In Deutschland entstand 1886 das erste Patent-Auto, fortschrittsgläubige Franzosen brachten die Motorkutsche in Serienproduktion – aber die Wiege automobiler Feinkost zu bezahlbaren Preisen stand Ende 1895 im böhmischen Mladá Boleslav. Der Buchhändler Václav Klement ärgerte sich damals so sehr über die desaströse Qualität seines neu erworbenen Germania-Fahrrads, dass er kurzentschlossen mit dem Mechaniker Václav Laurin die Firma L&K gründete.
Aus dieser erfolgreichen Fahrradmanufaktur mit hochwertigen und schon über Raten finanzierbaren Slavia-Zweirädern wurde nur vier Jahre später ein Motorradproduzent, ehe 1905 die kleine Voiturette A als erstes L&K Automobil die Initialzündung zu tschechischen Premiumautomobilen setzte. Diesen technisch raffinierten und doch bezahlbaren L&K Kleinwagen priesen Fachmedien als „beste und schnellste Voiturette“ auf dem Markt, und so wagten sich die Tschechen bereits 1906 mit großen Tourenwagen in die Prestigeliga: Sogar Karl I., letzter österreichischer Kaiser und als Karl III. böhmischer König kaufte sich wenig später statt eines Benz oder Rolls-Royce den L&K Typ E.
1925: Fusion zwischen L&K und Skoda
Im Jahr 1925 fusionierten L&K mit Skoda und zählten nun zu den größten europäischen Autobauern. Ab 1945, in den Jahrzehnten sozialistischer Planwirtschaft, waren es vor allem kleine Heckmotor-Modelle, mit denen Skoda auf der Gewinnerstraße fuhr. Als Skoda nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Verkauf stand, erhielt VW den Zuschlag – und gewann eine Tochter, die im Unterschied zu anderen Konzernmarken kontinuierlich auf Erfolg abonniert zu sein scheint und hierzulande sogar vor Audi, Ford oder Opel fährt.
Keine Billig-Preise wie beim rumänischen Discount-Spezialisten Dacia, sondern ein günstiges Preis-Leistungsverhältnis für modernste Technik und raffinierten Komfort, das ist das Erfolgsgeheimnis der tschechischen VW-Vorzeigemarke Skoda. In Mladá Boleslav wissen sie manchmal sogar besser als in Wolfsburg, was berufliche Vielfahrer und Familien wollen: So verkauft sich der Skoda Octavia Combi heute besser als der VW Golf oder Passat in Variant-Form, tatsächlich belegt der Octavia im globalen Kombi-Produktionsranking sogar Platz zwei hinter dem Subaru Outback.
Und während die Kombi-Instanzen Volvo und Ford gerade alle Lifestyle-Laster durch SUV ersetzen, zeigt Skoda zum 130-jährigen Unternehmensjubiläum mit der Studie Vision O, wie die elektrische Zukunft des Kombis aussieht. Andererseits kann Skoda auch SUV besser als mancher Konkurrent, so ist das vollelektrische Duo Enyaq und Elroq für den VW-Konzern bisher ein Garant für Erfolgsmeldungen. Dagegen gefällt das unter VW-Regie als XXL-Passat entwickelte Skoda-Flaggschiff Superb mit Details wie böhmischem Kristall sogar dem Präsidenten der Tschechischen Republik.
Jubiläum: 130 Jahre Skoda

Alles wie einst also, als die Pioniere Laurin und Klement sowie Skoda mit einer raffinierten Fusion aus böhmischen Spezialitäten mit gutbürgerlicher Großküchen-Kost genau den Geschmack der Massen, aber auch manches Mächtigen und Wohlhabenden traf. Darunter schon 1908 ein großer L&K-4,6-Liter-Vierzylinder, der vom Elektroingenieur Frantisek Krizík zum frühen Hybridfahrzeug transformiert wurde, oder die majestätische Luxuskarosse Skoda Hispano-Suiza, die ab 1926 mit gewaltigem 6,7-Liter-Sechszylinder dem tschechoslowakischen Präsidenten Tomás Masaryk als Repräsentationslimousine diente.
