-- Anzeige --

GVA-Präsident im Interview: "Wir suchen das Gespräch"

21.07.2025 08:22 Uhr | Lesezeit: 3 min
GVA-Präsident im Interview: "Wir suchen das Gespräch"
Thomas Vollmar im Interview. 
© Foto: GVA

Der Präsident des Gesamtverbandes Autoteile-Handel e.V. (GVA), Thomas Vollmar, ist zuversichtlich, dass sich die Fahrzeughersteller nach den wegweisenden Urteilen des Europäischen Gerichtshofes zum Zugang zu Fahrzeugdaten endlich bewegen.

-- Anzeige --

Nach mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)zum Datenzugang für den Reparaturmarkt hat der GVA zusammen mit anderen Verbänden viel Energie darauf verwendet, die Verpflichtungen der Automobilhersteller durchzusetzen und wenn nötig zu klagen. Die juristische Durchsetzung der geltenden Rechtsauslegung ist ein mühsamer und langwieriger Weg. Es geht in der Sache um den Zugang zu Fahrzeugdaten zu Reparaturzwecken, um überzogene Preismodelle für die Datennutzung und um die Art und Weise der Bereitstellung von Informationen.

asp: Wie ist die Halbzeitbilanz für das Jahr 2025 aus Sicht des GVA?

T. Vollmar: Unsere aktuelle Mitgliederbefragung belegt unisono, dass wir auch in den ersten vier Monaten nach wie vor ein gesundes Wachstum zwischen vier und sechs Prozent verzeichnen konnten. Auch wenn der Mai zuletzt etwas schwächer war. Wir sind mit der aktuellen Situation mehr als zufrieden, vor allem, wenn man auf andere Branchen schaut. Die Freien Werkstätten sind voll ausgelastet. Das liegt zum einen natürlich am zunehmenden Durchschnittsalter der Fahrzeuge, aber auch an der steigenden Diskrepanz der Stundenverrechnungssätze im Vergleich zu den Autohäusern, die in den letzten Jahren massiv angezogen haben. Auch beim Ausblick auf die nächsten Monate zeigen sich die Betriebe sehr zuversichtlich.

asp: Sie haben noch im November bei der GVA-Konferenz auf politische Veränderungen nach der Wahl gehofft - die Ampel ist nun Vergangenheit. Sehen Sie Anlass zur Hoffnung auf Reformprojekte?

T. Vollmar: Bei allen Ankündigungen: Es werden noch zu viele Themen nicht konsequent genug angepackt, da weiterhin zu viele Kompromisse zwischen Koalitionspartnern die Korrektur von fehlgeleiteter Politik der letzten zehn Jahre bremsen. Aber grundsätzlich herrscht jetzt schon ein anderer Tenor als mit der alten Regierung. Die Bemühungen der neuen Bundesregierung werden auch im Ausland wahrgenommen und anerkannt. Aber letztlich wird sich die Regierung an der Umsetzung von Projekten messen lassen müssen.

asp: Immerhin sind Förderungen hinsichtlich der E-Mobilität angekündigt .

T. Vollmar: Die Bundesregierung hat Unterstützungen für die Automobilbranche angekündigt. So plant sie eine Förderung für Elektroautos und Plug-in-Hy­bride. Angekündigt ist unter anderem ein "Social Leasing", also E-Autos zum günstigen Monatstarif für Menschen mit niedrigem Einkommen. Bereits beschlossen sind Steuervorteile für Elektro-Dienstwagen. Von den Förderungen profitieren deutsche Hersteller genauso wie Importeure. Bis zur Umsetzung dieser Pläne werden sich Kaufinteressenten weiter zurückhalten, um den Segen der Förderungen nicht zu verpassen. Ich mache kein Hehl daraus, was ich davon halte. Die chinesischen Autohersteller sind für die deutsche Automobilindustrie eine große Herausforderung. Ich habe daher kein Verständnis dafür, wenn pauschal der rote Teppich für strategisch subventionierte Importfahrzeuge ausgerollt wird.

asp: Wie gefährlich ist China als neue Großmacht im Automobilsektor?

