Als 2017 die Änderung der AU-Richtlinie beschlossen wurde, sollte zum 1. Januar 2021 die Partikelmessung bei der Abgasuntersuchung eingeführt werden. Man war damals überzeugt, dass so ein Projekt in gut drei Jahren durchgebracht werden kann. Aber weit gefehlt. "Der Teufel steckt immer im Detail", sagt Harald Hahn, Vizepräsident des ASA-Verbands und dort auch Bereichsleiter Diagnose und Abgasmessgeräte. "Schon am Anfang ging einige Zeit verloren, bis man überhaupt anfing, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen. Dann war bis Mitte 2020 nicht klar, ob neben der CPC-Technologie auch noch andere Messmethoden genutzt werden können."
Obwohl es bis dahin noch keine verbindlichen Vorgaben der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) gab, entwickelten die Hersteller bereits Geräte auf eigenes Risiko - aus Angst, am Ende mit den eigenen Produkten nicht rechtzeitig auf den Markt zu kommen. Der ASA-Verband hatte von Anbeginn darauf gedrängt, dass die Spezifikation Technologie-neutral gestaltet sein muss. In anderen Ländern, etwa Holland oder in der Schweiz, hat man diesen Prozess bereits hinter sich. Man einigte sich auf bestimmte Eckpunkte, die mittlerweile auch in die Spezifikation eingeflossen sind. Hahn: "Ansonsten wären jeweils die Gerätehersteller ausgeschieden, die auf DC-Technologien (Diffusion Charging) gesetzt haben - oder sie hätten neue Geräte entwickeln müssen." Lediglich allgemeine Spezifikationen und Anforderungen sollten nun für die Entwicklungen gelten.
Praktikable Messmethode
Ziel der AU sei es schließlich, sogenannte Gross Polluter zu finden. "Die findet man auch mit einfacheren Technologien, wie man in Holland bereits mit sogenannten Simple-DC-Messgeräten bewiesen hat." Da die Messtechnologie wieder offen ist, kann es sogar sein, dass künftig neben den DC- und CPC-Messgeräten weitere Messtechnologien zum Einsatz kommen.
Trotzdem bleibt das Problem, dass erst marktreife Messgeräte angeboten werden können, wenn die hierfür nötige Spezifikation (PTB-A) endgültig verabschiedet worden ist. "Dies ist ein wichtiger Meilenstein, denn von diesem Termin hängen alle nachfolgenden Termine ab", erklärt Hahn. Dies alles zusammen führte schlussendlich im Herbst 2020 zu der Erkenntnis, dass der 1. Januar 2021 als Einführungstermin der Stufe 3 bei der AU nicht mehr haltbar ist.
Das Bundesverkehrsministerium hat in den letzten Wochen intensiv an der Abstimmung eines neuen Einführungstermins gearbeitet. Die entsprechende AU-Richtlinie hat bereits den Prozess der Länderanhörung durchlaufen und muss nun noch durch die EU-Kommission notifiziert werden. Man erwartet jetzt, dass die Richtlinie im Februar 2021 veröffentlicht werden kann.
Nach Freigabe der Spezifikation müssen die Geräte noch angepasst bzw. weiterentwickelt werden. Danach erfolgt vor Markteinführung noch die sogenannte Baumusterprüfung. Auch für die Produktion der geplanten Stückzahlen von geschätzt 25.000 bis 35.000 Geräten ist, wie man beim ASA-Verband weiß, ebenfalls eine gewisse Zeit notwendig. Nachdem in Deutschland die Geräte zudem der Eichpflicht unterliegen und kalibriert werden müssen, sind hier ebenfalls noch einige Steine aus dem Weg zu räumen.
