Personalentwicklung im Kfz-Gewerbe (PiK)
Gemeinsam sorgen der Kfz-Verband Schleswig-Holstein und die IG Metall Küste für ein maßgeschneidertes Schulungsangebot, für das dank öffentlicher Fördergelder keine Teilnehmergebühren fällig werden.
Dieses Jahr wird Torsten Päpcke, Inhaber des gleichnamigen Autohauses in Nusse bei Ratzeburg, sich und seinen beiden Mitarbeitern mehr Weiterbildung gönnen als in den Vorjahren. Pro Mann plant er vier Tage für Schulungen beim Verband des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein. Er selbst hat dort vor Kurzem einen Elektronikkurs und das Seminar „Kfz-Englisch“ besucht. „Jetzt kann ich mich mit englischsprachigen Kunden, die in die Werkstatt kommen, ausreichend verständigen“, sagt Päpcke. „Dafür reichte das Schulenglisch nämlich nicht aus.“ Mit der Elektronikschulung polierte er sein Wissen aus der Meisterschule auf. „Da gibt es ja laufend etwas Neues.“ Auf dem Fortbildungsplan stehen derzeit noch die Kurse Diesel und Ottomotor für Werkstatt-Mitarbeiter. „Kiel ist zwar für uns relativ weit weg, aber die lange Fahrt lohnt sich“, sagt Päpcke. „Denn das Trainingsprogramm des Verbands ist ausgezeichnet – und derzeit sogar kostenlos.“
Geld aus Brüssel für Bildung
Dass die knapp 1.300 Mitgliedsbetriebe der Kfz-Innungen Schleswig-Holsteins technische, kaufmännische, vertriebsorientierte und sogar sprachliche Fortbildungen ohne Teilnehmergebühren besuchen können, verdanken sie der Initiative „weiter bilden“ – und dem gemeinsamen Engagement von Kfz-Verband und IG Metall Küste. „Vor gut drei Jahren kam die IG Metall mit der Idee auf uns zu, den Sozialfonds der Europäischen Union zu nutzen, um Schulungen im Kfz-Gewerbe zu finanzieren“, berichtet Jan-Nikolas Sontag, Geschäftsführer des Kfz-Verbands Schleswig-Holstein (SH). Mit der Idee rannten die Gewerkschaftsvertreter offene Türen ein – und so kam es, dass IG Metall Küste und der Kfz-Verband SH zwei Jahre einvernehmlich daran arbeiteten, die öffentlichen Fördermittel für das Projekt PiK (Personalentwicklung im Kfz-Gewerbe) genehmigt zu bekommen. „Wir sind gemeinsam daran interessiert, dass die Mitarbeiter in den Betrieben weitergebildet werden“, sagt Judith Beile von Wilke, Maack & Partner, die PiK seitens der IG Metall betreut. Wichtig war daher auch, jenseits aller Ideologien herauszufinden, welche Weiterbildungsmaßnahmen Be- triebe und Mitarbeiter tatsächlich brauchen. Dazu wurde sofort nach der Bewilligung von PiK im April 2010 eine breit angelegte Befragung gestartet, bei der die Unternehmen schriftlich oder per Interview ihre Wünsche durchgeben konnten. In 20 Pilotbetrieben wird der Weiterbildungsbedarf besonders intensiv ermittelt. Dort führen Trainer vor Ort Beratungsgespräche, um maßgeschneiderte Konzepte zu entwickeln. Dabei zeigte sich, dass kleinere Werkstätten besonders an fachlichen Themen interessiert waren, während größere Autohäuser auch an Veranstaltungen rund um Verkauf und Verwaltung Bedarf anmeldeten.
Gemäß den Förderrichtlinien werden 50 Prozent der Weiterbildungskosten aus dem Europäischen Sozialfonds gezahlt und 28 Prozent vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die restlichen 22 Prozent bringen die Betriebe auf – allerdings nicht in bar, sondern durch die Freistellung der Mitarbeiter von der Arbeit.
