Eine Recherche der asp-Redaktion im Vorfeld der RDKS-Pflicht ergab ein weites Spektrum von Sensorpreisen, das sich konkret von 35 (Renault) bis 180 Euro (Lexus; jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer und Einbau) erstreckte. Universell einsetzbare Sensoren der großen Zulieferer lagen nahe am unteren Wert.
Die Praxis sah ganz anders aus, denn die meisten Preise für markenspezifische Sensoren, also für Originalteile, waren und sind alles andere als hoch. Hier haben die Aftermarket-Organisationen der Hersteller und Importeure mitgedacht und ihren Partnerbetrieben durch kundenfreundliche Preisgestaltung einen Wettbewerbsvorteil verschafft, den der ein oder andere Teilnehmer des diesjährigen 21. Round Table Reifentechnik als "Wettbewerbsverzerrung" wahrnahm. Kein Wunder, denn am Round Table nehmen traditionell mehrheitlich Vertreter des spezialisierten Reifenfachhandels teil. Bei genauerer Betrachtung taten die Automobilhersteller und -importeure auch gut daran, bei den Sensorpreisen Maß zu halten. Der spezialisierte Reifenhandel traf auf - Zitat eines Round-Table-Teilnehmers - "so gut wie nicht informierte Kunden"; bei Autohäusern und Werkstätten wird es kaum anders gewesen sein. Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV), beschrieb den Hintergrund mit eigenen Worten: "Es war abzusehen, dass die Automobilhersteller den Teufel tun werden, Autokäufer auf Folgekosten hinzuweisen."
Resultierend aus der Preisgestaltung, aber auch aus der allgemeinen Marktentwicklung, gab es im vergangenen Jahr, so Hans-Jürgen Drechsler, "nur einen Gewinner im Reifenersatzmarkt: markengebundene Autohäuser, die auch rund zwei Drittel des Geschäfts mit Winterreifen abwickelten, davon wiederum etwa zwei Drittel als Kompletträder.
Zugegeben: Gerade vor dem Hintergrund RDKS haben es markengebundene Autohäuser deutlich einfacher als freie Werkstätten oder Reifenfachhändler. Letztere müssen mit dem gesamten Spektrum an Fahrzeugen und RDKS-Sensoren umgehen; bei den Sensoren gab es zuletzt ca. 200 verschiedene Teilenummern.
Unterschiedliche Situationen
Den Aufwand, den der freie Markt bezüglich RDKS zu betreiben hatte, zeigte die im Rahmen des Round Table Reifentechnik stattgefundene Podiumsdiskussion (vgl. Bild auf Seite 14). Bei Reifen Feneberg fand das erste Training bereits im Februar 2013 statt. Laut Hannes Kuhn dauerte es rund eineinhalb Jahre, "bis wir Bescheid wussten und auch wussten, was wir wollten", womit Antworten auf Fragen nach Sensorart und Diagnosemittel gemeint sind. Letztlich wurden von Reifen Feneberg im vergangenen Herbst zu 80 bis 90 Prozent universell einsetzbare Sensoren in Winterräder eingebaut. Genau umgekehrt war die Verfahrensweise bei Reifen + Service Strobel in Hof, wo "Klonversuche trotz erheblichem Aufwand manchmal scheiterten", wie Inhaber Wolfgang Strobel erklärte.
Für die Gesamtheit der spezialisierten Reifenhändler geht BRV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Drechsler von einem 60- prozentigen Anteil universell einsetzbarer Sensoren aus. Wörtlich: "Das umgekehrte Verhältnis zu den USA."
Punktuelle Lieferschwierigkeiten
Die Frage nach seinen Erfahrungen mit der Verfügbarkeit von RDKS-Sensoren beantwortete Hans-Jürgen Drechsler so: "punktuelle Lieferschwierigkeiten bei einzelnen Sensorherstellern". Traditionell fasst der BRV-Geschäftsführer während des Round Table Reifentechnik auch den Reifenersatzmarkt zusammen. Laut aktuellen Daten hatten markengebundene Autohäuser im Jahr 2014 einen Anteil am Pkw-Reifenersatzmarkt (Sommer-/Winter-/4x4-Reifen, jeweils Handel an Verbraucher) von 22,2 Prozent. Bei freien Werkstätten sind es immerhin 15,3 Prozent, so dass Autohäuser und Werkstätten in Summe auf 37,5 Prozent Marktanteil kommen. Nachdem im vergangenen Jahr ein 3,4-prozentiger Rückgang am Pkw-Reifen-Absatz festzustellen war (Winterreifen -10,9 Prozent), werden für das laufende Jahr Zuwächse von jeweils 2,5 Prozent erwartet.
