Das war zu erwarten: Die Kfz-Versicherungen haben offenbar seit Anfang des Jahres zahlreiche Regressforderungen an die Werkstätten verschickt. Versicherer haben diese Möglichkeit, wenn sie der Meinung sind, dass die Reparaturkosten zu hoch ausgefallen sind, beispielsweise durch überhöhte Ansätze von Material und Arbeitszeit oder durch unwirtschaftliche Arbeitsweise der Werkstatt. Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) zum Werkstattrisiko haben sich die Kräfteverhältnisse verändert. Die Hintergründe erklärte der auf Verkehrsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Marcus Kaiser. "Mit den Entscheidungen zum Werkstatt- und Sachverständigen-Risiko wollte der Bundesgerichtshof (BGH) im vergangenen Jahr vor allem Unfallgeschädigte stärken", erklärte Kaiser.
Der Grundsatz, dass der Geschädigte darauf vertrauen darf, dass seine Werkstattrechnung vom Unfallverursacher beziehungsweise dessen Versicherung in voller Höhe erstattet wird, wurde von den Richtern bestätigt und sogar erweitert. Allerdings erfolgt dies bei gleichzeitiger Abtretung möglicher Ansprüche des Kunden gegen die Werkstatt an die Versicherung. Diese könne ihrerseits Forderungen an die Werkstatt stellen, wenn ihrer Auffassung nach bestimmte Posten in der Rechnung der Werkstatt nicht gerechtfertigt seien.
In der Folge wurde die Abtretungserklärung ersetzt durch eine Zahlungsanweisung." Leider haben viele Betriebe dies sowohl bei Haftpflicht- als auch bei Kaskoschäden so gehandhabt", erklärte Kaiser. "Bei Haftpflichtschäden ist dies vollkommen richtig. Im Kaskoschaden ist es allerdings weiterhin sinnvoll, die Abtretungserklärung zu verwenden", so der Rechtsanwalt. Kaiser hatte auch einen Tipp für die Teilnehmer: "Der beste Schutz gegen Regressforderungen ist ein wasserdichtes Schadengutachten."
asp Werkstattclub 2025 in Köln

- Ausgabe 06/2025 Seite 042 (794.9 KB, PDF)
Digitale Schadenakte
Was ein Schadengutachten ausmacht und welche Dienstleistungen TÜV SÜD im Bereich Schadenmanagement zu bieten hat, erklärte Vera Dechering-Busch, Gebietsleiterin NRW, TÜV SÜD Division Mobility: "Im Autohaus fehlt es an Zeit und Personal. Wir entlasten die Betriebe, indem wir mit hoch qualifizierten Kollegen die Schadengutachten erstellen und die Kunden im Schadenfall beraten." Die TÜV-Experten seien auch bei Rückfragen seitens der Versicherungen zur Stelle und unterstützen die Werkstatt.
Aber Gutachten alleine reichten heute oft nicht mehr aus, damit die Reparatur zu 100 Prozent beglichen wird. "Daher haben wir ein ganzes Paket geschnürt, das zusätzlich die digitale Schadenakte und die anwaltliche Unterstützung beinhaltet", erklärte Vera Dechering-Busch. Besonders die digitale Schadenakte sei eine enorme Erleichterung für Kfz-Betriebe: "In der digitalen Schadenakte haben Sie jederzeit Zugriff auf alle Dokumente, beispielsweise auch, wenn mal ein Kollege im Urlaub ist." Damit seien die Prozesse immer transparent, man sehe immer, wie der aktuelle Stand eines Vorgangs ist und wo gegebenenfalls noch ein Dokument fehlt.
""Der beste Schutz gegen Regressforderungen ist ein wasserdichtes Schadengutachten.""
Marcus Kaiser, Kanzlei K&K
Die Expertenrunde gab Einblick in die Praxis. Michael Dittmar, Werkstattbetreiber aus Bochum und Mitinhaber des ad Auto Dienstes Dittmar & Stachowiak, arbeitet seit drei Jahren im Schadenmanagement mit TÜV SÜD zusammen (siehe Beitrag Seite 40). Er könne Kunden die komplette Abwicklung von Unfall-Reparaturschäden anbieten. René Schulz, der bei TÜV SÜD als Segment Manager speziell für die Belange des IAM zuständig ist, kennt die Verhältnisse in den freien Werkstätten: "Wir sehen, dass manche Betriebe im Schadengeschäft nicht professionell aufgestellt sind und oft nicht wissen, was ihnen zusteht." Hier können die Schaden-Experten von TÜV SÜD unterstützen. Aufgrund des Mitarbeitermangels werde das Schadenmanagement oft nebenbei und wenig erfolgreich erledigt. Die Kommunikation mit den Versicherern erfolge mangels Fachwissen im Schadenrecht oft nicht auf Augenhöhe.