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Elektromobilität: Wunsch und Wirklichkeit

15.07.2021 11:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Ladetechnik Ladegeschwindigkeit
Der Taycan ist der Porsche unter den E-Fahrzeugen und bringt auch beim Laden eine sportliche Performance, wenn auch mit Abstrichen.
© Foto: Porsche

"Schnelles Laden" klingt nach Reichweite. Ob das Versprechen an der Ladesäule eingelöst wird, steht auf einem anderen Blatt. Welche der E-Modelle das Zeug für die Langstrecke haben, hat die Unternehmensberatung P3 Automotive ermittelt.

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Kurzfassung

Die Unternehmensberatung P3 hat getestet, welche Elektrofahrzeuge an der Ladesäule die beste Figur machen und möglichst schnell möglichst viel Reichweite tanken. Der "P3 Charging Index" ist ein Ranking der Lade-Champions.

Der Traum vom batterieelektrischen Auto ohne eingebaute Reichweitenangst ist noch nicht wahr geworden. Allerdings bietet der Markt mittlerweile Modelle, die jenem Ideal nahekommen, das die internationale Unternehmensberatung P3 Automotive mittels des "P3 Charging Index" skizziert. Das Ziel lautet: mit einem möglichst vollen Akku losfahren und nach gut 300 Kilometern Fahrt binnen 20 Minuten die Batterie so voll zu bekommen, dass weitere 300 Kilometer möglich sind. Diesem nach heutigen Maßstäben Traumzustand weisen die P3-Ingenieure dem Indexwert 1,0 zu. Die ersten vier platzierten Stromer im diesjährigen Ranking erreichen diese Aufgabe zu 72 bis 88 Prozent ( siehe Grafik unten). Gar nicht schlecht.

Dass dabei mit der eben vollelektrifizierten S-Klasse und dem bislang leisesten Porsche überhaupt, dem Taycan, zwei Stromer aus dem ganz oberen Preissegment vorn dabei sind, überrascht nicht. Deutlich budgetfreundlicher sind Teslas Model 3 als Long-Range-Version sowie der ID.3 von VW als Pro S, die zwischen dem Stuttgarter-Duo Platz nehmen.

Volle Ladeleistung nur kurz

Das Grundproblem: "Die vom Hersteller versprochene maximale Ladeleistung wird oft nur kurz abgerufen und in der Regel selten im Realeinsatz erreicht", bestätigt Christian Daake, Lead Interoperability Testing bei P3 Automotive. "Deshalb haben wir nun den Realverbrauch als zweite Dimension in den Index aufgenommen, um die reale nachgeladene Reichweite vergleichen zu können." So sind beispielsweise beim ID.3 und ID.4 die Batterie-Packs die gleichen, aber das SUV ID.4 fährt eben baureihenbedingt mit einem höheren Verbrauch durch das virtuelle Testing. Die gleiche Ladeleistung sorgt dann eben für weniger real fahrbare Kilometer.

Früh am Thema dran

Um möglichst realistische Verbrauchswerte zu erhalten, griff man auf den ADAC Ecotest zurück. Die Ermittlung der Ladekurven am Schnelllader gehört dagegen zum Brot-und-Butter-Geschäft der P3- Automobilberater. 2012 war P3 Partner bei der ersten Ladeabsicherung für einen deutschen Automobilhersteller. So beschäftigt man sich in Stuttgart, Wolfsburg, München und Düsseldorf seit fast einer Dekade mit der Frage: Wie kann ich ein E-Auto laden?

Managing Director E-Mobility, Markus Hackmann, erklärt im Gespräch: "Neben den Ladekurven von verschiedenen E-Fahrzeugen an unterschiedlichen Ladesäulen können wir sehr früh einschätzen, wie sich die Ladekurve für ein neues Modell darstellen wird." Deshalb findet auch der EQS bereits seinen Platz im Charging-Index.

