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Lenksysteme: Richtungsweisend

22.03.2018 11:00 Uhr
Lenksysteme: Richtungsweisend

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Sein erstes 12-Volt-EPS (elektromechanisches Lenksystem) stellte das US-Unternehmen Nexteer Automotive bereits 1999 vor. Im Januar dieses Jahres fertigte der mittlerweile größte Anbieter in Nordamerika und international auf dem dritten Platz geführte Hersteller für Lenksysteme sein 50-millionstes EPS. Die Lenksysteme kommen in den USA in neun von zehn Lkw und in Europa in jedem vierten Kleinwagen zum Einsatz. Rund 13.000 Mitarbeiter sind in 21 Produktionsstätten, fünf regionalen Entwicklungszentren und zehn Kundenzentren in Nord- und Südamerika, Europa und Asien beschäftigt. Zu den Nexteer-Kunden zählen BMW, Fiat, Chrysler, Ford, GM, PSA, Toyota und VW sowie Automobilhersteller in Indien und China. So finden sich Nexteer-Lenksysteme beispielsweise im Mini, 1er BMW oder i3, im Fiat 500 oder in den Opel-Modellen Adam und Corsa. Der europäische Markt wird derzeit durch zwei Produktionsstätten in Tychy und Gliwice in Polen abgedeckt, Kundenservice-Zentren finden sich unter anderem in Rüsselsheim und München.

Software immer komplexer

Ebenfalls im Werk Tychy ist das Forschungs- und Entwicklungszentrum unter der Leitung von Rüdiger Hiemenz angesiedelt, der auch die Leitung der Kundenservice-Zentren verantwortet. "Zusätzlich zu den bisherigen 190 Entwicklungsingenieuren habe ich jetzt die Freigabe für weitere 42 Ingenieure erhalten", sagt Hiemenz.

Besonders stolz ist man auch auf die durch den Einsatz der elektromechanischen Lenksysteme erzielten Kraftstoffeinsparungen. Im Vergleich zu hydraulischen Systemen reduziert sich laut Hersteller der Verbrauch um sechs Prozent und spart bis zu acht Gramm CO2 pro Kilometer. Steve Spicer, Vize-Präsident der weltweiten EPS-Produktlinie, betont außerdem, dass die EPS-Systeme als Gateway-Technologie eines der zentralen Elemente des autonomen Fahrens (ADAS) darstellen: "Sie ermöglichen Fahrerassistenzfunktionen wie Spurhalten, Parkassistenz, aktive Lenkungsrückstellung, Stauassistent und mehr. Schlussendlich werden EPS-Systeme dazu beitragen, den Weg für zukunftsweisende Sicherheits-Features in halbund vollautonomen Fahrmodi zu ebnen", so Spicer. Darüber hinaus ermöglicht EPS auch, über die Softwaresteuerung das Fahrgefühl am Lenkrad dem gewünschten Markenerlebnis des jeweiligen OEM anzugleichen. Die eingesetzte Software wird dadurch immer komplexer. So benötigt ein aktuelles, serienmäßiges Nexteer-EPS-System 4,3 Millionen Code-Zeilen, ein zukünftiges Steer-by-Wire-System für das autonome Fahren ab Level 3 sogar 13,5 Millionen Code-Zeilen. Zum Vergleich: Das erste Space-Shuttle musste mit rund 400.000 Code-Zeilen auskommen.

Redundanz notwendig

Aktuell werden bei Nexteer an den europäischen Standorten vier verschiedene EPS-Systeme hergestellt. Das kostengünstige "Column EPS" kommt vor allem in Kleinwagen zum Einsatz. Hier sind die elektronischen Komponenten Antrieb, Steuerung und Sensoren direkt an der Lenksäule angebracht. Bei den sogenannten "Single/Double Pinion"-Systemen greift das EPS am Übergang von der Zwischenwelle zur Zahnstange, wo ein Elektromotor die Handkräfte vom Fahrer am Ritzel verstärkt. Das "Rack EPS" wurde für große und schwere Fahrzeuge, Transporter und Lkw entwickelt. Hier sitzt der Motor parallel zur Zahnstange und treibt diese über einen Kugeltrieb per Zahnriemen an.

