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Gleichheitsgrundsatz

16.04.2010 12:02 Uhr

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RCAR-Bumper-Test

Aufwändige Stoßfängersysteme mit Crashboxen sind seit Jahren üblich. Ein neuer, seit Jahresbeginn bei Typklassifizierungsverfahren angewandter Zusatz-Crashtest soll Autobauer nun animieren, die Stoßfängerhöhen anzugleichen.

Seit 1. Januar 2010 hat das Pkw-Typklassifizierungsverfahren einen weiteren Bestandteil: den Bumper-Test, auch RCAR- oder AZT-Bumper-Test genannt. AZT, weil das Allianz Zentrum für Technik federführend wirkte. RCAR steht für Research Council for Automobile Repairs, ein internationaler Verbund von diesbezüglichen Forschungsinstituten.

Und darum geht es beim Bumper-Test: Aus der ursprünglichen außen liegenden Stoßstange entstand im Lauf der Jahre ein System aus Längs- und Querträgern, An-schub-, Krafteinleitungselementen, Crashboxen und so genanntem Stoßfänger, der aber nur noch eine Verkleidung des Sys-tems darstellt. Jüngste „Zugabe“ sind die Elemente des Fußgängerschutzes, also Energie absorbierende und abstützende Teile. Kollidieren zwei Fahrzeuge, können deren Stoßfängersysteme ihre erwartete Wirkung aber nur dann entfalten, wenn sich die crashrelevanten Bauteile auf an-nähernd gleicher Höhe befinden. Genau hieran mangelte es in der Vergangenheit und hierauf zielt der Bumper-Test ab. Auf vergleichbarer Höhe befindliche Crash-elemente sorgen dafür, dass bei niedriger Geschwindigkeit das gegnerische Fahrzeug von teureren Bauteilen fern gehalten und bei höherer Geschwindigkeit die Aufprallenergie in die dafür vorgesehene Struktur abgeleitet wird. Kurzum: Treffen sich die Stoßfängersysteme nicht, entsteht ein deutlich ausgeprägteres Schadenbild.

Anreiz zur weiteren Verbesserung

Dem soll der neue Bumper-Test vorbeugen und der Automobilindustrie einen Anreiz geben, die Fahrzeuge weiter zu verbessern. Weil es innerhalb der Europäischen Union keine gesetzliche Vorgabe oder Norm für die Höhe und Funktion von Stoßfängersystemen gibt, erarbeitete o. g. Arbeitsgruppe unter Federführung des Allianz Zentrums für Technik (AZT), Ismaning bei München, den Bumper-Test, um ihn international unter gleichen Bedingungen anzuwenden. Einzige Ausnahme: In den USA wird wegen der dortigen SUV-Häu-figkeit eine 40 Millimeter höhere hintere Stoßfängerposition zu Grunde gelegt.

Form eines typischen Stoßfängers

Konkret: Der Prüfling fährt mit 10 ± 0,5 Kilometer pro Stunde gegen eine Barriere, die hauptsächlich aus einem 100 Millimeter hohen Stahlträger besteht. Dieser ist für Frontcrashs in 455 und für Heckcrashs in 405 (USA: 455) Millimeter Höhe positioniert. Hinzu kommen ein Energie ab-sorbierendes Kunststoffelement als Vorsatz und ein 200 Millimeter hoher, keilförmiger Aufsatz. Das Kunststoffelement simuliert die nachgiebige Kontaktzone und erlaubt Abgleitvorgänge, während der Aufsatz das Heckabschlussblech darstellt, so dass die Form der Bumper-Test-Barriere der eines typischen Pkw-Stoßfängers entspricht.

Seit 1. Januar wird der Bumper-Test in Deutschland im Rahmen so genannter Pkw-Typklassifizierungen angewendet. Es handelt sich also um einen Versicherungs-crashtest, vergleichbar mit dem seit 1982 gültigen RCAR-10-Grad-Strukturtest (alternative Bezeichnung: AZT-Crashreparaturtest). So wie dieser dient auch der Bumper-Test dazu, das betreffende Fahrzeug in eine Versicherungstypklasse ein-zustufen. Die Folgen des Nichtbestehens sind klar geregelt: Fällt der Prüfling beim Front- oder Heckcrash durch, wird er um eine Typklasse höher eingestuft. Zweifaches Nichtbestehen hat Höherstufung um zwei Typklassen zur Folge. Nach Einschätzung von Dr. Jürgen Redlich, Leiter Kfz-Technik beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV, vgl. Interviewkasten rechts), haben etwa 50 Prozent der in Januar und Februar 2010 geprüften Fahrzeuge, also sechs bis sieben Modellreihen, den Bumper-Test bereits bestanden. Andere Länder sollen dem deutschen Beispiel folgen. Zunächst geht es um Großbritannien, Spanien und die USA. In den Vereinigten Staaten gibt es zwar kein vergleichbares Typklassensys-tem, aber einen Verbraucherschutztest.

