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Automatisiertes Fahren: Eine Sache von Zentimetern

06.07.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 6 min
Autonomes Fahren Kia Cockpit
Blick ins Cockpit des Testfahrzeugs, das auf dem Testgelände die korrekte Funktion des Notbremsassistenten unter Beweis stellen musste.
© Foto: Dietmar Winkler

Prüfmethoden für die Homologation von Fahrzeugen mit autonomen Fahrfunktionen werden derzeit erarbeitet. Damit alle denkbaren Verkehrsszenarien gemeistert werden, kombiniert TÜV SÜD physische Tests mit neuen Simulationsmethoden.

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Kurzfassung

Für die Zulassung automatisierter Fahrzeuge werden Fahrszenarien auf der Teststrecke durch virtuelle Prüfmethoden ergänzt. Die Kooperation  zwischen TÜV SÜD und dem Teststreckenbetreiber AVL ZalaZONE deckt beides ab.

Zugegeben, bei der Live-Demo auf der Teststrecke wurde es manchem Mitfahrer mulmig zumute. Schließlich sollte eine genau definierte Fahrsituation ganz allein von der automatisierten Fahrfunktion des Testfahrzeugs gemeistert werden – ohne Eingreifen eines Fahrers.

Auf dem Testgelände von ZalaZONE zeigten TÜV SÜD-Experten den physischen Test eines "Cut-in Szenarios". Dabei muss das autonome Fahrzeug selbstständig auf die Situation eines einscherenden Fahrzeugs reagieren. Die autonome Fahrfunktion muss das einscherende Fahrzeug erkennen und entsprechend verzögern oder bremsen. An Bord sitzt lediglich ein Sicherheitsfahrer, der notfalls eingreifen kann.

Als international operierende Prüforganisation ist TÜV SÜD einer der zentralen Akteure, wenn es um die Themen Safety, Security und Testing bei autonomen Fahrzeugen geht. Durch die Kooperation mit dem Prüfgeländebetreiber ZalaZONE schafft TÜV SÜD die Voraussetzung für die Entwicklung und Erprobung neuer Prüfmethoden – allen voran virtueller. Denn das Prüfzentrum bietet etwa die Möglichkeit, Ergebnisse aus physischen Tests nahtlos zu digitalisieren, um sie so für die Erforschung, Etablierung und Validierung virtueller Methoden einzusetzen.

Patrick Fruth, CEO Division Mobility bei TÜV SÜD, wies in seiner Präsentation auf den hohen Stellenwert sicherer Prüfmethoden hin: "Die Akzeptanz neuer Technologien bei Fahrzeugen – und das gilt auch für automatisierte Fahrfunktionen – sind die Voraussetzung dafür, dass diese Technologien in der Gesellschaft Akzeptanz finden." Das Prüfgelände im ungarischen Zalaegerszeg spiele dabei eine wichtige Rolle: "Mit ZalaZONE haben wir nun den Betreiber eines der größten und modernsten Testgelände mit an Bord. Die Partnerschaft ergänzt unser Portfolio für die Typzulassungen in allen relevanten Märkten um den effizenten Zugriff auf eines der weltweit führenden Prüfgelände für HAD", betonte Patrick Fruth.

"ZalaZONE betreibt eine der größten und modernsten Teststrecken in Europa und ist damit der ideale Partner", ergänzt Christian Gnandt, Global Head Highly Automated Driving bei TÜV SÜD. Denn die Teststrecke bietet gerade im Bereich des automatisierten Fahrens viele Prüfmöglichkeiten – eine zweispurige Strecke etwa, auf der unter anderem sogenannte Cut-inTests gefahren werden können. "Die Entwicklung und Validierung von Prüfmethoden ist die Voraussetzung für neue Standards. International gültige Standards bieten wiederum die Basis dafür, die nach wie vor bestehende regulatorische Lücke weiter und möglichst schnell zu schließen", unterstreicht Gnandt. Neben den physischen Tests auf der Teststrecke spielen virtuelle Szenarien und die Simulation aller denkbaren Fahrsituationen eine zunehmend wichtige Rolle, wie Zoltán Hamar, Head of Technology & Sales bei AVL ZalaZONE, im Rahmen der Veranstaltung erklärte. "Es macht Sinn, solche virtuellen Tests mit einem digitalen Zwilling des Fahrzeugs durchzuführen – das ist viel schneller und ermöglicht die gefahrlose Durchführung sicherheitskritischer Tests. Zudem könnte man die vielen Milliarden Testkilometer, die auf der Straße notwendig wären, gar nicht auf einer Teststrecke durchführen. ZalaZONE verfügt über hochaufgelöste digitale Karten des Testgeländes sowie über KommunikationsMöglichkeiten in Echtzeit."

Erfolg durch Kooperationen

Alexander Kraus, CTO TÜV SÜD Division Mobility, wies auf den Stellenwert von Kooperationen im Bereich der Entwicklung und Zulassung von Fahrzeugen mit automatisierten Fahrfunktionen hin. "Die Investitionen in die Infrastruktur und in die notwendige Technologie bei der Entwicklung von automatisierten Fahrfunktionen sind enorm. Diese Investitionen können nur von mehreren Mitspielern gemeinsam gestemmt werden." Irgendwann müssten tragfähige Geschäftsmodelle entwickelt werden, um das eingesetzte Invest zu refinanzieren. "Am Ende muss ein funktionierendes Produkt stehen", so Kraus. Seine Prognose: "In den nächsten Jahren werden wir autonome Fahrzeuge sehen, allerdings in festgelegten Szenarien und in begrenzten Räumen."


Auf dem Weg zu SAE Level 4

Die Regulierung ist bei hochautomatisierten Fahrzeugen langsamer als die technologische Entwicklung, aber Vereinbarungen über entsprechende Standards nehmen jetzt Fahrt auf. Viele Länder haben sich bereits auf einheitliche Regulierungen geeinigt. Beispielsweise bei der UNECE R79 für automatisierte Lenkfunktionen oder der UNECE R157 für ein automatisiertes Spurhaltesystem. Mit der geplanten Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs- und Betriebsverordnung (AFGBV), der relevanten Ergänzung zum deutschen Autonomes-Fahren-Gesetz, wird EU-Recht in nationales Recht umgesetzt. Noch in der Bearbeitung ist EU-L4, die erste gemeinsame Grundlage für die EU-Typzulassung autonomer Fahrzeuge SAE Level 4. Sie wird in Kürze erwartet.

Industriestandards
Zusätzlich bieten bereits seit Jahren Industriestandards Orientierung. Dazu gehören etwa ISO/SAE 21434 für Cybersecurity oder die ISO 26262, die bereits seit 2018 die Grundlage für die Industrie bei der Software-Entwicklung bildet. Neue Standards wie etwa die ISO 21448 (SOTIF) für die funktionale Sicherheit stehen in den Startlöchern. In Deutschland wurde 2021 das sogenannte Gesetz zum autonomen Fahren verabschiedet, das seitdem die Grundlage für Automobilhersteller, Zulieferer und Betreiber für den regulatorischen Rahmen bildet. Im Februar 2022 hat der Bundestag die Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs- und Betriebsverordnung (AFGBV) verabschiedet. Darin werden die Vorgaben aus dem Gesetz zum autonomen Fahren weiter präzisiert und virtuelle Testmethoden explizit gefordert.



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