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Serie Nachfolge Teil 2: Reibungsloser Rollentausch

15.02.2018 11:00 Uhr
Serie Nachfolge Teil 2: Reibungsloser Rollentausch

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Auf den ersten Blick läuft im Autohaus Ansel im schwäbischen Ditzingen alles wie gehabt: Namensgeber Rainer Ansel erledigt die Büroarbeit und kümmert sich um den Fahrzeugverkauf. Sein Kfz-Meister Oliver Neser leitet die Werkstatt, in der sechs Mitarbeiter beschäftigt sind. Doch hinter den Kulissen hat sich im vergangenen Jahr einiges verändert: Seit Anfang Juli 2017 ist Oliver Neser Inhaber des Ford-Autohauses und Rainer Ansel ist bei ihm angestellt - bis er sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückziehen möchte.

"Im Jahr 2014 kündigte Herr Ansel der gesamten Belegschaft an, dass er einen Nachfolger sucht und sich dabei durchaus vorstellen könnte, den Betrieb an einen Mitarbeiter zu übergeben", erinnert sich Oliver Neser, den die klaren Worte ins Grübeln brachten. Schließlich hatte er dort bereits seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker absolviert und war seit Abschluss seiner Meisterausbildung im Jahr 2013 als Werkstattleiter beschäftigt. "Prinzipiell hatte ich durchaus Interesse", sagt Neser, der 2017 gerade mal seinen 30. Geburtstag feierte. "Ich hätte mir allerdings auch vorstellen können, in der Industrie zu arbeiten. Schließlich sind Porsche und Mercedes nicht allzuweit von Ditzingen entfernt."

Letztendlich gab der Wunsch, sein eigener Chef zu sein, den Ausschlag dafür, das Autohaus zu übernehmen. "Dass es sich dabei um einen gut laufenden Betrieb mit vorhandener Kundschaft handelt, hat mir die Entscheidung natürlich erleichtert", sagt Oliver Neser. Anfang 2015 beschloss er, die Nachfolge von Rainer Ansel anzutreten. Der offizielle Eigentümerwechsel wurde dann gut zwei Jahre später vollzogen. "Anfangs wussten wir allerdings beide nicht, was da auf uns zukam." Für die ersten Schritte holten sie sich daher externe Unterstützung bei Katja Rhotert, Unternehmensberaterin und Leiterin des Betriebsberatungsdiensts (BBD) des Verbands des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg. Die Beratung wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg sowie dem Verband des Kfz-Gewerbes Baden-Württemberg gefördert.

Externe Hilfe macht Sinn

"Frau Rhotert wusste ganz genau, worauf bei einer Unternehmensübergabe zu achten ist", berichtet Oliver Neser. Beim Verkauf eines Einzelunternehmens sind das besonders viele Details. So müssen zum Beispiel alle Verträge mit Lieferanten und Mitarbeitern neu abgeschlossen werden. Ab dem Stichtag der Übernahme müssen die Eingangsrechnungen an den neuen Inhaber adressiert sein, bei Behörden, Handwerkskammer und Kfz-Innungen müssen die Einträge geändert werden. "Besonders hilfreich war die Unterstützung aber insbesondere, als es ans Eingemachte ging, nämlich an die Ermittlung des Verkaufspreises und des Businessplans", betont Neser.

Dass ein Berater als neutraler Dritter bei einem Management-Buy-out (MBO), wie Experten die Übernahme eines Unternehmens durch eine interne Führungskraft bezeichnen, sinnvoll ist, betont auch Katja Rhotert. "Schließlich hat nicht nur der Unternehmer, sondern auch der bisherige Mitarbeiter zunächst kaum Ahnung, worauf er oder sie sich bei der Übernahme einlässt." Dabei beschränkt sich die Aufgabe des Beraters nicht allein auf betriebswirtschaftliche, organisatorische und finanztechnische Themen, sondern auch auf Zwischenmenschliches. Denn auch wenn sich beide Seiten grundsätzlich einig sind, gibt es doch Punkte, an denen es zu Meinungsverschiedenheiten kommen kann. Denn ein Generationswechsel ist ein hoch emotionales Thema, selbst wenn er als MBO außerhalb der Familie stattfindet: Der bisherige Unternehmer übergibt sein berufliches Lebenswerk in fremde Hände, der Nachfolger wagt den Schritt in die Selbständigkeit -und das alles unter der laufenden Beobachtung von Mitarbeitern, Kunden und Kapitalgebern.