Störgrößen nicht ausgeschlossen

Die Feldwirkung dürfte somit noch auf sich warten lassen. Auch sind Störgrößen nicht ausgeschlossen: Beladung, Sportfahrwerke und das variierbare Karosserieniveau von luftgefederten Fahrzeugen können die Wirkung zunächst vergleichbarer Stoßfängersysteme relativieren.

Wie sich der Bumper-Test auswirkt, davon konnten sich Journalisten Ende Februar bei einem Live-Crashtest über-zeugen. Der von Audi zur Verfügung ge-stellte Q5 bestand den Test bravourös (vgl. Bild). Von den teureren Bauteilen wurden nur die Scheinwerfer und hier nur die Halter beschädigt, wozu aber Reparatursätze angeboten werden. Die gesamten Reparaturkosten schätzten Audi-Mitarbeiter vor Ort auf 1.078 Euro plus Steuer.

Derweil ist beim AZT bereits vom so genannten Corner-Test zur weiteren Ver-besserung des Crashverhaltens von Pkw die Rede. Vergleichbar mit dem Bumper-Test, aber auf die Fahrzeugecken ausgerichtet, ist mit dessen Vorschrift in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Peter Diehl

Zusammenfassung

Bumper-Test

Rahmenbedingungen

Stahlträger als Barriere

Höhe der Barriere: 100 mm

Energie absorbierendes Kunststoffelement als Vorsatz simuliert nachgiebige Kontaktzone und erlaubt Abgleitvorgänge

200 mm hoher, keilförmiger Aufsatz simuliert Heckabschlussblech

Form entspricht typischem Stoßfänger (vgl. Bild)

Bodenfreiheit der Barriere: bei Fronttest 455 mm, bei Hecktest 405 mm (455 mm in USA wegen SUV-Häufigkeit)

Aufprallgeschwindigkeit: 10,0 ± 0,5 km/h

Beurteilungskriterien

relevante Überdeckung Querträger/Barriere ≥ 75 mm oder relevante Querträgerhöhe ≥ 100 mm

kein Abrutschen über oder unter die Barriere

keine Beschädigung von Fahrzeugstruktur, Kühlerpaket, Heckklappe oder anderen Bauteilen

Einfluss auf Einstufung

Grundlage bleibt Schadenkalkulation auf Basis des RCAR-10-Grad-Strukturtests (alternative Bezeichnung: AZT Crashreparaturtest)

Nichtbestehen des Bumper-Tests vorn oder hinten: + 1 Typklasse

Nichtbestehen des Bumper-Tests vorn und hinten: + 2 Typklassen

Kurzinterview

Drei Fragen an...

Dr. Jürgen Redlich, Leiter Kfz-Technik beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV)

Pralldämpfer werden bereits seit vielen Jahren in Pkw-Karosserien eingebaut. Warum kommt der korrespondierende Bumper-Test erst jetzt?

Bei den Fahrzeugentwicklungen gibt es Veränderungen: Stoßfängerhöhen variieren, Querträger werden aus Gewichtsgründen schmaler ausgeführt. Das fällt im Labortest vielleicht nicht auf, stört aber bei realen Unfällen. Insofern muss man auch auf neue Situationen reagieren.

Diese Umstände fielen sicher nicht erst gestern auf. Die Nicht-Kompatibilität vieler Stoßfänger hat eine Geschichte.

Natürlich hat das eine Geschichte, doch hier geht es auch um internationales Vorgehen. Es hat heute keinen Sinn mehr, nur national zu handeln. Und: Einen solchen Test zu entwickeln, erfordert Zeit. Um das vorliegende Ergebnis zu erzielen, benötigte die Arbeitsgruppe mehr als zwei Jahre. Auch der 1982 eingeführte Strukturtest ist von der Automobilindustrie erst Anfang der 1990er Jahre so richtig akzeptiert worden, weil das Thema cost of ownership plötzlich auf der Tagesordnung stand.

Die Arbeitsgruppe zum RCAR-Bumper-Test begann ihre Tätigkeit vor gut zwei Jahren. Erste Be-mühungen gab es sicher bereits zuvor.

In einer Vorlaufzeit von etwa einem Jahr sah man, übrigens nicht nur in Deutschland, dass es bei realen Unfällen das Problem unbeschädigter Stoßfänger, aber stark be-schädigten Umfelds gab. Nach der Arbeit am leicht veränderten Strukturtest ergab sich die Notwendigkeit eines zweiten Crashtests, weil auch der modifizierte

Strukturtest diese Funktion nicht erfüllen kann.

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