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You drive me crazy

20.12.2013 12:02 Uhr

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Elektromechanische Parkbremse (EPB)

Inzwischen besitzt eine Vielzahl von Pkw elektromechanische Parkbremsen (EPB). Jüngster Zulieferer ist Continental, dessen EPB mittels Crazy-Driver-Funktion sogar mit dem Schalter spielende Fahrer erkennt. Dieser Artikel bietet eine Übersicht zu den EPB-Varianten und geht zudem auf die Prüfbarkeit auf unterschiedlichen Prüfstandskonzepten ein.

Als zu Beginn der 2000er Jahre die ersten elektromechanischen Parkbremsen (EPB) aufkamen, hatte man es durchweg mit Fahrzeugen der Oberklasse zu tun. Heute reicht das Einsatzgebiet der EPB bis in die Kompaktklasse. Die automatische Parkbremse hat zweifellos Vorteile, allerdings nicht nur. So bieten sich in jedem Fall im Fahrgastraum und bei Vollintegration in die Radbremsen auch am Unterboden neue Freiheiten, zudem verhindert die Automatisierung Schäden durch Nichtbenutzung. Hinzu kommen Sicherheits- und Komfortfunktionen, möglich durch Vernetzung mit anderen Fahrzeugsystemen. Die Nachteile der EPB im Vergleich zu ihrem mechanischen Vorgängersystem sind Kontrollverlust des Fahrers, längere Schließ- und Öffnungszeit, Funktions-fixierung bei Spannungsausfall und höhere Herstellungskosten. Bert Lembens, Leiter Continental Sales Service Aftermarket, ist sich aber sicher, „dass die EPB durch zunehmende Verbreitung unter dem Strich schon bald weniger kosten wird als ein mechanisches System“.

Betrachtungen der Vor- und Nachteile beziehen sich meist auf Hersteller und Endverbraucher. Dass Werkstätten ebenfalls betroffen sind und häufig mit Nachteilen zu kämpfen haben, geht oftmals unter. In Fall der EPB lauten die werkstattspezifischen Nachteile:

zum Teil deutliche Unterschiede bei Aufbau und Funktion erfordern spezifische Weiterbildung und aufwän-dige elektronische Diagnose

Systeme ohne Prüfstandserkennung sind auf Einachs-Rollenbremsenprüfständen durch ihr sofortiges Schließen nur sehr grob prüfbar

Gleiches gilt für Systeme mit Prüfstandserkennung auf Einachs-Rollenbremsenprüfständen mit niedriger Prüfgeschwindigkeit (vgl. Kurzinterview „Vier Fragen an...“ mit Jürgen Bönninger von FSD auf Seite 12)

Funktionsübergabe an die Betriebsbremse bei rollendem Fahrzeug macht die dynamische EPB-Prüfung auf Plattenbremsenprüfständen unmöglich; ob die statische Prüfung (Fahrzeug auf den Platten abstellen, EPB schließen und Fahrzeug schieben oder ziehen) sinnvoll ist, muss jeder Werkstattinhaber selbst entscheiden

bei Spannungsausfall oder Defekt zum Teil aufwändiges mechanisches Lösen der Bremsbeläge nötig

Bremsbelagerneuerung, abhängig von der EPB-Variante, nur mit Einsatz von Spezialwerkzeug und/oder Diagnose-equipment möglich

Erklärung deutlich höherer Reparatur-kosten gegenüber Kunden (Ersatz der Baugruppe statt eines Einzelteils)

Sieht man von den wenigen Fällen der Pedalbetätigung ab, sind mechanische Parkbremsen (Handbremsen) identisch aufgebaut. Anders die EPB, bei der grob drei Varianten unterschieden werden.

Beim so genannten Cable-Puller-System handelt es sich, vereinfacht ausgedrückt, um eine elektrifizierte Seilzug-betätigung. Ein zentral positionierter Elektromotor mit Untersetzung spannt die Seilzüge, welche auf Trommel- oder Scheibenbremsen (Kombisattel) wirken. „Nach Arbeiten an solchen Kombisätteln müssen vor EPB-Betätigung unbedingt Grundeinstellungen an den Sätteln erfolgen, sonst blockieren die Spindeln in den Spindelmuttern“, warnt Bert Lembens. Und: „Wir raten vom Öffnen der Motoreinheit, zum Beispiel zur Erneuerung der Seilzüge, ab, weil dann die Dichtheit nicht mehr sichergestellt ist.“

Wartungs- und Prüfstandsmodus

Die „hohe Schule“ der elektromechanischen Parkbremse ist das so genannte Motor-on-Caliper-System. An jedem Hinterachs-Bremssattel sitzt eine Betä-tigungseinheit (Elektromotor mit Untersetzung, auch Direktaktuator genannt). Ein solches System besitzt meist einen Wartungsmodus, der über Diagnosetester oder Bordelektronik aktiviert wird. In einigen Fällen kommt ein Prüfstandsmodus (stufenweise Betätigung nach Erkennen der Prüfstandssituation) hinzu.