"Dazu kommt, dass sich der künftige Nachfolger in einer psychologisch ungünstigeren Ausgangsposition befindet", weiß Katja Rhotert aus Erfahrung. "Schließlich verhandelt er mit seinem bisherigen Chef - und der ist in der Regel ein gestandener Unternehmer mit langjähriger Erfahrung." Ein externer Berater könne daher eine Stütze für den Käufer des Unternehmens sein und ihn davor bewahren, Lösungen zu akzeptieren, die ihn bei einer erfolgreichen Weiterführung des Unternehmens bremsen. Gerade die so genannten immateriellen Werte schätzen Unternehmer nämlich häufig allzu hoch ein. Bei einem Autohaus oder Kfz-Betrieb sind das in der Regel der gute Name sowie der Kundenstamm. Dafür hat Katja Rhotert zwar durchaus Verständnis. "Doch Stammkunden und Reputation hat sich der Altinhaber erarbeitet. Das Angebot an Kfz-Betrieben ist groß. Wenn die Stammkunden mit dem Nachfolger nicht zufrieden sind, wechseln sie die Werkstatt - und der gute Ruf ist dann auch schnell dahin."

Bei der Wertermittlung für Autohäuser oder Kfz-Betriebe zieht Katja Rhotert daher vor allem das Anlagevermögen heran, wobei dessen Buchwert die Basis für die Bewertung bildet. Beim Umlaufvermögen kommt es häufig beim Teilebestand zu Diskussionen: Denn Altinhaber schätzen den Wert ihres Teilelagers mitunter deutlich höher ein als gerechtfertigt. "Wichtig ist es, einen realistischen Businessplan zu entwickeln, in dem berechnet wird, ob es sich lohnt, die Werkstatt weiterzuführen", fasst die Beraterin zusammen. "Der Nachfolger muss auch den Kapitaldienst leisten können, also Zins und Tilgung der Kredite für die Übernahme aus den Werkstattumsätzen bezahlen können." Kritisch wird es, wenn Immobilien ins Spiel kommen. Angesichts der in vielen Regionen explodierenden Preise für Gewerbeimmobilien ist der Kauf einer Werkstattimmobilie für einen jungen Nachfolger kaum zu stemmen. "In diesem Fall kann der Altinhaber die Immobilie an ihn verpachten", sagt Rhotert. "Bei der Berechnung der Pacht sollte sich der Altinhaber im Zweifelsfall daran orientieren, welcher Gewinnanteil übrig bleibt, um die Pacht zu bezahlen."

Pacht als Alternative zum Kauf

Auch Oliver Neser pachtet die betrieblich genutzten Immobilien von Rainer Ansel. "Wenn ich die Gebäude mit übernommen hätte, wäre die Übernahme nicht finanzierbar gewesen", sagt er. Doch auch in dieser Konstellation war es nicht ganz einfach, die erforderlichen Mittel aufzutreiben. Mit Unterstützung von Katja Rhotert gelang es ihm, öffentliche Fördergelder für Unternehmensgründer zu erhalten. Zusammen mit Eigenkapital und einer Finanzspritze seiner Familie konnte er die vereinbarte Summe aufbringen. "Allerdings wäre das Ganze fast noch in letzter Minute gescheitert, weil die Bank den genehmigten Kredit nicht wie vereinbart ausbezahlt hat", erinnert sich Oliver Neser mit leichtem Schaudern. Denn zum Stichtag war das Geld nicht auf seinem Konto. "Wenn Herr Ansel nicht so kulant gewesen wäre, hätte ich den Laden nach zwei, drei Wochen gleich wieder schließen können."

So gelingt der Rollentausch

Mit den ersten Monaten nach der Übernahme ist er zufrieden: "Es läuft alles ordentlich und fast wie geplant." Da die Mitarbeiter von Anfang an Bescheid wussten, gab es keinerlei Probleme mit dem Rollentausch. "Und Herr Ansel ist froh, dass sein Unternehmen weitergeführt wird und er nicht mehr die Verantwortung dafür trägt, so dass er jetzt zum Beispiel seinen Urlaub deutlich besser genießen kann", sagt Neser. Große Veränderungen hat er noch nicht in die Wege geleitet. "Gegenüber den Kunden haben wir den Wechsel nicht an die große Glocke gehängt." Der einzige Punkt, über den sich Oliver Neser ärgert, hängt wieder einmal mit den Banken zusammen: Bislang fand er noch keine Bank für die Finanzierung der Gebraucht- und Vorführwagen. "Die von mir angefragten Banken fordern von mir als Neueinsteiger hohe Zinsen, eine sogar über zehn Prozent." Daher nutzt er dafür derzeit noch einen Privatkredit. "Doch hier bin ich wirklich auf der Suche nach einer Alternative - alles andere passt."

