Automobilverbände: "Wir brauchen einen Masterplan"

16.10.2025 11:43 Uhr | Lesezeit: 4 min
IfA Branchegipfel 2025
Prof. Stefan Reindl diskutierte am Donnerstagmorgen beim IfA-Automobilgipfel mit Imelda Labbé, Präsidentin des Importeursverbands VDIK, Simon Schütz, Head of Communications beim Herstellerverband VDA, Burkhard Weller, Präsident des neuen Autohändlerverbands VAD, und Michael Ziegler, Präsident des Kfz-Landesverbandes Baden-Württemberg und Vorstandsmitglied im ZDK.
© Foto: Screenshot/IfA

Wie kann die deutsche Automobilwirtschaft wieder zurück zur alten Stärke? VAD, ZDK, VDA und VDIK fordern rasche Strukturreformen statt reiner Symptombekämpfung. Und wollen dafür künftig in die politischen Entscheidungen mehr eingebunden werden.

Die Automobilwirtschaft fordert mehr Tempo bei den anstehenden Reformen. Bislang werde vor allem beschrieben, was verkehrt laufe, sagte Imelda Labbé, Präsidentin des Importeursverbands VDIK, am Donnerstag bei der Auftaktdiskussion des 26. IfA Branchengipfels. Anstelle eines geordneten Plans gebe es nur diffuse Diskussionen. Die Automobilverbände seien jetzt gefragt, endlich "Realismus und Handlungsfähigkeit in diese Republik zu bringen". "Wir müssen in die Diskussion, in die Definition der Maßnahmen viel früher eingebunden werden. Wir brauchen einen Masterplan, der den Output mit den Inputgrößen zusammensetzt. Wir können nicht CO2-Ziele beschreiben, ohne zu wissen wir die Rahmenbedingungen sind."

Auch Simon Schütz, Head of Communications beim Herstellerverband VDA, vermisst in der Politik noch die nötige Erkenntnis, vor allem in Brüssel. Der Autogipfel sei ein positives Zeichen gewesen, dass etwas passieren müsse. Jetzt aber müsse man von der Symptombehandlung hinwegkommen und für eine langfristige Lösung die Standortfaktoren verbessern. "Deutschland kann da schon noch einiges machen", betonte Schütz und nannte als Beispiele Ladeinfrastruktur und -preise. Dafür müsse die Automobilbranche mit einer starken und einheitlichen Stimme auftreten.

Auto wieder auf die Bühne

Auch Burkhard Weller, Präsident des neuen Autohändlerverbands VAD, konnte dem Spitzentreffen im Kanzleramt etwas Positives abgewinnen. "Es ist ja schon mal sehr positiv, dass es überhaupt einen Autogipfel gegeben hat; das hat es die letzten sieben Jahre nicht mehr gegeben. Wenn jetzt das Thema Auto wieder auf die Bühne kommt, dann haben wir ja schon eine ganze Menge gewonnen. Das war schon mal ein Start für das Auto."

Nüchterner fiel seine Beurteilung des deutschen Automarktes aus: Zulassungszahlen von über drei Millionen Autos werde man wohl nicht mehr sehen. Damit werde der Handel auch zurechtkommen, besser als die Industrie. Weller: "Damit wir im Handel gut unterwegs sind, wollen wir uns einbringen in die politische Diskussion, um nicht noch weniger Autos zu verkaufen. Natürlich wollen wir alle elektrisch fahren, aber nicht unter Zwang, sondern mit Anreizen." Die Branche müsse für die Kunden Klarheit und die richtigen Akzente setze. "In der Politik werden Fehler gemacht, weil wir nicht genug gefragt werden."

"Ein Autogipfel, bei dem das Gewerbe fehlt, ist eigentlich kein richtiger Autogipfel", kritisierte Michael Ziegler, Präsident des Kfz-Landesverbandes Baden-Württemberg und Vorstandsmitglied im ZDK. "Wir sind das Bindeglied zum Markt und gestalten damit auch Absatz." Dieser allerdings sinke, weil die individuelle Mobilität zu teuer geworden sei. "Die ganze Branche und auch die Politik haben viel zu wenig auf den Markt gehört. Wir können nur das verkaufen, was sich der Kunde leisten kann und was er will."