T. Vollmar: Noch ist die Akzeptanz von chinesischen Fahrzeugmarken eher gering hierzulande. Aber langfristig werden die Unterschiede verwischen. Ich denke, dass zwei Drittel der Käufer, die sich einen MG kaufen, gar nicht wissen, dass es sich um ein chinesisches Fabrikat handelt. Man muss sehen: Allein der Batteriehersteller CATL und BYD produzieren 55 Prozent der Batterien weltweit. Berücksichtigt man zudem die von China gesicherten Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel sowie Metalle der Seltenen Erden, steckt also nahezu in jedem neuen E-Fahrzeug ein chinesisches Teil. China hat sich strategisch geschickt den Zugriff auf diese wichtigen Rohstoffe gesichert. Hier stecken wir bereits in einer gefährlichen Abhängigkeit, aus der wir uns auf absehbare Zeit nicht lösen können.

asp: Stichwort EuGH-Empfehlung zum Datenzugang: Bewegt sich die Automobilindustrie?

T. Vollmar: Wir erleben die unterschiedlichsten Strategien aufseiten der Auto­mobilhersteller. Juristisch sind wir weiterhin in zahlreichen Verfahren engagiert. Die Bilanz bisher ist sehr positiv. Teilweise gehen Hersteller in Berufung. Unabhängig davon befinden wir uns inzwischen mit ausgesuchten Herstellern in konstruktiven Gesprächen.

asp: Das Carglass-Urteil hat also wirklich was bewegt in der Branche?

T. Vollmar: Ja, denn die Klarstellung des EuGH in diesem und auch in von uns selbst erstrittenen Urteilen war deutlich. In der Praxis gibt es leider viele Fälle, die den Urteilen widersprechen und dagegen verstoßen. Fragwürdige Vereinbarungen, die die Hersteller für den Zugang über Secure Gateways mit den Diagnosegeräteherstellern ausgehandelt hatten, stehen daher jetzt auf dem Prüfstand. Auch die Gebühren für den Zugang zu technischen Informationen sind meist viel zu hoch. Mit bestimmten Automobilherstellern zeichnen sich aber Lösungen ab. Konkretes dürfen wir zwar noch nicht sagen. Aber es zeigt, wie wichtig die Arbeit der Verbände ist. Wir sind neben dem Verband der Herausgeber technischer Informationen der einzige Wirtschaftsverband, der in dieser speziellen Materie das Recht hat zu klagen. Und wir sind per Satzung auch dazu verpflichtet, die Rechte unserer Mitglieder zu wahren. Der freie Markt muss verteidigt werden.

asp: Wie gesprächsbereit geben sich die Automobilhersteller?

T. Vollmar: Es hat sich offenbar herumgesprochen, dass wir bereit sind, im Dialog pragmatische Lösungen zu suchen. Es geht uns nicht darum, um jeden Preis bis zur letzten Instanz zu gehen. Klagen sind kein Selbstzweck. Ein Kompromiss, mit dem die freien Akteure arbeiten können, ist uns im Zweifel lieber als ein langwieriger Prozess. Manchmal lassen sich bestimmte Dinge, die zwar wünschenswert wären, technisch nicht umsetzen, weil die Fahrzeuge eben herstellerseitig einfach so konfiguriert sind. Dann suchen wir im Dialog einen gangbaren Weg.

asp: Im Anhang X zur Typgenehmigungs-VO 858/2018 soll der Datenzugang über OBD neu geregelt werden. Ein guter Wurf?

