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GVA-Präsident Vollmar: "Wir blicken auf ein gutes Jahr"

24.07.2023 11:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Thomas Vollmar
Thomas Vollmar ist seit gut einem Jahr GVA-Präsident.
© Foto: GVA

GVA-Präsident Thomas Vollmar spricht im Interview über die Themen, die den freien Reparaturmarkt derzeit umtreiben. Außerdem zieht er eine erste Bilanz nach seinem ersten Jahr an der Verbandsspitze.

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Kurzfassung

Thomas Vollmar sieht den Teilehandel in einer guten Position. Auch bei den Teileherstellern ist die Lage wieder entspannter. Im diskriminierungsfreien ­Zugang zu Fahrzeugdaten sieht der GVA eine entscheidende Zukunftsfrage.

asp: Herr Vollmar, Sie sind jetzt gut ein Jahr im Amt. Wie ist Ihr bisheriges Fazit?
Thomas Vollmar: Es war ein sehr spannendes Jahr mit vielen neuen Eindrücken, vielen neuen Themen und vielen neuen Kontakten. Es gab viele fruchtbare Gespräche mit Politikern in Berlin. Sie hören interessiert zu und nehmen neue Aspekte dankbar an. Vom Austausch profitieren beide Seiten. Ich lerne viel "by doing" dazu, zum Beispiel welche Bedeutung Gesetzgebung für unsere Branche hat. Verbandstätigkeit ist hier elementar wichtig, ich bin Überzeugungstäter, wenn es darum geht, unsere Verbandsinteressen zu vertreten.

asp: Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Teilehersteller und -händler?
T. Vollmar: Die Branche blickt nach bisherigem Verlauf auf ein insgesamt gutes Jahr. Man muss natürlich die Preiserhöhungen und die Inflation berücksichtigen, aber nach den uns vorliegenden Zahlen verzeichnet der Teilehandel gegenüber 2022 ein fast zweistelliges nominales Wachstum. Der Reparatur- und Teilemarkt ist stabil und erfolgreich unterwegs. Auch bei den Teileherstellern hat sich die Lage nach den angespannten ersten Monaten dieses Jahres wieder entspannt. Die Lieferketten funktionieren wieder, sodass momentan eine positive Grundstimmung herrscht.

asp: Der Verband CLEPA beklagt aber niedrige Margen im China-Geschäft …
T. Vollmar: Die Umsatzrendite hat sich spürbar verbessert. Die Exporte der Zulieferer sind nach wie vor ein Thema, vor allem im Hinblick auf die Produktionsverlagerungen der Automobilhersteller nach Asien, wo dann auch Produkte von dortigen Herstellern verwendet werden. Das hat natürlich Einfluss auf den Wettbewerb und die Zulieferer müssen aufpassen, dass die Geschäfte nicht wegbrechen.

asp: Wie gut können Sie mit dem erzielten Kompromiss zu den E-Fuels leben?
T. Vollmar: Der GVA befürwortet die Nutzung von E-Fuels, denn sie sind aus unserer Sicht für den Klimaschutz von großer Bedeutung. Dabei möchte ich klarstellen, dass der GVA sich nicht gegen E-Mobilität stellt, im Gegenteil. Wir sind für Technologieoffenheit bei den Antriebsarten. Es geht darum, dem großen Fahrzeugbestand mit Verbrennungsmotoren eine umweltfreundliche Lösung zu bieten. Deshalb sind wir mit dem erzielten Kompromiss zufrieden, allerdings muss die Ausgestaltung nun von der Politik angegangen werden. Dazu müssen jetzt Kapazitäten geschaffen werden. Es braucht gesetzliche Grundlagen, Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit und Fördermittel der EU, damit Unternehmen bereit sind, in Produktionsanlagen für synthetische Kraftstoffe zu investieren. In der Umsetzung fehlt uns allerdings immer noch die Planungssicherheit. Das Thema E-Fuels soll 2028 erneut überprüft werden, das erzeugt wieder Unsicherheiten bei der Industrie.

asp: Wie sehen Sie die Chancen, dass die Voraussetzungen für einen Kapazitätsausbau geschaffen werden?
T. Vollmar: Wir haben den Eindruck, dass jetzt so nach und nach die Erkenntnis reift, dass auch der Fahrzeugbestand mit Verbrennern klimaneutral unterwegs sein muss. In Europa ist das durchschnittliche Fahrzeugalter auf fast 13 Jahre gestiegen, weltweit liegt es noch viel höher. Wenn man die Verbrenner, die heute noch auf den Markt kommen, dazuzählt, haben wir noch über Jahrzehnte einen hohen Bestand an Verbrennern. Bei genügend Kapazitäten wird sich auch der derzeit noch hohe Preis von E-Fuels an den von Benzin angleichen.

asp: Welche Konsequenzen hat Euro 7 für den Aftermarket?
T. Vollmar: Wir sind im Moment diesbezüglich noch recht gelassen, weil noch Jahre vergehen werden, bis das Thema im Aftermarket ankommt. Die Herausforderung liegt derzeit noch bei den Herstellern. Es sieht aber auch so aus, als müssten Kompromisse eingegangen werden, nachdem jetzt acht Länder dagegen sind und Polen vor dem EUGH klagt. Es muss sich zeigen, ob Euro 7 unter den Voraussetzungen bis 2025 kommt.