Nicht nur Technik gefragt
Dank der öffentlichen Fördergelder konnten zwei Trainer angestellt werden, die Schulungen rund um Kommunikation und Menschenführung durchführen sowie Führungskräfte und Mitarbeiter in den Pilotbetrieben coachen. Die Liste der zehn begehrtesten Schulungsangebote (siehe Kasten) zeigt, dass die Technik zwar ganz oben steht, sich aber auch die eher „weichen“ Themen großer Beliebtheit erfreuen. Die ersten Kurse starteten im Juni 2010. „Seither ist fast jede Veranstaltung komplett ausgebucht“, berichtet Martin Seydell, Leiter der Abteilung Berufsbildung, Betriebswirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit beim Kfz-Verband SH. „Die CAN-Datenbusschulungen sind zum Beispiel schon bis ins nächste Jahr hinein voll.“
Auf die Inhalte kommt es an
Die hohe Akzeptanz führt er jedoch nicht allein darauf zurück, dass keine Teilnehmergebühren anfallen. „Auch kostenlose Angebote müssen gut sein – schließlich fehlen die Mitarbeiter ja im Betrieb.“ Das Projekt läuft Mitte 2013 aus, eine Verlängerung ist nicht möglich. Danach werden die Schulungen des Kfz-Verbands wieder Geld kosten. „Wir rechnen aber fest damit, dass die Betriebe ihre Mitarbeiter auch weiterhin zu uns zur Fortbildung schicken werden“, betonen Beile und Seydell. Die Frage, ob sich die immense Arbeit rund um die Bewilligung der Gelder unterm Strich gelohnt habe, bejahen beide nachdrücklich: „Das gesamte Antragsverfahren war zwar höchst komplex. Man darf ja nichts falsch machen, sonst müssen die Gelder zurückbezahlt werden“, sagt Beile. „Dass wir den Betrieben und den dort beschäftigten Mitarbeitern drei Jahre lang ein praxisgerechtes Schulungsprogramm ohne Teilnehmergebühren anbieten konnten, war den Aufwand jedoch eindeutig wert.“ Das findet auch Torsten Päpcke: „Die Schulungen des Kfz-Verbands sind kostenlos – aber ganz und gar nicht umsonst.“ Eva-Elisabeth Ernst
Initiative für berufsbegleitende Bildung
weiter bilden
Mit 140 Millionen Euro fördern das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Europäische Sozialfonds (ESF) in den nächsten Jahren die Weiterbildung von Beschäftigten. Ziel der Initiative „weiter bilden“ ist es, die Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe zu stärken und die Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu erhöhen. Eine Voraussetzung bildet eine regionale oder branchenbezogene Vereinbarung von Sozialpartnern zur Weiterbildung. Die „Regiestelle Weiterbildung“ begleitet die Umsetzung des Programms, berät potenzielle Antragsteller und informiert über die ESF-Förderrichtlinie.
Weitere Informationen: www.regiestelle-weiterbildung.de
Beliebte Kurse
Die Top 10 des PiK-Programms
1. Diesel für Werkstattmitarbeiter (420 Schulmanntage)
2. CAN-Datenbus für Werkstattmitarbeiter (368)
3. Kfz-Englisch: Mit 100 Worten durchs Gespräch (224)
4. Benziner für Werkstattmitarbeiter (164)
5. Kundenorientierte Gesprächsführung bei der Werkstattannahme (132)
6. Der Umgang mit Versicherern bei einem Unfall (111)
7. Mitarbeiterführung PLUS für Kfz-Unternehmer (108)
8. Mitarbeiterführung in Werkstatt und Service für Meister (98)
9. Verkaufsorientierte Kundengespräche der Telefonzentrale (54)
10. Microsoft Office (51)
Stand: Februar 2011 Quelle: Kfz-Verband Schleswig-Holstein