T. Vollmar: Die Typgenehmigungsverordnung wurde auf Drängen der Automobilindustrie tatsächlich auch noch einmal überarbeitet. Wir saßen dort mit am Tisch und konnten unseren Einfluss geltend machen. Das war uns wichtig. Auch da haben wir uns für eine pragmatische Lösung ausgesprochen. Von daher können wir jetzt auch mit dem Ergebnis gut leben. Geplant sind mehrere Stufen für den Datenzugang, von Level Null für den rein lesenden Zugang bis zu den höheren Levels mit Zugang für permanente Veränderungen oder sogar Neuprogrammierungen. Die Regelung berücksichtigt zudem die technische Entwicklung der Fahrzeuge.


GVA-Blitzabfrage nach dem 1. Quartal 2025

Regelmäßig befragt der GVA seine Mitglieder aus Handel und Industrie zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Ist-Situation und fragt nach der zukunftsgerichteten Erwartung - jeweils bezogen auf das gesamtwirtschaftliche Klima in Deutschland und bezogen auf die Umsatzerwartung im Kfz-Teile-Handel. Die Zahlen für das erste Quartal sind sehr positiv ausgefallen, viele Un-ternehmen berichten von deutlich steigenden Umsätzen (45,5 Prozent). Die vorläufige Auswertung der Abfrage für das zweite Quartal deckt sich laut GVA weitegehend mit den Ergebnissen für das erste Halbjahr, das betrifft vor allem die positive Umsatz-erwartung für das Gesamtjahr.


asp: Wie groß war der Anteil des GVA bei den Verhandlungen?

T. Vollmar: Wir haben mit unseren Experten eng mit der FIGIEFA (unserem europäischen Dachverband) zusammengearbeitet, wo juristisch geschulte Top-Spezialisten sitzen. Dadurch ist es gelungen, unsere eigenen Vorschläge für den Verordnungstext einzubringen. Es ist immer Teamwork gefragt, damit die Verbandsarbeit auf nationaler Ebene und international letztlich zum Erfolg führt.

asp: Diskussion um den Einsatz wiederaufbereiteter Ersatzteile in der Unfallreparatur: Was ist dazu aus Sicht des GVA zu sagen?

T. Vollmar: Es gibt Ersatzteile, da macht die Wiederaufbereitung Sinn. Nehmen Sie beispielsweise Bremssättel, Turbolader oder Lichtmaschinen. Oft ist es aber so, dass wiederaufbereitete Teile nicht unbedingt billiger sind als Neuteile. Man spricht in dem Zusammenhang gerne von Nachhaltigkeit. Man muss aber auch Aufwand und Kosten betrachten. Autofahrer bzw. Werkstätten kaufen das aufbereitete Teil, wenn der Kostenvorteil mindestens 30 Prozent beträgt, sonst wird tendenziell das Neuteil gekauft.

asp: Wie groß ist dieser Markt?

T. Vollmar: Der Markt der Wiederaufbereitung entwickelt sich nun auch in Deutschland, wo wir mit einem Volumen von circa zwei Milliarden Euro gegenüber der globalen Entwicklung etwas hinterherhinken. Es ist sinnvoll, das Segment weiterzuentwickeln, gerade im Hinblick auf die Wiederaufbereitung von Antriebsbatterien, wenn nur einzelne Zellen getauscht werden müssen.

asp: Aber ist das auch bei der Reparatur von Haftpflichtschäden sinnvoll?

T. Vollmar: Da gibt es aus meiner Sicht keine pauschale Antwort. Das hängt von vielen Faktoren ab. Es ist verständlich, dass die Versicherer nach günstigen Lösungen suchen. Bei älteren Fahrzeugen kann es im Sinne der zeitwertgerechten Reparatur durchaus eine Option sein, bei Karosserieschäden ein wiederaufbereitetes Teil zu verwenden.


asp Newsletter: Immer bestens informiert.

Der asp Newsletter informiert Sie werktäglich über die aktuellen Branchen-Geschehnisse. So erfahren Sie alle relevanten Infos. Jetzt kostenlos bestellen und immer top informiert sein!

Jetzt anmelden

-- Anzeige --

HASHTAG


#GVA

-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --
KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --
WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.