Kfz-Sachverständige für Fahrzeugschäden und -bewertung spielen eine zentrale Rolle bei der Beurteilung und Abwicklung von Unfallschäden. Allein im Jahr 2023 wurden laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rund 2,3 Millionen Haftpflichtschäden an Pkw registriert - mit einer Regulierungssumme von etwa zwölf Milliarden Euro. Angesichts dieser Größenordnung ist die fachliche Qualität der Gutachten von erheblicher wirtschaftlicher und rechtlicher Relevanz.
Bislang existierte in Deutschland kein einheitlicher Zugang zum Beruf des Kfz-Sachverständigen für Fahrzeugschäden und -bewertung. Ausbildung, Qualifikationsnachweise und fachliche Standards waren nicht einheitlich geregelt. Um diese Lücke zu schließen, hat der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) auf dem 63. Verkehrsgerichtstag in Goslar die Richtlinie VDI-MT 5900 Blatt 2 vorgestellt. Sie baut auf Blatt 1 der Reihe auf, das grundlegende Standards im Kraftfahrzeugwesen und Straßenverkehr definiert, und legt verbindliche Mindestanforderungen sowie Kompetenzstandards für Sachverständige im Bereich Fahrzeugschäden und -bewertung fest. Ziel ist es, klare Ausbildungswege und objektive Qualitätskriterien zu schaffen, um die fachliche Kompetenz und damit das Vertrauen in die Arbeit der Sachverständigen zu stärken.
Das fordert die Richtlinie
Die Richtlinie beschreibt detailliert die erforderlichen Qualifikationen, den Umfang der Ausbildung, Prüfungsmodalitäten und die Möglichkeiten der Zertifizierung. Persönliche Eignung und ein einwandfreies Führungszeugnis sind ebenso gefordert wie ein Mindestbildungsniveau auf Qualifikationsstufe 6, was in der Regel einem Meisterabschluss entspricht. Die Basisschulung umfasst mindestens 180 Unterrichtseinheiten theoretischer Ausbildung, ergänzt durch weiterführende, praxisorientierte Schulungen. Insgesamt erstreckt sich die Ausbildung in der Regel über zwei Jahre, wobei akademische Abschlüsse wie Bachelor oder Master zu einer Verkürzung führen können.
Die abschließende Prüfung orientiert sich an den in der Richtlinie festgelegten Lehr- und Lerninhalten und besteht aus schriftlichen, mündlichen und praktischen Teilen. Bei erfolgreichem Abschluss erhalten die Kandidaten ein VDI-Zertifikat, das durch einen Sachverständigenausweis und ein VDI-Siegel ergänzt werden kann. Auch eine Zertifizierung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) oder eine öffentliche Bestellung und Vereidigung werden als Nachweis überragender Fachkompetenz anerkannt.
Die VDI-MT 5900 Blatt 2 wurde in der Branche überwiegend positiv aufgenommen. Sie gilt als wichtiger Schritt zur weiteren Professionalisierung des Berufsfelds und zur Schaffung einheitlicher Standards, welche die Rechtssicherheit erhöhen und die Qualität von Gutachten nachhaltig sichern.
- Ausgabe 9/2025 Seite 042 (754.5 KB, PDF)
Drei Fragen an Matthias Eder, Business Development Schaden & Wert für Bayern, Sachsen und Thüringen
asp: Begrüßen Sie die Richtlinie VDI-MT 5900?
Matthias Eder: Ja. Die Richtlinie hebt die Qualität von Schadengutachten spürbar an und stärkt das Vertrauen in unabhängige Sachverständige. Bisher war die Berufsbezeichnung kaum geschützt, wodurch auch unqualifizierte Gutachter auftreten konnten. Mit der VDI-MT 5900 werden die Eintrittshürden deutlich höher - "schwarze Schafe" haben es schwer, Gutachten bei Versicherungen durchzusetzen. Davon profitieren etablierte Organisationen wie TÜV SÜD.
asp: Wie zeigt man Kunden, dass die Anforderungen erfüllt werden?
M. Eder: Unsere Sachverständigen erfüllen die Anforderungen der VDI-Richtlinie bereits heute. Ein spezielles Siegel ist nicht vorgesehen. Entscheidend wird sein, wie Gerichte urteilen, wenn erstmals ein Gutachten abgelehnt wird, das die Vorgaben nicht erfüllt. Die Richtlinie ist kein Gesetz. Ihre praktische Wirkung hängt stark von der Rechtsprechung ab.
asp: Steigt das Qualitätsniveau der Kfz-Sachverständigen durch die Richtlinie nachhaltig?
M. Eder: Ja. Einheitliche Standards in Ausbildung und Prüfung sorgen für ein verlässliches Kompetenzniveau. Voraussetzung ist eine einschlägige Vorqualifikation, zudem wird die Qualität im laufenden Betrieb regelmäßig überprüft. Damit steigt die Fachkompetenz der Sachverständigen.