Die Sinnhaftigkeit dieser Doppelprüfung hat der ASA-Verband schon mehrfach infrage gestellt. "Wir appellieren hier an alle verantwortlichen Stellen, sich dieser Thematik anzunehmen und eine für alle sinnvolle Lösung zu finden", so Hahn. Falls die Doppelprüfung weiter Bestand haben sollte, müssen die Eichbehörden hierfür die notwendige Infrastruktur aufbauen. Dies gilt übrigens auch für die akkreditierten Kalibrierlabore, die ihre Akkreditierung bei der DAkkS (Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH) um die Messgröße "Partikel zählen" erweitern müssen.
Deshalb war es auch extrem wichtig, die bestehende Kalibrier-Richtlinie um die Partikelmesstechnik zu ergänzen. In einem Arbeitskreis wurde dazu in den letzten Monaten intensiv an der Kalibrier-Richtlinie gearbeitet. Diese wurde noch im Dezember dem BMVI übergeben, sodass die Kalibrier-Labore sich in der verbleibenden Zeit mit dem Aufbau der Infrastruktur und der Akkreditierung beschäftigen können.
Jetzt müssen alle Beteiligten sehr eng zusammenarbeiten, damit der nun diskutierte Einführungstermin am 1. Januar 2023 nicht ein zweites Mal verschoben werden muss. Dies bestätigt auch Oliver Schilling, Geschäftsführer der Texa Deutschland GmbH in Obersulm: "Wenn die PTB-Anforderungen im Februar vorliegen, werden wir für Deutschland unser Gerät mit DC-Messmethode im ersten Quartal 2022 homologieren. Dann ist es auch verfügbar."
Hersteller in den Startlöchern
Trotz Verzögerungen seitens des Gesetzgebers wird auch bei Hella Gutmann Solutions an der Entwicklung eines DC-Partikelzählmessgeräts gearbeitet. Dieser Gerätetyp erfüllt die Anforderungen in vollem Umfang. Aktuell sind noch keine Geräte verfügbar. Die Auslieferung erfolgt voraussichtlich im zweiten oder dritten Quartal 2022.
Auch bei MAHA aus Haldenwang können erst mit Festschreibung der PTB-Anforderungen eine Finalisierung der Entwicklung und erste Schritte hin zur erforderlichen Baumusterprüfung der Geräte in die Wege geleitet werden. Eine Abschätzung, wann die Geräte verfügbar sind, kann MAHA zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeben. Sicher dürfte jedoch sein, dass die DC-Messmethode aufgrund höherer Nutzerakzeptanz und größerer Anwenderfreundlichkeit zum Einsatz kommt.
Bei Bosch und WOW wird die Terminverschiebung der neuen AU-Richtlinie dazu genutzt, die Messverfahren eingehend zu evaluieren, um den Werkstätten rechtzeitig eine effiziente und verlässliche Lösung anbieten zu können. Erst dann will man mit konkreten Ergebnissen an die Öffentlichkeit gehen.
Messgeräte von AVL Ditest sind voraussichtlich ein halbes Jahr vor dem Einführungstermin verfügbar. Als Messmethode kommt "Advanced Diffusion Charging" zum Einsatz. Bisher wurde diese Technik nur bei der Fahrzeugtypenprüfung (RDE) eingesetzt. Auch die Messung von Benzinfahrzeugen und die kleinerer Partikel ist damit möglich.
Fakten zur Stufe 3
- Möglicher Einführungstermin der Stufe 3 ist zurzeit der 1. Januar 2023.- Derzeit werden zwei gängige Messmethoden zum Partikelzählen von den Diagnosegeräte-Herstellern favorisiert: CPC (Condensation Particulate Counting) und DC (Diffusion Charging). Weitere Messmethoden sind möglich.- In Deutschland unterliegen die Partikelzähl-Messgeräte der Eichpflicht und müssen kalibriert werden.- Alle Diagnosegeräte-Hersteller sichern zu, dass sie rechtzeitig Partikelzähl-Messgeräte in genügender Anzahl liefern können. Zu Engpässen bei der Ausstattung von Werkstätten wird es nicht kommen.
- Ausgabe 01/2021 S.36 (196.8 KB, PDF)