Die Elektro-Trommelbremse funktioniert nur in Kombination mit in den Töpfen der hinteren Scheibenbremsen integrierten Trommelbremsen (engl. Drum in Hat). Auch hier wird die Klemmkraft über direkt an den Radbremsen sitzende E-Motoren mit Untersetzung erzeugt.

Wichtig bei allen drei Varianten: Bevor man Hand an sie anlegt, muss man ihre Besonderheiten – sprich die Serviceanleitungen der Automobilhersteller und/oder Zulieferer – kennen.

Jüngster Zulieferer: Continental

Bekannte Entwickler und Hersteller von EPB-Systemen sind Brose, Küster und TRW. Zuletzt kam Continental mit Systemen u. a. für VW Golf VII und Ford Mondeo (ab Modelljahr 2013) hinzu. Es handelt sich um das Prinzip Motor-on-Caliper mit zweistufigen Schneckengetrieben als Betätigungseinheiten sowie zwei Besonderheiten. Statt eines separaten Steuergeräts ist die EPB-Steuerung in das ESP-Steuergerät integriert, was Herstellungskosten spart und den von den Automobilherstellern gewünschten Vorteil bietet, Komponenten verschiedener Zulieferer zu nutzen. Die EPB-Steuerung besitzt die Funktion „Crazy Driver“, die Bert Lembens wie folgt erklärt: „Wenn der Fahrer bei Fahrzeugstillstand 15 bis 20 mal die Parkbremse schließt und löst, erkennt das System dieses Spiel mit dem EPB-Schalter und wechselt in den Ruhemodus – so funktioniert die Erkennung bisher. Die jüngste Systemgeneration rechnet auf Basis von Umgebungstemperatur und Zahl der Betätigungszyklen die Systemtemperatur hoch und wechselt in den Ruhemodus, sobald eine definierte Temperaturschwelle überschritten ist. Nach einer ebenfalls definierten Zeitspanne schaltet das System wieder in den Betriebsmodus. Hintergrund der Crazy-Driver-Funktion ist der Schutz des Systems vor Überhitzung durch zahlreiche aufeinander folgende Betätigungen.“

Weiterbildungskonzept

Wichtig: Die Erstausrüstung von Pkw mit elektromechanischen Parkbremsen wird bei Continental von einem umfassenden Weiterbildungskonzept begleitet. Aufbau und Funktion der verschiedenen EPB-Varianten werden erklärt, auf deren Besonderheiten bei Service und Reparatur hingewiesen und Tipps für Arbeiten an den Systemen gegeben. Etwa diesen Tipp (Zitat Bert Lembens): „Unabhängig vom Hersteller der jeweiligen EPB empfehlen wir die Nutzung von originalen Spezialwerkzeugen. So genannte Umgehungs-lösungen sind uneffektiv, unsicher und funktionieren, wenn überhaupt, nur bei einer einzigen EPB-Variante und/oder Fahrzeugbaureihe.“ Ist die interessierte Werkstatt kein Partner des Detail-Werkstattkonzepts ATE-Bremsencenter, kann sie sich alternativ über den Ersatzteilgroßhandel zur Weiterbildung einladen und anmelden lassen. Peter Diehl

Alphabetisch geordnet

Automatic Parking Brake (APB)

Electric Parking Brake (EPB)

Elektrische Feststellbremse (EFB)

Elektrische Parkbremse (EPB)

Elektromotorische Feststellbremse (EMF)

ATE-Bremsencenter

Zulieferer Continental erweitert die Möglichkeiten der ATE-Bremsencenter. Ab 2014 sind die Produktbereiche VDO Elektronikbauteile und VDO Dieselreparaturservice in das Detail-Werkstattkonzept integrierbar. Das Konzept ist nunmehr modular aufgebaut, das heißt, jeder Partner kann sich die Produktbereiche auswählen und ggf. beim Produktbereich Bremsen verbleiben. „In jedem Fall stärken wir den Werkstätten als kompetenter Partner mit einem breiten Leistungsspektrum den Rücken – und geben ihnen die Möglichkeit, sich dem Autofahrer als Spezialist der jeweiligen Bereiche zu präsentieren“, erklärt Bert Lembens, Leiter Sales Service Aftermarket bei Continental. Die Konzepterweiterung umfasst auch die Themen Support inklusive Hotlineservice, Weiterbildung und Außengestaltung. Detailinformationen im Internet:

www.ate.de/bremsencenter

Kurzinterview

Jürgen Bönninger, Geschäftsführer der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH (www.fsd-web.de). Das 2004 von Prüforganisationen gegründete Non-Profit-Unternehmen entwickelt Prüftechniken und -vor-gaben für Hauptuntersuchung (HU) und Sicherheitsprüfung (SP).