Die Zukunft der Lenkung liegt jedoch im autonomen Fahren, das durch Steerby-Wire- beziehungsweise Steer-on- Demand-Systeme ermöglicht wird. Die Sicherheit der EPS-Systeme wird durch redundante, also doppelte Ausführung der wichtigsten Bauteile, wie Sensoren, Steuereinheiten oder Antriebe, gewährleistet. So verfügen die Antriebe über eine doppelte Wicklung, so dass im Falle eines Kurzschlusses in einer Wicklung eine Reserve zur Verfügung steht und die Lenkkräfte weiter unterstützt. Die Systeme sind, wie auch vom Gesetzgeber gefordert, so ausgelegt, dass sie im Falle eines Ausfalls ihre Grundfunktion, die Lenkbarkeit des Fahrzeuges, beibehalten. "Wir warten darauf, dass der Gesetzgeber die rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich der Sicherheit der Systeme exakt definiert und rechnen mit einer Markteinführung für das Jahr 2022", blickt Rüdiger Hiemenz in die nahe Zukunft.

Kurzfassung

Elektromechanische Lenksysteme (EPS) haben deutliche Vorteile gegenüber hydraulischen Lenkungen. Nexteer Automotive als weltweiter Anbieter entwickelt seine Systeme kontinuierlich weiter in Richtung autonomes Fahren.

Interview: "Die Reparatur wird einfacher"

asp: Sind elektromechanische Lenksysteme oder Teile davon reparabel oder ist immer ein Austausch nötig?R. Hiemenz: Letztlich ist es eine Herstelleranforderung, welche Teile sich reparieren lassen und welche als Ganzes ausgetauscht werden müssen. Ein typischer Fall für ein Reparaturteil ist die Spurstange, die beispielsweise durch Bordsteinkontakt verbiegen kann. Die elektrischen Systeme hingegen lassen sich im Servicefall, der etwa bei Ausfall eines Sensors gegeben sein kann, in der Regel nur als Ganzes austauschen.asp: Warum gibt es kaum Reparaturlösungen?R. Hiemenz: Jede bei uns gefertige Lenkung wird abschließend einem umfangreichen Systemtest unterzogen. Dabei wird jede Einzelfunktion, ob elektrisch, mechanisch oder logisch, geprüft. Das fordern die Kunden von uns. Im Falle einer Reparaturlösung wäre diese Sicherheit nicht mehr gegeben.asp: Ein Austausch kann sich aber schon auf einzelne Komponenten beschränken?R. Hiemenz: Natürlich kann jedes abgeschlossene System einzeln getauscht werden, beispielsweise die Lenksäule, die Zwischenwelle oder das Lenkgetriebe, wenn es durch einen Parkrempler Schaden genommen hat.asp: Welche Anzeichen für eine Fehlfunktion, etwa durch Verschleiß, kann es geben?R. Hiemenz: Einen Ausfall der Lenkung durch Verschleiß darf es per se nicht geben. Verschleiß kann aber beispielsweise Geräusche verursachen, die aber nicht sicherheitsrelevant sind. So kann Verschleiß zu einem Knacken in der Zwischenwelle oder Klappern im Lenkgetriebe führen. Andere Defekte sind verbogene Spurstangen. Der schlimmste spontane Defekt wäre ein kompletter Systemausfall. Das spürt man durch erhöhte Handkräfte, die dann nötig werden - vor allem im Stand. Das Fahrzeug wäre aber immer noch lenkbar.asp: Braucht eine Werkstatt Spezialwerkzeuge oder -kenntnisse und gibt es Schulungen?R. Hiemenz: Spezialwerkzeuge braucht sie nicht, ein Austausch von Bauteilen sollte von jedem Mechaniker, bei elektrischen Bauteilen Mechatroniker, durchgeführt werden können. Schulungen werden über die Hersteller angeboten, die wir bei der Erstellung der Unterlagen unterstützen. Im Vergleich zu hydraulischen Lenksystemen ist die Arbeit eher einfacher geworden.Rüdiger Hiemenz, Executive Director Engineering bei Nexteer für Europa und Südamerika

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