Wird ein Van insbesondere als Familien- und Freizeitfahrzeug beworben und vom Kunden auch als Pkw zugelassen, kann der Hersteller nicht die für seine Pkw-Modelle gültigen Garantiebedingungen für dieses Modell ausschließen. Das hat das Thüringer Oberlandesgericht im vergangenen Mai entschieden (Az.: 9 U 100/10). Laut "Auto-Bild" ging es im Streitfall um einen Mercedes Vito, den der Autobauer intern als Nutzfahrzeug einstuft. Diese Einstufung spiele "ebenso wenig eine Rolle [...] wie die Tatsache, dass die technische Abwicklung des Verkaufs bei der Verkäuferin durch Mitarbeiter der 'Lkw-Abteilung' vorgenommen worden ist", heißt es wörtlich in der Urteilsbegründung. Entscheidend sei vielmehr der "Horizont des Empfängers". Der habe aufgrund der Umstände davon ausgehen müssen, dass für das im März 2000 von ihm gekaufte Neufahrzeug die dreißigjährige Garantie gegen Durchrostung "von innen nach außen" gelte. Bereits Ende 2004 waren an dem Fahrzeug Rostschäden festgestellt worden. Geltend gemacht wurden die Garantieansprüche Mitte 2006. Dies sei laut den Garantiebedingungen noch rechtzeitig gewesen, so die Richter. Zwar sähen die Regeln Inspektionen in einer Mercedes-Vertragswerkstatt im Zwei-Jahres-Rhythmus vor, allerdings erst ab dem fünften Jahr nach Erstauslieferung. Ob und wie häufig der Kunde in den ersten fünf Jahren Inspektionen in der Vertragswerkstatt habe durchführen lassen, sei daher unerheblich. Wartungs- in Reparaturarbeiten enthalten Im konkreten Fall spielte dies ohnehin keine Rolle, da der Kläger 2005 Reparaturarbeiten wegen der Rostschäden in einer Vertragswerkstatt hatte durchführen lassen. Somit konnte der Hersteller auch aus diesem Grund eine Gewährung der Garantie nicht mit Verweis auf Wartungstermine ausschließen. Denn: "In diesen Reparaturarbeiten sind – bezogen auf den Schutz vor Durchrostung – notwendigerweise die Arbeiten enthalten, die insoweit bei Wahrnehmung von Wartungsarbeiten durchzuführen wären." Konsequenz: "Nachdem es dem Kläger aufgrund des bereits fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchs nicht mehr zuzumuten ist, den Schadensersatz in Form einer Nachbesserung geltend zu machen, kann dieser den Schadensersatz auch dergestalt geltend machen, dass er die Kosten für den Erwerb eines anderen Fahrzeugs mit entsprechender Abnutzung aber im mangelfreien Zustand gegen Rückgabe des mangelbehafteten Fahrzeugs geltend macht", so das Urteil der Thüringer Richter. Nach Abzug einer Nutzungsentschädigung muss Daimler dem Kunden knapp 20.000 Euro plus Zinsen überweisen. (ng)
Urteil: Mercedes Vito ist ein Pkw

Ob Daimler den Mercedes Vito intern als Nutzfahrzeug einstuft, spielt laut OLG Thüringen keine Rolle. Entscheidend sei die Werbung für das Fahrzeug und die Nutzung durch den Kunden; der hatte Ansprüche aus der Durchrostungsgarantie für Pkw geltend gemacht.