Verfügbare Serienfahrzeuge werden live getestet, dabei wird ein Schnelllader mit bis zu 350 kW Leistung verwendet. Der Proband wird vorher kurz eingefahren, damit, wie Daake berichtet, die Batterie auf Betriebstemperatur ist. Das Ergebnis sind Ladezeit und Ladeleistung abgetragen auf der Ladekurve. "Diese reproduzieren wir dann an unterschiedlichen Ladesäulen unserer Kunden, um ihnen eine Einschätzung zu geben, wo sie besser werden können", umreißt Hackmann eine der wichtigsten Aufgaben des Experten-Teams.

Ladeperformance des Autos

Bleibt die Frage: Welches der E-Modelle hält am längsten seine Ladeleistung und verbraucht real dann so wenig, dass mit einem Ladestopp von 20 Minuten maximal 600 Fahr-Kilometer möglich wären? Die Ladeperformance steuert laut P3 in erster Linie das Fahrzeug. Der Zustand der Batterie, die durch den Stromfluss entstehende Wärme sowie die Außentemperatur sind Merkmale, auf die das E-Auto reagiert und den Kilowatt-Zähler an der Ladesäule nach oben oder unten treibt. Hier entsteht dann jenes Gefühl, man bekomme nicht die Ladeleistung, die beim Kauf versprochen wurde.

So wirbt Porsche beim Taycan mit einem Maximum von 270 kW Ladepower, die laut P3-Analyse realistisch im Durchschnitt eher 184 kW sind. Der Porsche agiert dabei als Einziger im Test-Feld mit 800 Volt Bordnetzspannung. Der EQS von Mercedes-Benz greift noch auf 400 Volt zurück und managt im Schnitt 164 kW. Der Audi e-tron sowie das Model 3 von Tesla landen bei Durchschnitts-Energieflüssen von jeweils 146 kW. Wichtig zu betonen ist, dass dies Durchschnittswerte sind, denn die Ladekurven der einzelnen Modelle zeichnen recht unterschiedliche Graphen mit Höhen und Tälern. Tesla startet zum Beispiel dank der vorab wohltemperierten Batterien auf einem sehr hohen Niveau von 250 kW - bevor die Kurve fast linear abfällt.

Zwei Phasen der Ladeleistung

Da die Batteriekapazitäten der E-Autos gewachsen sind - und damit zehn Prozent Restakku den Fahrer heute tendenziell weiterbringen als noch vor zwei Jahren - und sich gleichzeitig die Infrastruktur der Schnelllader verbessert hat, passte das P3-Team das Ladefenster an, in dem geladen wird. Statt von 20 bis 80 Prozent der Kapazität wird erst bei zehn Prozent Restkapazität (State of Charge, SoC) der Stecker gesteckt ( siehe Grafik oben). Die fahrzeugabhängigen Ladekurven lassen sich dann auch an der Betrachtung der ersten und der zweiten zehn Lademinuten nachzeichnen. So lädt beispielsweise das Model 3 in den ersten zehn Minuten Energie für 149 Fahr-Kilometer, ab Minute elf bis Minute zwanzig kommen nur noch 72 Kilometer hinzu. Beim Audi e-tron 55 sind beide Anteile wiederum fast gleich groß (92 und 95 km). Am Ende steht der EQS mit 266 geladenen Fahr-Kilometern und einem Indexwert von 0,88 ganz oben. Es folgen Tesla (221 km/0,74), ID.3 (220 km/0,73) und der Taycan Turbo S (217 km/0,72).

"Mit der 800-Volt-Technik kann man deutlich schneller laden, deshalb werden diese Fahrzeuge speziell für Vielfahrer auf der Langstrecke ein interessantes Produkt werden. Neue Fahrzeuge mit dieser Bordnetz-Architektur wie der Kia EV6 oder der Audi e-tron GT werden sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Top 5 des P3 Charging Index einsortieren können", prognostiziert Daake. Stromernde Außendienstmitarbeiter werden dies sicherlich genau beobachten.

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