Das Thema Nachhaltigkeit hat auch die Schmierstoffbranche erreicht. Die Hersteller von Motorenölen versuchen vermehrt, mineralische durch regenerierte Basisöle zu ersetzen oder organische Alternativen zu verwenden. Einen weiteren Hebel für die CO2-Reduktion bieten aber auch die Ölgebinde selbst. Und das sowohl von der Materialzusammensetzung als auch der Bauart. Wir haben recherchiert, was die Hersteller in diesem Bereich tun.
Recycelte Stahlfässer
Shell hat beispielsweise in einem Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit namhaften Fahrzeugherstellern erstmals den Einsatz von Ölfässern aus 100 Prozent recyceltem und mit erneuerbarer Energie hergestelltem Stahl für die Lieferung von Motorenöl im Automobilsektor getestet. Mittlerweile sind die recycelten Stahlfässer bereits bei mehreren Herstellern implementiert. Petra Matzat, Managing Director Shell Lubricants: "Wir beobachten eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungen in der Industrie und wollen diese bedienen. Für die Umsetzung unseres Pilotprojekts sind wir aktiv auf Kunden zugegangen, die bereit waren, an dieser nachhaltigen Initiative teilzunehmen. Das Feedback war durchweg positiv. Jetzt wollen wir weitere Kunden auf die Option der recycelten Stahlfässer aufmerksam machen."
Durch den Einsatz von recyceltem Stahl kann der CO2-Ausstoß im Vergleich zur Herstellung von neuem Stahl erheblich reduziert werden. Die Emissionen aus der Stahlproduktion werden einerseits durch chemische Prozesse, andererseits durch den hohen Energiebedarf verursacht - sofern dieser nicht durch erneuerbare oder emissionsarme Quellen gedeckt wird. Laut Umweltbundesamt emittierten Anlagen zur Roheisen- und Stahlerzeugung in Deutschland im Jahr 2023 rund 19,2 Millionen Tonnen CO2, was etwa 6,6 Prozent der gesamten im PRTR (Pollutant Release and Transfer Register) berichteten CO2-Emissionen entspricht. Die Wiederverwertung von Metallen spart um bis das 20-Fache des Energieverbrauchs, welcher notwendig ist, um die entsprechenden Metallqualitäten aus Erzen zu gewinnen. Ebenso lasse sich die Luft- und Wasserverschmutzung um 80 Prozent beziehungsweise 76 Prozent und der Wasserverbrauch um 40 Prozent reduzieren.
- Ausgabe 06/2025 Seite 018 (828.4 KB, PDF)

Ein weiteres Beispiel für die Nachhaltigkeitsstrategie von Shell sind die 20-Liter-Gebinde für Schmierstoffe - diese sind künftig nicht mehr als Eimer, sondern als sogenannte Jerry Cans erhältlich. Über einen Testzeitraum von 18 Monaten wurde nicht nur die Form optimiert, sondern auch das Farbangebot vereinheitlicht. Diese Neuerungen bringen laut Shell entscheidende Vorteile: Die neue quaderartige Form verbessert die Transporteffizienz. Pro Palette können so deutlich mehr Packungen im Vergleich zum bisherigen Design Platz finden, was den Transport wesentlich effizienter macht. Zudem wird die Handhabung durch das leichtere Gewicht, einen integrierten Griff und ein Entlüftungsventil erleichtert und das Ausgießen vereinfacht.
"Wir beobachten eine steigende Nachfrage nach nachhaltigen Verpackungen."
Petra Matzat, Shell
Bei einem Großteil des Portfolios werden die Jerry Cans mit einem 40-prozentigen Post-Consumer-Recyclingharz (PCR) produziert. Das recycelte Material wird dabei in die mittlere Schicht eingebracht. Durch das eingesetzte Multi-Layering-Verfahren, also den Aufbau des Gebindes in mehreren Schichten, kommt das PCR weder mit dem Anwender noch mit dem eingefüllten Produkt in Kontakt. Durch die neue Form wird insgesamt 25 Prozent weniger Plastik benötigt als beim bisherigen Design und insgesamt 38 Prozent Kohlenstoff eingespart. Shell nutzt die Jerry Cans bereits für den Schmierstoff Shell Helix.

Weniger Kunststoff einsetzen
Auch bei ExxonMobil wurde der Kunststoffanteil in den Gebinden reduziert. Der Hersteller spricht davon, dass Ölgebinde bis zu 35 Prozent aus recyceltem Material bestehen sollen, darunter Kunststoffe und PCR, das wiederaufbereitet wurde, um in einem neuen Fertigungsprozess erneut verwendet zu werden. Das PCR besteht aus einer Mischung recycelter Harze, die andernfalls auf einer Mülldeponie entsorgt worden wären. Das umfasst alle silbernen und schwarzen Ein- bis Fünf-Liter-Gebinde von Mobil-Produkten, einschließlich Mobil 1, Mobil Super, Mobilube, Mobil Delvac 1 und Mobil Delvac. Schmierstoffhersteller Fuchs Lubricants setzt hier noch einen drauf: Das Unternehmen berichtet, dass bereist seit 2024 alle Kleingebinde in Europa zu 100 Prozent aus recyceltem Material bestehen und vollständig recycelbar sein sollen. Die neue Gebindeform wurde zudem so optimiert, dass der Inhalt restlos genutzt werden kann.
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Durch Bag-in-Box-Systeme lässt sich ebenfalls viel Kunststoff einsparen. So spricht der Ulmer Schmierstoffspezialist Liqui Moly von 90 Prozent weniger Plastik als für einen klassischen 20-Liter-Kanister. Das Äußere der Bag-in-Box-Verpackung besteht dabei aus einer beschichteten, wasserfesten Kartonage. In ihr befindet sich ein vollständig recycelbarer Kunststoffbeutel. Für Werkstätten sichtbar: ein deutlich geringeres Abfallvolumen in der Tonne oder im Container. Bag-in-Box-Verpackungen lassen sich wie konventionelle Kunststoffgebinde kostenlos über die Gebinde-Verwertungsgesellschaft der Mineralölwirtschaft (GVÖ) entsorgen. Da sich der Kunststoff-Innenteil zusammenfalten lässt, lässt sich auch die Logistik verbessern. Weiterer Vorteil: Bag-in-Box-Verpackungen passen wie herkömmliche Kunststoff-Gebinde in den Ölschrank und lassen sich effizienter auf einer Palette stapeln. Auch Schmierstoffhersteller Petronas setzt auf die praktische Bag-in-Box-Lösung.
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