, dass ein Porsche Macan nur noch rein elektrisch zu haben sein würde, dass Opel einem Konzern namens Stellantis angehört oder dass es mal eine Corvette mit elektrischer Unterstützung geben würde? Wir konnten letzteres selbst kaum glauben und haben diese Version mit Namen e-Ray daher gleich mal zum Kurztest eingeladen.
Der größte Unterschied zu den anderen Corvette-Versionen Stingray und Z06 ist also der Elektromotor, der immerhin 119 kW/161 PS zu den 354 kW/482 PS des 6,2-Liter-Achtzylinders hinzufügt. Was dann zusammen, ach addieren können Sie ja selbst. Da der Elektromotor die Vorderachse antreibt - der Smallblock reicht seine Kraft natürlich an die Hinterachse weiter – haben wir hier also einen Allradantrieb. Allerdings bauen die Amerikaner nur einen 1,9 kWh großen Lithium-Ionen-Akku ein, der sich zwar durch Bremsen und Segeln selbst auflädt, allerdings bei stärkerer Beanspruchung auch schnell leerläuft.
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Zwei Vorteile bringt diese Konfiguration mit sich: Zum fährt sich der e-Ray vor allem bei Nässe deutlich entspannter als die manchmal ein wenig tückischen Versionen mit reinem Hinterradantrieb, zum anderen kann man im sogenannten „Stealth Mode“ kurze Strecken rein elektrisch fahren, was vor allem noch oder schon schlafende Nachbarn zu goutieren wissen werden. Allerdings muss man diesen Modus schon vor der Fahrt aktivieren, was einigermaßen unverständlich ist. Ein Schalter auf der Mittelkonsole macht es übrigens möglich, den Akku auch aktiv nachzuladen, was mit dessen kleinen Inhalt ein wenig versöhnt.
Chevrolet Corvette E-Ray

Ist der Akku voll und wird der Gasfuß durchgedrückt, funktioniert der Allradantrieb reibungslos. Der E-Motor reagiert etwas früher als der Achtzylinder und überspielt damit die sehr kurze Schwäche des Verbrenners beim Drehmomentaufbau. Unter 3 Sekunden benötigt diese Corvette, um auf 100 km/h zu sprinten. Weder das noch die 291 km/h Spitze konnte wir ausprobieren. Dafür überzeugten wir uns von der Präzision der ein klein wenig zu leichtgängigen Lenkung und von den Vorzügen der Michelin „Pilot Sport 4S“-Reifen.
Optisch haut der e-Ray voll rein. Denn während die Ingenieure beim Motor auf den 6,2-Liter der Stingray zurückgriffen, stammt die breite Karosserie von der deutlich teureren Z06-Version. Preislich liegt der e-Ray mit knapp 170.000 Euro auch deutlich näher am Z06 (190.000 Euro) als an dem recht günstigen Stingray (110.000 Euro). Für 7.000 Euro Extra kann man den Teilelektriker auch als Cabriolet (Convertible) fahren. Zudem gibt es trotz guter Basisausstattung überraschend viele Möglichkeiten, zusätzliches Geld auszugeben, etwa für Farben, Sport- und Ledersitze oder Karbonteile.
Als e-Ray verändert die Corvette ihren Charakter teils deutlich, hin zu mehr Fahrkomfort und Fahrsicherheit. Und dies trotz teils brachialer Fahrleistungen. Trotzdem fragen wir uns, ob es einer solchen Variante unbedingt bedurft hätte. Wir halten die anderen Versionen, speziell die günstige Stingray, eigentlich für ausreichend. Aber die E-Ray verkauft sich angeblich prima. Tempora mutantur.