Nachdem nicht mehr nur Goodyear Ganzjahresreifen herstellt, sondern seit kurzem auch Michelin und Pirelli, befürchtet man seitens des BRV einen "Domino-Effekt" in Form der Übertragung dieses Trends auf weitere Hersteller, was auch Auswirkungen auf den Service und Zubehörverkauf haben wird. Substanzielle Auswirkungen erwartet man jedoch erst dann, wenn Ganzjahresreifen von großen Automobilherstellern in der Erstausrüstung eingesetzt werden.
Nicht runderneuerungsfähig
Im Bereich Nfz-Reifen berichtete Hans-Jürgen Drechsler von einem beunruhigenden Trend in Richtung Billigreifen aus chinesischer Fertigung - nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa betreffend. Demnach nahm deren Anteil 2014 im Vergleich zum Vorjahr auf über 30 Prozent zu. Weil diese größtenteils nicht runderneuerungsfähig sind, Nfz-Reifen aber im großen Stil und zum Teil mehrfach runderneuert werden, sprach der BRV-Geschäftsführer in diesem Zusammenhang von einer "Frage des Abfalls" und von einem "Altreifenberg".
Wer sagt's dem Chef?
Weiterbildung
Zu Jahresbeginn fand in den Räumen der Münchener Stahlgruber-Stiftung der erste Workshop für WDK-zertifizierte Trainer statt. Die zwölf Teilnehmer stehen für jährlich 60 bis 70 Weiterbildungen nach WDK-Vorgabe. "Der rege Erfahrungsaustausch war auch für die Moderatoren Michael Immler und Wolfgang Mick hochinteressant und vermittelte ein ehrliches Bild der Situation in den Trainingszentren, aber auch der Umsetzung der Fortbildung in den Betrieben", erklärte Studienleiter Martin Kiechl gegenüber asp. Alexander Bockenheimer von der Materialprüfungsanstalt an der TU Darmstadt brachte eine Messfelge mit nach München, mit der die bei Montage und Demontage des Reifens auftretenden Kräfte gemessen werden konnten. Martin Kiechl: "Die Messungen machten deutlich, wie selbst kleine Fehler große Belastungen für den Reifen hervorrufen und Schäden verursachen können. [...] Die Varianz der Kraftmessungen belegt eindeutig den großen Einfluss des Monteurs auf die Qualität der Montage. Durch die Anwendung der WDK-Montagemethode und zertifizierter Montiermaschinen einschließlich Hilfsmittel wird das Risiko von Schäden, auch unter Beachtung der Montagetemperatur des Reifens, erheblich gemindert. Es bleibt jedoch ein Restrisiko bei extremen Rad-Reifen-Kombinationen. Schmierung, Entlastungszeiten für den Reifen und ständige Beobachtung der Vorgänge und Reaktion durch den Monteur sind unverzichtbare Faktoren für eine gute Montagequalität." Martin Kiechl zufolge wird bei den Weiterbildungen von Werkstattprofis häufig geäußert, dass nicht das Verständnis der Teilnehmer, sondern das der Vorgesetzten das Problem sei. Wörtlich: "Wer sagt das meinem Chef?" oder "Gibt es dieses Training auch für Chefs?" Die resultierende Diskussion der Teilnehmer des Workshops bringt Martin Kiechl so auf den Punkt: "Wenn der Kaufmann ohne das nötige technische Wissen die Abläufe in der Werkstatt bestimmt, ist das das Ende der Fachwerkstatt." pd
Reifenservice
Mietbarer Anhänger
Andre Steffens Unternehmen aus Bad Grund nahe Goslar versteht sich als Dienstleister für Werkstätten und Autohäuser, bezogen auf Reifen und Räder. Konkret geht es um "diskrete" Unternehmensberatung (O-Ton), Verkaufs- und Produktschulungen sowie Unterstützung bei Umstrukturierungen und Projekten. Ganz neu ist ein Anhänger, der von Kfz-Betrieben bei Notfällen und Veranstaltungen gemietet werden kann. Der Anhänger beinhaltet eine Montiermaschine samt WDK-Kit, eine Wuchtmaschine, einen Kompressor und ergänzendes Werkzeug. Andre Steffen: "Gerade bei Freizeitmessen und Ausstellungen ist Zeit für Aufklärungsarbeit am Endverbraucher, damit der Mehraufwand rund um die Themen UHP, Runflat und RDKS verständlich nahegebracht werden kann."Andre Steffen e. K.http://reifen-support.de