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21.10.2008 12:02 Uhr
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Bremsflüssigkeit

Die Erneuerung der Bremsflüssigkeit ist eine in Werkstätten nahezu täglich vorkommende Tätigkeit. asp hat sich beim Chemiespezialisten BASF nach den Zutaten dieses Betriebsmittels erkundigt.

Man hat täglich damit zu tun, weiß aber nicht, welches die Bestandteile des Produkts sind. Defizite wie dieses sind typisch, nicht nur für die Kfz-Branche. Hier geht es um Bremsflüssigkeit, deren Erneuerung eine Standardaufgabe darstellt. Laut Chemiespezialist BASF sind das Bestandteile moderner Bremsflüssigkeiten:

Polyglykoläther, Glykole und Polyglykole, Letztere als Schmiermittel, sind Bestandteile von DOT-3-Flüssigkeit.

Bei DOT-4- und -5.1-Flüssigkeiten kommt Polyglykoletherborsäureester hinzu.

Irreführende Nomenklatur: DOT 5

Bremsflüssigkeit mit der Bezeichnung DOT 5 basiert auf einer Silikonflüssigkeit, ist nicht mit anderen Bremsflüssigkeiten mischbar und kommt nur bei speziellen Anwendungen zum Einsatz (US-Army, Harley-Davidson).

Obwohl die bei 3 beginnende Nomenklatur vermuten lässt, dass es auch Bremsflüssigkeiten mit den Bezeichnungen DOT 2, DOT 1, ja vielleicht sogar DOT 0 gab, sind diese bei BASF nicht bekannt. Vielmehr weist man in Ludwigshafen auf die Anfänge der Bremsflüssigkeitsentwicklung hin: "Zu Beginn der Entwicklung hydraulischer Bremsen (um das Jahr 1920) wurden Bremsflüssigkeiten aus Alkoholen und pflanzlichen Ölen (zum Beispiel Rizinusöl) verwendet."

Weiter nach künftigen Entwicklungen befragt, ist die Antwort eindeutig: "Niedrigere Viskositäten und höhere Nasssiede-punkte sind gefragt. Deshalb wurde eine neue Anforderungsgruppe in der Spezifikation ISO 4925 definiert. Dabei handelt es sich um die Gruppe 6." Ihre Eckpunkte lauten wie folgt:

Siedepunkt mind. 250 °C

Nasssiedepunkt mind. 165 °C

Viskosität (gemessen bei -40 °C) max. 750 mm /s

Hintergrund dieser Entwicklung und An-forderungsgruppen-Erweiterung ist der Einsatz elektronischer Stabilitätsprogram-me (ESP) über alle Fahrzeugklassen hin-weg, was bereits seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre der Fall ist. Seither kommt es bei Bremsflüssigkeiten neben Wechselintervall, (Trocken-)Siedepunkt und Nasssiedepunkt auch auf die Viskosität an. Sie muss möglichst niedrig, die Bremsflüssigkeit somit dünnflüssig sein, um kurze Reaktionszeiten des ESP zu ermöglichen. Technisch erklärt sich diese Notwendigkeit durch die ESP-Hydraulikaggregate, die eine Vielzahl feiner Kanäle und Bohrungen aufweisen. Werden diese mit konventioneller, also vergleichsweise hochviskoser Bremsflüssigkeit befüllt, verlängert sich die ESP-Reaktionszeit.

DOT 4 und ISO 4925, Klasse 6

Weil nicht selten Millisekunden über Gesundheit und Leben von Fahrzeuginsassen entscheiden, befüllen bereits einige Hersteller ihre Fahrzeuge ab Werk mit Bremsflüssigkeit, die neben DOT 4 auch der ISO-Norm 4925, Klasse 6, entspricht. Seit etwa zwei Jahren ist diese Flüssigkeit auch im Ersatzteilmarkt verfügbar.

Vereinzelt wurden bereits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre Fahrzeuge mit ESP ausgeliefert, weshalb die Frage, warum die niedrigviskose Bremsflüssigkeit erst relativ spät den Weg in den Ersatzteilmarkt fand, berechtigt erscheint. Die Antwort lieferte Horst Dieter Klaus, technischer Trainer im Kundendienst von Continental Teves (ATE) in asp 2/2006: "Kurze ESP-Reaktionszeiten lassen sich nicht nur mittels niedrigviskoser Bremsflüssigkeit realisieren. In den frühen Jahren des ESP wählten viele Automobilhersteller und Zulieferer den Weg, einen Vordruck im System aufzubauen, was per Pumpe oder Bremsassistent möglich ist. Für die meisten modernen ESP-Systeme griffen die Entwickler jedoch zu besonders niedrigviskoser Bremsflüssigkeit wie unserer ATE SL.6." Die Viskosität dieser Bremsflüssigkeit beträgt maximal 700 mm /s, gemessen bei minus 40 Grad Celsius. Zum Vergleich: Die Viskosität der ATE-Bremsflüssigkeiten SL und Typ 200, die beide ebenfalls DOT 4 entsprechen, liegt exakt doppelt so hoch (vgl. Tabelle rechts).

Die Realisierung dieser niedrigen Vis-kosität brachte geringfügige Einbußen beim Nasssiedepunkt mit sich (175 statt 180 Grad Celsius wie bei der Vorgänger-Bremsflüssigkeit Super DOT 4), für Fahrzeuge mit ESP erscheint jedoch eine niedrige Viskosität wichtiger als ein höherer Nasssiedepunkt.

Hygroskopie und andere Punkte

Für Kundenberater in Werkstätten und Autohäusern wichtig ist die Antwort auf die Frage nach der Alterung von Bremsflüssigkeit. Hygroskopie (Wasseraufnahme) ist nur einer von mehreren Punkten, was BASF bestätigt: "Bremsflüssigkeiten altern durch Sauerstoffzufuhr, metalli-schen und Gummiabrieb, hohe Betriebs-temperaturen und Wasseraufnahme."

Maßstab für die Alterung und somit für die erforderliche Erneuerung ist der Wassergehalt, der jedoch nicht direkt, sondern indirekt gemessen wird. Ein Wassergehalt-Tester, wie er oft angeboten wird, ist zwar besser als gar kein Tester, doch zur Beurteilung des Testergebnisses muss der Bremsflüssigkeitstyp bekannt sein. Dazu Horst Dieter Klaus: "Während ein Wassergehalt von zwei Prozent für DOT-4-Bremsflüssigkeiten noch relativ unproblematisch erscheint, wird es bei DOT-3-Flüssigkeiten höchste Zeit für die Erneuerung. Beim Siedepunkt sind Tem-peraturen unterhalb 180 Grad Celsius generell kritisch." BASF bestätigt: "Die Siedepunktermittlung ist die einzig richtige Methode zur Überwachung der Qualität von Bremsflüssigkeiten."

Die 180-Grad-Celsius-Schwelle ergibt sich aus der Tatsache, dass die Probe aus dem Ausgleichsbehälter entnommen wird, die tatsächlich relevanten Orte aber die Radbremsen sind. Dort liegt der Siedepunkt der Bremsflüssigkeit erfahrungsgemäß rund 30 Grad niedriger als im Ausgleichsbehälter. Beträgt der Siedepunkt der Bremsflüssigkeit an den Rad-bremsen 150 Grad Celsius oder weniger, kann es zu siedender Bremsflüssigkeit und somit zu Dampfblasenbildung kommen. Dampf ist komprimierbar, was den Bremsdruckaufbau erschwert oder verhindert.

Peter Diehl

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