Serie Nachfolge

In einer dreiteiligen Serie gibt asp Tipps für die Regelung der Nachfolge im Betrieb:asp 1: Übergabe in der Familieasp 2: Wenn ein Mitarbeiter übernimmtasp 3: Verkauf an Externe

Tipps für alte und neue Chefs

Verkaufen an VertrauteFünf Tipps von Unternehmensberaterin Katja Rhotert, was Unternehmer bei einem Management-Buy-out (MBO), also dem Verkauf des Unternehmens an einen Mitarbeiter, beachten sollten:- Falls kein Familienmitglied bereitsteht, um Ihre Werkstatt zu übernehmen, sollten Sie einen MBO in Betracht ziehen. Gegenüber einem Verkauf an fremde Dritte hat er den Vorteil, dass der gesamte Nachfolgeprozess in der Regel schneller und reibungsloser über die Bühne geht. Sprechen Sie geeignete Mitarbeiter direkt darauf an, ob sie an einer Übernahme interessiert sind.- Geben Sie den internen Kandidaten ausreichend Bedenkzeit - und stellen Sie ihnen die Informationen zusammen, die für die Entscheidung wichtig sind - insbesondere Zahlen zu Auslastung, Umsatz, Kosten und Gewinn.- Kalkulieren Sie für den gesamten Prozess ab der Zustimmung Ihres Mitarbeiters mindestens ein Jahr ein - vorausgesetzt, Ihr Mitarbeiter hat die Meisterprüfung bereits absolviert. Machen Sie sich keine unrealistischen Illusionen über den Wert Ihres Unternehmens. Holen Sie sich professionelle Unterstützung zur Ermittlung eines für beide Seiten fairen Kaufpreises.- Wenn Sie Ihre Autohaus- oder Werkstattimmobilien verpachten, sollten Sie die Pacht nicht zu hoch ansetzen. Regelmäßige Zahlungen erhalten Sie langfristig nur dann, wenn Ihr Nachfolger rentabel wirtschaftet.Auf dem Weg zum ChefsesselKfz-Meister, die den Betrieb ihres Chefs übernehmen wollen, sollten folgende Punkte beachten:- Auch wenn Sie den Betrieb aus Mitarbeiterperspektive kennen: Analysieren Sie die bisherigen betriebswirtschaftlichen Zahlen genau und erstellen Sie einen ordentlichen Businessplan, bevor Sie den Kaufvertrag unterschreiben. Dabei hilft ein externer Berater als neutraler Dritter.- Sorgen Sie für eindeutige Kalkulationsgrundlagen und klare Verhältnisse nach der Übernahme: Verzichten Sie auf Umsatzbeteiligungen oder ergebnisabhängige Leibrenten für den ehemaligen Inhaber. Das kann zu großem Ärger führen, denn betriebswirtschaftliche Ergebnisse lassen sich durchaus bewusst steuern.- Überlegen Sie sich, wie Sie die erste Zeit nach der Übergabe gestalten wollen: Können Sie sich vorstellen, Ihren ehemaligen Chef als Mitarbeiter weiterzubeschäftigen? Wiegen seine Erfahrungen die Gefahr auf, dass er Ihnen ungewollt in die Führung Ihres Unternehmens hineinredet? Informieren Sie sich über öffentliche Fördermittel für Existenzgründer. Sowohl für die Beratung rund um die Unternehmensnachfolge als auch zur Finanzierung des Kaufpreises stehen öffentliche Gelder zur Verfügung. Die Beantragung läuft in der Regel über die Hausbank. Es kann allerdings auch sein, dass Banken bessere Angebote unterbreiten. Fragen kostet nichts. Ein aussagekräftiger Businessplan ist jedoch in jedem Fall erforderlich.Unternehmensberaterin Katja Rhotert

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