Der zuständige EU-Industriekommissar Antonio Tajani hat im Zusammenhang mit dem Kältemittel-Streit erstmals offiziell von der Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens gesprochen. "Einzig aufgrund der Lieferschwierigkeiten bei HFO-1234yf hat sich die Kommission bereit erklärt, bis zum 31. Dezember 2012 von der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren abzusehen, wenn weiterhin das Kältemittel R134a in der Automobilherstellung verwendet wird", erklärte er in einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage des österreichischen Europaparlaments-Abgeordneten Jörg Leichtfried (SPÖ).
Allerdings betonte er auch, dass vorläufige Untersuchungsergebnisse der zuständigen Behörden bestätigt hätten, dass hinsichtlich des umstrittenen Kältemittels R-1234yf "ernsthafte Risiken" bestünden. Leichtfried ließ in seiner Pressemitteilung Zweifel daran durchblicken. So habe sich General Motors gegenüber einem US-Fachmagazin ausdrücklich für die weitere Verwendung des neuen Kältemittels, das seit Jahresbeginn in allen nach dem 1.1.2011 typgenehmigten Fahrzeugen eingefüllt sein müsste, ausgesprochen. Dies verursache lediglich Mehrkosten von 75 US-Dollar pro Fahrzeug.
Auch ein Sprecher von PSA trat gegenüber "Spiegel Online" für R-1234yf ein: "Wir halten das neue Kältemittel für sicher. Das Risiko, von dem Daimler offenbar betroffen ist, besteht in unseren Autos nicht." Dagegen forderte der ADAC in einem Ende Dezember veröffentlichten Positionspapier betroffene Autohersteller auf, "öffentlich mit einem authentischen Real-Life-Prüfverfahren die Brandsicherheit für jedes Fahrzeugmodell unter Beweis zu stellen." Eine ähnliche Anweisung hatte das Kraftfahrt-Bundesamt im vergangenen November an einige Autohersteller versandt.
Erneute Forderung nach CO2-Klimaanlage
Der ADAC wiederholte in dem Statement seine Forderung, wonach Klimaanlagen mit dem Kältemittel CO2 (R744) zügig weiterentwickelt werden sollten. "Die effektiven Kosten für den Autofahrer bewegen sich bei Klimaanlagen mit R1234yf und R744 auf etwa gleichem Niveau", so der Club. Zahlreiche Entwickler bei den Autoherstellern gehen aber nach asp-Informationen zumindest in der Anfangsphase der Neueinführung von erheblichen Zusatzkosten pro Fahrzeug aus.
Zudem gibt es in den USA seit Juni 2012 nur eine eingeschränkte Zulassung für dieses Kältemittel: So fordert die US-Umweltschutzagentur (U.S. Environmental Protection Agency), dass im Fall eines Entweichens des Kältemittels in den Fahrzeuginnenraum zuverlässig funktionierende Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die dafür sorgen, dass der CO2-Anteil in der Atemluft der Passagiere auch kurzfristig vier Prozent nicht übersteigt.