Die HU-Bremsenrichtlinie sollte auch deshalb überarbeitet werden, um Fahrzeuge mit elektromechanischer Parkbremse (EPB) fachmännisch und mit reproduzierbaren Ergebnissen prüfen zu können. Leider findet sich keine diesbezügliche Formulierung im Richtlinientext.

Die rechtliche Grundlage für die fachmännische Überprüfung der elektromechanischen Feststellbremsen wurde bereits 2006 mit der 41. Verordnung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften geschaffen. Damals wurde die Systemdaten-Prüfung (jetzt Vorgaben-Prüfung) für elektronisch geregelte sicherheitsrelevante Fahrzeugsysteme eingeführt. Damit wurden dem Prüfer individuelle Vorgaben für den Verbau und die Prüfung dieser Systeme zur Verfügung gestellt. Bei der Überarbeitung der HU-Bremsenrichtlinie (2012) wurde unter anderem der Umfang der Prüfung von Bremsanlagen um die Vorgaben-Prüfung erweitert (siehe Punkt 3 der HU-Bremsenrichtlinie).

Vermutlich fasst die FSD als zentrale Stelle die individuellen Prüfvorgaben zusammen und gibt sie zumindest an Prüforganisationen weiter.

Richtig, seit April 2006 stellt die FSD als zentrale Stelle den einzelnen Prüfingenieuren fahrzeugindividuelle Vorgaben zur Verfügung. In den Vorgaben werden typ-spezifische Prüfmöglichkeiten beschrieben, ob zum Beispiel eine Prüfstandserkennung implementiert ist und wie der Prüfer den aktiven Prüfstandsmodus feststellen kann. Darüber hinaus werden Hinweise gegeben, wie hoch die Links-Rechts-Abweichung beim jeweiligen System sein darf: Bei Systemen, die nicht während der Fahrt wirken, darf die Abweichung der Kräfte zwischen links und rechts bis zu 95 Prozent betragen, ansonsten 50 Prozent. So ist zum Beispiel der aktuelle VW Passat mit einer Prüfstandserkennung ausgestattet. Da dieser ab einer Geschwindigkeit von über 7 km/h beim Betätigen des EMF-Tasters nicht über die elektromechanische Aktuatorik bremst, sondern hydraulisch, darf die Links-Rechts-Abweichung 95 Prozent betragen. Beim Renault Laguna hingegen gibt es keine Prüfstandserkennung und die Links-Rechts-Abweichung darf nur 50 Prozent betragen; in jedem Fahrzustand wirkt die EMF elektromechanisch.

Wie gelangen diese Prüfvorgaben, möglichst gebündelt, zu Werkstätten, vor allem zu solchen ohne Marken- oder Systembindung, damit diese z. B. eine Kaufentscheidung bezüglich Bremsenprüfständen treffen können?

Die Wirkungsprüfung der verschiedenen Feststellbremssysteme kann auf allen zur Durchführung der Hauptuntersuchung zugelassenen Bremsprüfständen erfolgen. Einer Kaufentscheidung sollten nicht zuletzt auch andere Kriterien zugrunde liegen, wie die Frage nach einem Allradmodus oder den Gewichtsklassen.

Apropos: Um Fahrzeuge mit Allradantrieb auf Einachs-Rollenbremsenprüfständen prüfen zu können, existieren Prüfstände mit der Option „geregelter Gegenlauf“ und Prüfstände mit abgesenkter Prüfgeschwindigkeit. Eignen sich Letztere auch für Fahrzeuge, deren EPB über eine Prüfstandserkennung verfügt? Die Prüfstandserkennung benötigt eine Mindestprüfgeschwindigkeit, die von den genannten Prüfständen womöglich unterschritten wird.

Ja, Prüfstände mit abgesenkter Prüfgeschwindigkeit eignen sich grundsätzlich auch für Fahrzeuge, deren EMF über eine Prüfstandserkennung verfügt. Allerdings wird auf solchen Prüfständen womöglich tatsächlich die Prüfstandssituation nicht erkannt. Nehmen wir als Beispiel einen VW oder Audi mit EMF, der in den Rollensätzen eines kombinierten Pkw-/Lkw-Prüfstands steht: Die Prüfstandserkennung reagiert ab 2,5 km/h, während der Prüfstand nur 2,3 km/h dreht. Folglich schließt die EMF sofort und die Blockiergrenze wird erreicht, was in diesem Fall für eine Positivbewertung der Feststellbremsfunktion aber auch genügt.

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