asp: Der Vorschlag der EU-Kommission für die überarbeitete PTI-Richtlinie zur Neuausrichtung der HU wurde jüngst veröffentlicht. Was ist aus Sicht des ASA davon zu halten?
F. Beaujean: Der Vorschlag der EU-Kommission enthält einige wichtige Vorschläge zur Weiterentwicklung der HU. In der öffentlichen Wahrnehmung und in den Medien wurde jetzt vor allem der Vorschlag kontrovers diskutiert, ob ältere Autos künftig jährlich zur HU sollten. Völlig untergegangen sind die konkreten Vorschläge zur Abgasuntersuchung oder zur Vermeidung von Tachomanipulationen.
asp: Was sagt der ASA zu einer jährlichen HU für Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre alt sind?
F. Beaujean: Grundsätzlich finde ich es gut, die Prüfintervalle für ältere Fahrzeuge zu verdichten. Ältere Fahrzeuge sind fehleranfälliger als neue. Das geht zulasten der Sicherheit. Aber nach meiner Ansicht macht das nur Sinn, wenn diese "alten" Fahrzeuge auch tatsächlich genutzt werden. 15 Jahre alte Youngtimer, die praktisch nur in der Garage stehen, brauchen nicht jedes Jahr zur HU. Hier wäre ein ausgewogener Kompromiss zwischen Fahrzeugalter und Laufleistung wahrscheinlich sinnvoller. Ein EU-weiter Königsweg ist daher schwer zur realisieren.
asp: Die Kommission empfiehlt die Endrohrprüfung bei der AU - in Deutschland und anderen Ländern ist das ja schon Praxis.
F. Beaujean: Die Endrohrprüfung europaweit wieder einzuführen, ist absolut sinnvoll. Der ASA-Verband hat sich seit zehn Jahren gegen alle Widerstände letztendlich erfolgreich für die Wiedereinführung eingesetzt. Das ist politisch der Abschied von der Selbstauskunft per OBD. Das wird einiges bewegen und es erschließen sich perspektivisch neue Märkte für Ausrüster. Ein Drittel der EU-Länder verlässt sich noch ausschließlich auf die OBD-Schnittstelle. Dafür gibt es keine guten Argumente. In Studien wurde mehrfach belegt, dass ohne Messung viele Fehlfunktionen nicht entdeckt werden.
asp: Die Partikelmessung soll auch auf Benziner ausgeweitet werden - ist das sinnvoll?
F. Beaujean: Die Ausdehnung der Partikelmessung auf Fremdzünder ist richtig. Je höher die Verbrennungsdrücke in den Motoren werden, desto besser ist die Verbrennung und desto kleiner sind die entstehenden Partikel. Die werden so klein, dass sie über die Lunge aufgenommen werden. Das ist gesundheitsschädlich und trägt zu zahlreichen Todesfällen bei. Auch wenn der Straßenverkehr nicht die einzige Quelle für gesundheitsschädliche Partikel ist, glauben wir, dass dies ein richtiger Ansatz ist. Auch die Ausdehnung der Partikelmessung auf Euro 5B ist aus unserer Sicht sinnvoll.
asp: Lange war es ruhig um das Thema, aber jetzt sollen auch die Stickoxide (NOx) gemessen werden. Gibt es denn dafür eine praktikable Messmethode?
F. Beaujean: Die NOx-Messung soll zunächst für Dieselfahrzeuge eingeführt werden, um die nicht funktionierenden selektiven katalytischen Reduktionssysteme (SCR) zu identifizieren. Die Herausforderung bei der NOx-Messung besteht darin, dass NOx im Fahrbetrieb erst unter Last entsteht. Das Forschungszentrum der EU-Kommission (Joint Research Center, JRC) hat ein Verfahren zur Bewertung von NOx bei Dieselfahrzeugen ausgearbeitet und vorgestellt. Bei der sogenannten Hot Idling Methode wird der Motor auf eine ausreichend hohe Temperatur gebracht, ab der das SCR-System sicher arbeitet. Anschließend zeichnet man die NOx-Konzentration im Leerlauf auf. Der Verlauf der NOx-Konzentrationsänderung beim Auskühlen des Abgassystems gibt Aufschluss über die Funktionsfähigkeit des SCR-Systems. Wir sehen in der Methode einen guten Kompromiss.
asp: Die Absatzzahlen für Werkstattausrüstung waren aus Sicht des ASA zuletzt nicht zufriedenstellend. Woran liegt die Zurückhaltung der Werkstätten bei Investitionen?
F. Beaujean: Grundsätzlich gehen die Verkäufe in den letzten Jahren stetig weiter nach unten und das ist nicht befriedigend. Die Werkstätten sind zwar seit Jahren gut ausgelastet, aber die Fachkräfte kommen den Betrieben abhanden. Dann hat man irgendwann zwar vier Hebebühnen, aber nur noch drei Mechaniker in der Werkstatt. In diesem Falle muss keiner eine Bühne nachkaufen. Wir merken diese schleichenden Effekte. Es ist kein totaler Einbruch, aber ein Abwärtstrend.
asp: Der betrifft vor allem Prüftechnik wie Bremsprüfstände, Scheinwerfereinstellgeräte?