Skoda, eine Saga ohne Drama? Keineswegs. Laurins und Klements L&K AG stand 1925 vor dem finanziellen Aus, hätte nicht der Rüstungs- und Maschinenbaukonzern Skoda einer Fusion zugestimmt und das Kapital für einen Neuanfang investiert. Im Jahr 1930 – mitten in der Weltwirtschaftskrise – stellte Skoda als erstes osteuropäisches Unternehmen auf Fließbandfertigung um, und das preiswerte Modell Skoda Popular fungierte 1934 als erstes Volksauto der damaligen Tschechoslowakei.
Skoda kann Luxus
Dass Skoda weiterhin Luxus konnte, zeigte der erste Superb mit 4,0-Liter-Achtzylinder unter der Haube und edlen Palisanderschränken im Fond – während der charmante, 3,40 Meter kurze Skoda Sagitta (Lateinisch für "Pfeil") die Menschen nach dem Vorbild des winzigen Fiat Topolino ins Herz treffen sollte. Sogar Faltdach und Scheinwerfer im Mäuschen-Look hatte der Sagitta, aber dann wagte Skoda doch keine Serienproduktion dieses Winzlings mit V2-Motor. Aber erst der Zweite Weltkrieg konnte den Höhenflug der Marke mit dem Logo des Pfeils definitiv beenden. Was nach 1945 folgte, waren Verstaatlichung und Vorgaben der Planwirtschaft für die AZNP Skoda (Automobilwerke Nationalbetrieb Skoda). Trotz des politischen Dirigismus konnten sich die Böhmen ihre Kreativität bewahren.
So entstand 1946 der Skoda 1101 Tudor als Alternative zum deutschen VW Käfer – und wurde um 1950 bereits in 76 Länder exportiert. Der Skoda 1200 zählt ab 1952 zur Avantgarde des Pontondesigns und ging in Großserie, allein die allgegenwärtige Materialknappheit verhinderte eine Millionenauflage. Dafür lieferte Skoda schöne Sportwagen wie den 1100 OHC von 1958, der in Rosso-Corsa-Lackierung an Maranello-Boliden erinnerte.
Ein Jahr später debütierte der erste Skoda Octavia – bis heute sind die kompakten Limousinen und Kombis das Herz der Marke. Gemeinsam mit dem eleganten Cabrio Felicia machte diese moderne Baureihe Skoda zur einzigen global begehrten Ostblock-Marke, und unter Volkswagen rollten seit 1996 in vier weiteren Octavia-Generationen bereits rund acht Millionen Einheiten vom Band.
Als Skoda 1964 plötzlich rückwärtsgewandt handelte und den viertürigen Typ 1000 MB mit Heckmotor und Hinterradantrieb einführte, begann für die Tschechen eine Ära, in der sie ihre Modelle nur noch über Billigpreise nach Westeuropa exportieren konnten. Denn dort begann Mitte der 1960er bereits die Zeit des Frontantriebs. Auch der "Porsche des Ostens", das legendäre Sportcoupé 110 R/130 RS, konnte das nicht verhindern. Und SUV-Pioniere wie der Skoda Trekka von 1966 eroberten nur spezielle Märkte wie Ozeanien und Pakistan.
1987: Fünftüriger Fronttriebler Skoda Favorit
Alles neu machte 1987 der beim italienischen Stardesigner Bertone gezeichnete fünftürige Fronttriebler Skoda Favorit, der die tschechische Autoindustrie auf Westniveau katapultierte. Kein Wunder, dass der schicke Kleinwagen, es gab ihn als Fastback, Kombi und Pick-up, auch als erstes Skoda-Modell im VW-Konzern Erfolge erzielte: Als erster Skoda knackte der Favorit die Schallmauer von einer Million Einheiten. Aus dem Favorit ging 1994 der Felicia hervor, eine preiswerte Alternative zu VW Polo oder Ford Fiesta.
Und das weltweit erste Pick-up Cabrio Felicia Fun zeigte, dass die Skoda-Entwickler weiterhin kleine Geniestreiche liefern wollten: Der pfiffige Yeti leitete 2009 die SUV-Offensive ein, die heute neben Kodiaq, Karoq und Kamiq auch die elektrischen Bestseller Enyaq und Elroq umfasst. Aber auch konventionelle Konzepte wie Fabia, Octavia und Superb leben parallel zu den SUV weiter – Skoda weiß offenbar besser als manch anderer Wettbewerber, was die Kunden wollen. So lässt sich das 130-jährige Unternehmensjubiläum gelassen feiern.