Fehlerteufel in Brüssel

23.11.2012 12:02 Uhr

Weiterentwicklung der Abgasuntersuchung

Während die deutschen Werkstätten die Abgasuntersuchung derzeit nach dem Leitfaden 4 durchführen, wird in Brüssel längst an dessen Nachfolger gearbeitet. Doch in den Bürokratiemühlen der EU kommt es zu Merkwürdigkeiten.

Umweltschutz ist kein nationales, sondern ein internationales Thema. So rühren manche Vorschriften hinsichtlich der Luftreinhaltung heute aus internationalen Abkommen her, welche zunächst in europäischen und schließlich in deutschen Vorschriften münden. Viele Interessenverbände sind bei der Umsetzung der Vorschriften beratend beteiligt. So konnte es vor einigen Jahren dazu kommen, dass bei der Durchführung der Abgasuntersuchung an OBD-Fahrzeugen die Endrohrmessung entfiel, wenn die OBD mit den so genannten Readiness-Codes die fehlerfreie Funktion aller Systeme signalisierte. Die Lobby der Automobilhersteller hat sich in diesem Punkt durchgesetzt.

Original und deutsche Übersetzung

In mehreren aufwändigen Studien wie „Emission 2010“ konnte nachgewiesen werden, dass die OBD-Systeme nicht fehlerfrei arbeiten. Dies führte in der Politik auf europäischer Ebene zu einem Umdenken. Man hielt zwar grundsätzlich an der OBD fest, äußerte aber den Willen, bei der Durchführung der Abgasuntersuchung künftig wieder verstärkt die Endrohrmessung zu berücksichtigen. Mit dem geplanten Leitfaden 5 für die AU will man dies umsetzen. Da die einzelnen Länder für die Umsetzung in nationale Gesetze zuständig sind, veröffentlich die EU ihre Handlungsempfehlungen in Form von Vorschriften. Amtssprache bei der EU ist hauptsächlich Englisch. Alle Texte werden aber in alle in der EU gebräuchlichen Sprachen übersetzt. Die Vorschrift 2010/48 hat die zukünftige Durchführung der Abgasuntersuchung zum Thema. Im Punkt 8.2.1.2 geht es um die Emissionen von Otto-Motoren. Im englischen Original wird beschrieben, dass im Leerlauf „engine idle“ statt einer Endrohrmessung die OBD eingesetzt werden kann.

Delikate Übersetzung

Die deutsche Übersetzung der Vorschrift kann (wird) falsch interpretiert werden hinsichtlich der OBD: im Klartext heißt es, dass nur die Endrohrmessung bei Leerlaufdrehzahl durch die OBD-Prüfung ersetzt werden kann. Bei erhöhter Leerlaufdrehzahl ist immer eine Endrohrprüfung für alle EU-Mitglieder vorgeschrieben. Die Endrohrprüfung bei höheren Drehzahlen, wie ursprünglich Standard bei der AU, ist demnach durch die deutsche Übersetzung des Textes nicht abgedeckt. In den einschlägigen Kreisen ist dies inzwischen zum Politikum geworden. Denn jeder stellt sich die Frage, wie es in einem so sensiblen Punkt zu einem Übersetzungsfehler kommen konnte. Da sich ein solcher Fehler nicht einfach mit Tippex ausbessern lässt, schließlich handelt es sich um eine geltende EU-Verordung, wurde inzwischen die EU-Kommission eingeschaltet. So wird dieses Thema wohl noch ein größeres Nachspiel haben. Und bis zum Leitfaden 5 ist der Fehler hoffentlich von Seiten der EU korrigiert. Bernd Reich

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