Ziegler ist skeptisch, dass sich Produktionsfaktoren wie Energiepreise, Lohnkosten, Bürokratie und Steuern rasch verbessern lassen. Der Druck auf die Industrie treffe auch den Handel. Die Betriebe müssten daher Kosten reduzieren. "Wir werden in Zukunft mehr Volumen mit niedrigeren Margen verkaufen müssen, um letztendlich die Ertragskraft zu halten, die wir brauchen. Das bedeutet Konzentration und auch Verlust von Arbeitsplätzen."

Mehr Optimismus wagen

Angst vor den neuen Marken aus China muss die hiesige Automobilwirtschaft hingegen nicht haben. Die IAA habe gezeigt, dass auch die europäischen Marken bezahlbare Elektromobilität bieten könnten, unterstrich Labbé. Die Branche habe reagiert und das Portfolio erweitert. Die Kunden in Deutschland seien zudem sehr markenbewusst und setzten auf die klassischen Werte wie Qualität, Vertrauen, Garantie, Werkstattservice – "und da kommt auch der Handel mit ins Spiel".

Schütz plädierte in diesem Zusammenhang für mehr Optimismus und ein positives Zukunftsbild. "Unsere Branche und unsere Unternehmen sind nach wie vor wettbewerbsfähig." Sieben von zehn Elektroautos, die in Deutschland verkauft werden, seien von deutschen Herstellern. "Darauf kann man bauen und das muss man auch immer wieder sagen, denn der Mentalitätswandel im Kopf muss stattfinden." Die Frage sei: Wo entstehen die Arbeitsplätze der Zukunft? "Wir investieren Milliarden in Forschung und Entwicklung; wo das passiert, darüber entscheiden die Standortbedingungen. Daher ist es wichtig, dass wir mit einer Stimme Richtung Berlin und Brüssel sprechen."


IfA-Branchengipfel 2025

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Das unterstützte auch Weller. "Gute Laune verkauft Autos". Der Autogipfel habe den Startschuss geliefert: Das Auto sei wieder im Fokus, jetzt müsse es den Kunden leicht gemacht werden. "Die deutsche Autoindustrie ist gut, der deutsche Autohandel ist gut, jetzt brauchen wir eine positive Stimmung." Da wolle man jetzt dranbleiben, auch politisch.

Schon heute müsse man zudem schon viel stärker über die Technologien der Zukunft sprechen wie etwa autonomes Fahren, ergänzte Ziegler. "In 15 Jahren fragt kein Mensch mehr, welchen Antrieb ein Auto hat." Entscheidend seien Aspekte wie Rechenleistung des Computers, Sicherheit und Komfort. "Wenn wir es rechtzeitig schaffen, über den nächsten Entwicklungsschritt nachzudenken, dann werden wir es auch schaffen, wieder mitspiele zu können."

"Echtes Drehmoment nur im Zusammenspiel"

Hoffnung verbreitete auch Winfried Kretschmann, Ministerpräsident Baden-Württemberg, zu Beginn des Kongresses in seiner Video-Botschaft. Zwar würden alle den Druck spüren, der aktuell auf der Automobilwirtschaft lastet, doch: "Im globalen Wettbewerb entscheidet nicht nur, wer am schnellsten startet; entscheidend ist auch, wer Ausdauer hat und Innovation, Qualität und Verantwortung verbindet."

Dies zeige Baden-Württemberg mit seinem starken Mittelstand, Innovationen in Nischen, Globalplayern mit weltbekannten Marken und exzellenten Hochschulen. Damit das so bleibe, müsse man unabhängiger werden bei Energie, Rohstoffen, Schlüsseltechnologien. Die Landesregierung setze sich deshalb in Berlin und Brüssel für bessere Rahmenbedingungen ein, so der Politiker. "Echtes Drehmoment entsteht nur im Zusammenspiel aller Kräfte. Nur gemeinsam bringen wir den Wandel erfolgreich auf die Straße."


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