asp: Wie sieht der GVA die Verlängerung der Gruppenfreistellungsverordnung (GVO)?
T. Vollmar: Wir können grundsätzlich mit der Entscheidung leben, weil wir ja auch froh sind, dass es die GVO gibt. Leider wurden die technologische Entwicklung und der Zugang zu den Fahrzeugdaten nur in Leitlinien berücksichtigt, und die sind nicht bindend und können von Land zu Land unterschiedlich interpretiert werden. Wichtig ist, dass wir diese Zeit nutzen, um Vorbereitungen zu treffen, dass die GVO auch in fünf Jahren wieder verlängert wird und Fahrzeugdaten bzw. der Zugang zu den fahrzeuggenerierten Daten in die Verordnung selbst aufgenommen werden.

asp: Wie weit sind EU-Verhandlungen über den Zugang zu Fahrzeugdaten?
T. Vollmar: Es muss eine gesetzliche Regelung für den Automobilsektor kommen, die EU-Kommission arbeitet derzeit Vorschläge aus. Wir warten dringend darauf. All das, was wir bislang haben - GVO, Typgenehmigungsverordnung, Data Act et cetera - steckt da mit drin, wir brauchen aber eine klare, sektorale Regelung, um überhaupt ein Recht bzw. die Möglichkeit zu bekommen, digitale Geschäftsmodelle mit fahrzeuggenerierten Daten zu entwickeln. Der sektorübergreifende Data Act ist bereits ein guter Anfang, reicht aber nicht aus. Wir rechnen damit, dass die EU-Kommission im Herbst einen Vorschlag vorlegen wird.

asp: Geht der Data Act in die richtige Richtung?
T. Vollmar: Der Data Act bildet die "zweite Säule" der europäischen Datenstrategie, deren Ziel es ist, durch neue Regelungen das wirtschaftliche Potenzial der wachsenden Datenmenge besser zu nutzen und einen wettbewerbsfähigen Datenmarkt zu fördern. Der Gesetzesentwurf des Data Act sieht Regelungen vor, die klären sollen, wer unter welchen Bedingungen einen Mehrwert aus Daten schaffen kann, wobei Fairness zentraler Faktor ist. Konkret soll es darum gehen, dass unter anderem Nutzer von vernetzten Geräten, Maschinen oder sonstigen Produkten, wie in den Bereichen Internet of Things (IoT), Industrial Internet of Things (IIoT) oder Connected Cars, darüber entscheiden können, wie mit den gewonnenen Daten umgegangen werden soll, an deren Entstehung sie mitgewirkt haben. Damit umfasst der Data Act unter anderem Regeln für die Nutzung von Daten, die solche vernetzten Geräte, Maschinen oder Produkte generieren. Nutzer können dabei Unternehmen wie auch Verbraucher sein. Allerdings beschreibt der Data Act nicht, wie der Zugang technisch ausgestaltet werden soll. Daher bedarf es zusätzlich einer sektoralen Regelung, die dann basierend auf den Grundprinzipien des Data Act die spezifischen Standards definiert.

asp: Wie setzen die GVA-Mitglieder das Thema Nachhaltigkeit um?
T. Vollmar: Das ist ein sehr umfassendes und komplexes Thema, vor allem im Hinblick auf die Lieferketten. Produktion, Lagerung, Transport, Prozesse - überall gibt es sehr viel Spielraum. Das Thema ist in der Branche angekommen. Je größer ein Unternehmen, umso größer ist das Interesse, einzelne Prozesse so nachhaltig abzubilden, dass man damit auch nach außen gehen kann. Die Initiative FAAS Forum Automotive Aftermarket Sustainability ist ein guter Ansatz, weil sie sehr breit angelegt ist, alle Verbände mit drin sind und auch weitestgehend alle internationalen Händler.


Partslife Kongress: Top-Thema Nachhaltigkeit

Auf dem Partslife Kongress 2023 in Frankfurt bestimmten Nachhaltigkeit und Klimaschutz im Aftermarket die Agenda. Unter anderem ging Alexander Granzin (Partslife GmbH) in seinem Vortrag auf die kommenden Herausforderungen der Branche im Rahmen des Green Deal ein. "Aufgrund öffentlichen Drucks kommen Gesetze wie ,Extended Producer Responsibility' zustande, auch das Thema Verpackung ist darin inkludiert", so Granzin. Unternehmen ab einer bestimmten Größe müssen außerdem zukünftig regelmäßig über ihren CO2-Fußabdruck berichten und darüber, wie sie diesen weiter vermindern. Weitere Herausforderungen birgt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: "Unternehmen haben künftig viele Anforderungen entlang ihrer Lieferketten zu erfüllen, unter anderem ein durchgängiges Beschwerdeverfahren zu den Arbeitsbedingungen", berichtet Granzin weiter. Welche Anforderungen im Detail künftig zu erfüllen sind, wird auf der Plattform Catena-X detailliert beschrieben.


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