Produktsicherheitsgesetz
Neue Herausforderung?
Das seit 1. Dezember gültige neue Produktsicherheitsgesetz sieht höhere Bußgelder auch gegen Händler vor. Trotzdem wird sich in der Praxis wenig ändern, beruhigt der ZDK.
Seit dem 1. Dezember 2011 gilt das Produktsicherheitsgesetz (kurz: ProdSG), das das bisher geltende Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) ablöst. Der Gesetzgeber wollte und musste – nicht zuletzt aufgrund zwingender europäischer Vorgaben – einiges im GPSG ändern und hat sich wegen des geplanten Umfangs der Änderungen dafür entschieden, nicht das GPSG zu ändern, sondern ein komplett neues Gesetz zu verabschieden. Freilich enthält das ProdSG jedoch immer noch viele Regelungsgegenstände, die bereits im GPSG enthalten waren. Klares Ziel des Gesetzgebers ist es, die Produktüberwachung effizienter zu gestalten, was unter anderem zu einer drastischen Anhebung des Bußgeldrahmens führt.
Das Gesetz verpflichtet Hersteller und Händler, sichere Produkte auf den europäischen Markt zu bringen. Der Begriff „Produkt“ tritt an die Stelle der Begriffe „technische Arbeitsmittel“ und „Verbraucherprodukte“ des GPSG. Bereits unter der Geltung des GPSG bestand Einigkeit, dass Kfz-Zubehör und Kfz-Ersatzteile in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Der Begriff „Produkte“ ist vom Gesetzgeber bewusst weiter gefasst, so dass alle Händler in der Kfz-Branche in den Anwendungsbereich des ProdSG fallen. Bei einem „Produkt“ im Sinne des Gesetzes ist es unerheblich, ob es sich um Serienartikel, Sonderkomponenten oder Einzelanfertigungen handelt.
Bereitstellen sicherer Produkte
Die Kernverpflichtung des Gesetzes ist es, dass Hersteller, Händler und Importeure nur sichere Produkte im Markt zirkulieren lassen. Dabei stellt der Gesetzgeber mit „Bereitstellung“ eine weitere neue Begrifflichkeit zur Diskussion. Bereitstellen bedeutet zum einen die Abgabe eines Produktes und zum anderen die Verwendung eines Produktes im Gemeinschaftsgebiet. Gemäß Paragraf 3 Absatz 2 ProdSG darf ein Produkt nur dann auf dem Markt bereitgestellt werden, d. h. beispielsweise in den Vertrieb gelangen, wenn es bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet. Insbesondere müssen dabei folgende Aspekte berücksichtigt werden:
die Eigenschaften des Produkts inklusive der Zusammensetzung des Produkts, die Verpackung und die (deutschsprachigen!!) Anleitungen (für Zusammenbau, Installation, Wartung, Gebrauchsdauer)
die Einwirkungen des Produkts auf andere Produkte (falls eine Verwendung des Produkts zusammen mit anderen Produkten zu erwarten ist)
die Aufmachung des Produkts, d. h. seine Kennzeichnung, die Warnhinweise, die Gebrauchs- und Bedienungsanleitung sowie weitere produktbezogene Angaben oder Informationen
die Gruppen von Verwendern, die bei der Verwendung des Produkts stärker gefährdet sind als andere (beispielsweise Kinder)
Pflichten des Händlers. Die zentralen Pflichten des Händlers sind in Paragraf 6 Abs. 5 ProdSG geregelt. Dieser lautet wie folgt: Der Händler hat dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Er darf insbesondere kein Verbraucherprodukt auf dem Markt bereitstellen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach Paragraf 3 (siehe oben) entspricht.
Bußgelder steigen deutlich
Verstößt ein Händler gegen seine Pflichten, sieht das neue ProdSG höhere Strafen als bislang vor: Der maximale Bußgeldrahmen wurde von 30.000 Euro auf 100.000 Euro erhöht.
Trotzdem sieht der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) im neuen Gesetz keine deutliche Verschärfung der Rechtslage für Händler und Werkstätten. „Zwar wendet sich das ProdSG auch an die Händler von Verbrauchsprodukten, also auch von Fahrzeugen und Ersatzteilen oder Zubehör. Allerdings war diese den Händler betreffende Pflicht auch schon im bisherigen GPSG zu finden“, erklärt ZDK-Sprecher Ulrich Köster. „Nach Paragraf 6 Abs. 4 ProdSG trifft den Händler dann die Informationspflicht, die an ihrem Geschäftssitz zuständige Marktüberwachungsbehörde zu unterrichten, wenn er ein ‚unsicheres‘ Verbraucherprodukt im Sinn des Abs. 5 vertreibt. Exakt die gleiche Pflicht traf den Händler aber auch schon gemäß Paragraf 5 Abs. 2 und Abs. 3 GPSG, so dass hier keine Verschärfung vorliegt.“
Neu ist nach dem ProdSG, dass gemäß Paragraf 27 Abs. 1 entsprechende Maßnahmen gleichermaßen gegen alle Wirtschaftsakteure – also auch gegen Händler – ergehen können. Im alten Paragraf 8 Abs. 5 GPSG war dagegen noch geregelt, dass Marktüberwachungsbehörden Maßnahmen vorrangig von dem Hersteller, seinem Bevollmächtigten oder dem Einführer fordern sollen. „Deshalb besteht zukünftig zwar ein erhöhtes Risiko, dass Maßnahmen seitens der Marktüberwachungsbehörden erfolgen oder gar bestandskräftig werden, ohne dass der Hersteller hiervon rechtzeitig Kenntnis erlangt. Allerdings gehen wir davon aus, dass das neue ProdSG von der Automobil- und Zuliefererindustrie ausreichend beachtet und die neue Rechtslage keine Änderungen in der Praxis bringen wird“, beruhigt Köster. Jürgen Leister
- Ausgabe 4/2012 Seite 57 (339.8 KB, PDF)