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Frontal-Crash

18.02.2008 12:02 Uhr
Frontal-Crash

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Ölwechsel überflüssig?

Schmierstoffproduzenten und Werkstätten würden Autofahrer abzocken, denn der regelmäßige Wechsel des Motoröls sei überflüssig, wurde in der ZDF-Sendung Frontal21 vom 8. Januar 2008 behauptet. Wie geht man als seriöser Werkstattprofi mit verunsicherten Kunden um? Eine Richtigstellung.

Fernsehmacher sind nicht zu beneiden. Längst hat die Quantität – sprich die Einschaltquote – den ursprünglichen Maßstab Qualität am Bildschirm abgelöst. Zur Erzielung einer möglichst hohen Einschaltquote scheint nahezu jedes Mittel recht. Inzwischen gilt das leider auch für Rundfunkanstalten des Öffentlichen Rechts wie das ZDF. In des-sen Sendung Frontal21 vom 8. Januar 2008 ging es u. a. um das Thema Motoröl. Nicht etwa um teure und im besten Fall wir-kungslose Additive, wie bei manch anderen Sendern, sondern um die Notwendigkeit des Ölwechsels. Fazit der Sendung: Ölwechsel sei technisch überflüssig, fülle nur die Kassen der Schmierstoffproduzenten und Werkstätten. Seit rund zehn Jahren gäbe es ein Lifetime-Motoröl, mit denen einige Autos inzwischen mehrere 100.000 Kilometer zurückgelegt hätten. Haben Werkstätten und Autohäuser eine wichtige Entwicklung verpasst?

Lifetime-Öl? Wunschgedanke.

Keineswegs. Lifetime-Motoröle existieren nach wie vor nicht, und dass die Motoren – angeblich – noch immer ihren Dienst tun, ist vermutlich mehreren glücklichen Begleitumständen zu verdanken.

Warum kann es kein Lifetime-Motoröl geben? Die Antwort sollte sich jeder Kfz-Mechaniker herleiten können. Motoröle, insbesondere die heutigen Hochleistungsöle, sind Konstruktionselemente, die sich aus dem meist synthetischen Basisöl und zahlreichen Additiven zusammensetzen, deren Anteil bis zu ein Viertel der gesamten Ölmenge ausmachen kann. Additive – das sind u. a. Viskositätsindexverbesserer, Dispersants, Detergentien, Anti-Ver-schleiß- und Anti-Oxidations-Additive – unterliegen mechanischen, thermischen und chemischen Alterungsprozessen, die Lifetime-Befüllungen ausschließen.

Das ZDF als Opfer oder Täter?

Wie aber kommen solche fragwürdigen Produkte ins Fernsehen? Ganz einfach: Fernsehredakteure sind selten Fachleute auf ihrem jeweiligen Gebiet. Unseriöse Anbieter nutzen diese Tatsache aus und verschicken "Informationen", die bei den Redakteuren Neugier und Gedanken an die womöglich erzielbare Einschaltquote wecken sollen. Allerdings funktioniert das nicht oft – pro Redakteur genau einmal.

Ob das auch hier vollständig zutrifft, ist jedoch fraglich. Bei der Lektüre des Sendungsmanuskripts, aus dem Internet ladbar über die Adresse www.frontal21.de, kommen Zweifel auf, konkret bei der Befragung von Helmut Blümer, Pressesprecher des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Blümer gibt offen und ehrlich Auskunft zu den Hintergründen wie Erlös und Kunden-bindung sowie zur Finanzierungspraxis der Ölanbieter. Ganz so, als ob er genau danach statt zu Sinn oder Unsinn des Ölwechsels befragt wurde. Den aufkommenden Gedanken an vorsätzliches Han-deln bestätigt ZDK-Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Koblitz: "Die offenbar vorgefasste Absicht der Redakteure, den Ölwechsel als technisch überflüssigen Kassenfüller für Schmierstoffhersteller und Werkstätten darzustellen, wurde Herrn Blümer gegenüber nicht offenbart. Folglich hat man ihn auch nicht hierzu, sondern lediglich zu wirtschaftlichen Aspekten befragt. ... Ich würde zögern, dies als seriösen Journalismus zu bezeichnen."

Bezug nehmend auf die Aussage der Sendung, man könne auf den Wechsel des Motoröls verzichten, ergänzt der ZDK-Hauptgeschäftsführer: "Mit dieser Art von Logik könnte man dem Zuschauer allerdings auch russisches Roulette ans Herz legen, bei dem ja bekanntlich rein statis-tisch betrachtet fünf von sechs Spielern kein Haar gekrümmt wird." Beim Motoröl-Roulette dürfte dieses Verhältnis zu-mindestens umgekehrt sein.

Wie wird eigentlich das Ölwechselinter-vall für einen bestimmten Motor einer bestimmten Modellreihe festgelegt? Das erfolgt stets nach dem gleichen Prinzip, und zwar auf der Basis von Erfahrungen zu den durchschnittlichen Betriebsbedingungen, die je nach Modellreihe und Motorisierung variieren können. Auf diese Weise kam es auch im Jahr 1999 bei Audi, Skoda und VW zu den flexiblen Service- und Ölwechselintervallen. Für erschwerte Betriebsbedingungen (Kurzstreckenfahrten, Anhängerbetrieb, häufige Volllastphasen usw.) gelten meist kürzere Intervalle, nachzulesen in den Betriebsanleitungen der Fahrzeuge.

Verdoppelte Wechselintervalle

Zurück zur ZDF-Sendung. Wie begegnet man hierdurch verunsicherten Autofahrern? Am besten mit technisch korrekten und nachvollziehbaren Argumenten, wie sie im Infokasten "Warum Ölwechsel?" auf Seite 12 zusammengefasst sind.

Diesbezüglich hilfreich erscheint auch eine Aussage der Schmierstoffspezialisten von Castrol: "Trotz stark gestiegener An-forderungen und immer höherer Leistungen verdoppelten sich in den vergangenen zehn Jahren die Wechselintervalle. Denn Motoren- und Schmierstoff-Technologien entwickeln sich permanent weiter. Bei Getriebeölen sind heute so genannte Lifetime-Füllungen von rund 200.000 Kilometern durchaus üblich. Das sind jedoch geschlossene Systeme, in die keine Verunreinigungen eindringen können."

Hinzu kommt diese rechtliche Argumentation: Wer auf Ölwechsel verzichtet, verzichtet auch auf Gewährleistungs- und Garantieansprüche. Peter Diehl

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