F. Beaujean: Bei den Prüfgeräten ist es dramatisch. Damit sind die Werkstätten jetzt eingedeckt. Das Geschäft ist zyklischer Natur. Wenn der Gesetzgeber die Vorschriften ändert und neues Equipment vorschreibt, müssen wir in kurzer Zeit viele Geräte liefern. Wenn der Peak vorbei ist, sinkt die Nachfrage wieder extrem schnell ab. Wir haben derzeit vom Gesetzgeber keine Vorgabe, die uns in irgendeiner Weise hilft. Alte Bremsprüfstände müssen endgültig erst 2034 ausgewechselt werden, hier gelten extrem lange Übergangsfristen wegen Bestandsschutz. Die Hersteller von Bremsprüfständen erleben derzeit ein absolutes Nachfragetief, sie dürfen erst in einigen Jahren wieder mit einem langsamen Anstieg rechnen, wenn das Austauschgeschäft ansteht.
- Ausgabe 06/2025 Seite 030 (282.5 KB, PDF)
""Die Kalibrierung von Sensoren und Kameras ist ein wichtiges Zukunftsthema.""
Frank Beaujean, ASA
asp: Die gesamtwirtschaftlichen Konjunkturaussichten sind ebenfalls nicht so berauschend. Was erwarten die Mitglieder?
F. Beaujean: Die gesamtwirtschaftliche Situation besorgt die Unternehmen zusätzlich. Dazu kommen die Unsicherheit durch die unberechenbare Zollpolitik von Donald Trump und ein Reformstau in Deutschland: zu viel Bürokratie, schwerfällige und überlastete Sozialsysteme, hohe Lohn-Nebenkosten und immer mehr Meldepflichten. Deutschland braucht dringend einen Schub nach vorne.
asp: Ein Lichtblick sind aber die Zahlen in den Bereichen Diagnose und Klima. Welche Bedeutung haben diese Themen?
F. Beaujean: Ohne Diagnose geht heute in der Werkstatt gar nichts mehr. Daher sehen wir bei den Diagnosegeräten einen entsprechenden Bedarf. Beim Klima-service sind die Zahlen ebenfalls gut. Perspektivisch wird im Elektroauto der Klimaservice noch wichtiger. Das Temperaturmanagement im Fahrzeug wird über komplexe Systeme gewährleistet, die auch gewartet werden müssen.
asp: Warum hat der ASA eine Projektgruppe für die ADAS-Kalibrierung ins Leben gerufen?
F. Beaujean: Die Kalibrierung von Sensoren und Kameras ist ein wichtiges Zukunftsthema. Es wird pespektivisch so wichtig werden wie Abgas und Diagnose. Wir stehen heute bei der Automatisierung von Fahrzeugen kurz vor Level drei und vier. Wir sprechen da also von sicherheitsrelevanten Funktionen, die das Auto übernimmt. Die Werkstatt, die diese Systeme kalibriert, steht damit ebenfalls im Fokus. Es ist wichtig, dass sich der ASA damit befasst. Das erste Ziel des Projekts besteht darin, das Thema ADAS vor allem für Werkstattbetreiber im freien Markt greifbarer zu machen.
asp: Was bekommen die Betriebe von Ihnen an die Hand?
F. Beaujean: Die Projektgruppe hat ein schönes Konzept aufgesetzt, das vier Szenarien unterscheidet - je nachdem, wie tief man als Werkstatt einsteigen will. Von Kategorie D für Werkstätten, die sich lediglich auf Achsmessung beschränken, über Kategorie C und B bis zu Kategorie A. Für diese muss die Werkstatt neben ausreichend Platz auch das entsprechende Kalibrierwerkzeug vorhalten. Wir wollen Werkstattinhabern damit mehr Orientierung geben.
asp: Wird die Automatisierung von Werkstattequipment wichtiger?
F. Beaujean: Automation und Robotik werden Einzug halten. Das ist nicht zuletzt dem Fachkräftemangel geschuldet. Man automatisiert daher so weit wie möglich und setzt damit Kapazitäten frei. Das heißt konkret: Ich stelle mir nicht mehr ein Reifenmontiergerät für 1.600 Euro in die Halle, sondern ich kaufe mir eins für 25.000 Euro. Das ist dann ein Roboter, der voll automatisiert Reifen montiert. Solche Geräte sind vor allem deshalb wertvoll, weil sie aussagekräftige Datensätze zur Bereifung bereitstellen, die wiederum zu mehr Geschäft führen.
asp: Thema Datenzugang - was gibt es hier Neues zu berichten?
F. Beaujean: Grundsätzlich finden wir den überarbeiteten Annex X zur Verordnung EU 2018/858 gut, weil er die Zugriffe auf die OBD-Schnittstelle jetzt eindeutig und relativ diskriminierungsfrei regelt. Es ist ein guter Kompromiss gelungen, der sowohl dem Sicherheitsbedürfnis der Hersteller Rechnung trägt als auch die berechtigten Zugangsinteressen des freien Marktes bedient. Man hat sich im vorliegenden Entwurf auf ein Zugriffssystem in Stufen geeinigt - von Level Null für den reinen Lesezugriff auf Fehlercodes bis zu höheren Levels mit Zugang für permanente Veränderungen oder sogar Neuprogrammierungen.
asp: Wann gilt die neue Regelung?
F. Beaujean: Es handelt sich um einen "Delegated Act" der Kommission. Europaparlament und der EU-Rat beschäftigen sich nicht mehr damit, was die Sache vereinfacht. Wir sind auf den letzten zehn Metern in einem 100-Meter-Lauf.