Erneut hat eine Rückrufaktion Alfa Romeos wegen einer defekten Motorhaubenverriegelung aus dem Jahr 2004 ein rechtliches Nachspiel gehabt. Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied kürzlich, dass ein freier Gebrauchtwagenhändler keine Informationspflichten gegenüber dem Kunden bezüglich solcher Aktionen hat. Schon 2009 hatte es um diese Frage Streit vor einem bundesdeutschen Gericht gegeben. Damals entschied das OLG Düsseldorf zugunsten des Kunden, allerdings handelte es sich beim Streitgegner um einen Alfa-Vertragshändler (wir berichteten). In beiden Fällen hatte sich bei den Klägern die Motorhaube während der Fahrt geöffnet. Im jetzt verhandelten Fall der schwäbischen Kundin entstand dabei am zum Unfallzeitpunkt acht Jahre alten Alfa 156 Sportwagon ein Sachschaden von fast 6.500 Euro, den sie nun vom freien GW-Händler ersetzt haben wollte. Ohne Erfolg: "Zwar trifft auch jeden professionellen Gebrauchtwagenhändler eine Untersuchungs- und Prüfungspflicht, wenn er ein Kfz in seinen Bestand aufnimmt. Diese Untersuchungs- und Prüfungspflicht würde jedoch zu weit ausgedehnt, wenn man den freien Gebrauchtwagenhändler auch verpflichten würde, bezüglich eines jeden Fahrzeugs Nachforschungen über eventuelle Rückrufaktionen anzustellen", heißt es in der Urteilsbegründung der Vorinstanz (Landgericht Heilbronn, Az.: 8 O 188/10 Zo), deren Entscheidung nun vom OLG Stuttgart bestätigt wurde (Az.: 12 U 171/10). Anders liegt der Fall laut der Stuttgarter Rechtsanwältin Hildegard Riehle-Nagel nur, wenn die Kundin nachweisen kann, dass der Händler Kenntnis von der Rückrufaktion hatte bzw. wenn der Händler auf konkrete Nachfrage des Kunden verneint, dass bei dem Fahrzeug eine Rückrufaktion durchgeführt wurde oder noch ansteht. Dann komme eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und somit ein Schadensersatzanspruch aus §823 Abs. 1 BGB in Betracht, so die Rechtsvertreterin der Klägerin. Ins gleiche Horn stieß das Amtsgericht Pirmasens, das einer ZDK-Mitteilung zufolge im Fall einer BMW-Serviceaktion zugunsten einer freien Werkstatt entschied (Az.: 1 C 132/11). Der Fahrer eines 316i wollte die Anfang 2011 beauftragte Erneuerung der Steuerkette nicht bezahlen. Grund: Die Werkstatt habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, weil sie ihn bei einem 2008 erteilten Reparaturauftrag nicht über eine Serviceaktion aus dem gleichen Jahr informiert habe. Hätte sie dies getan, wäre die umstrittene Reparatur nicht erforderlich gewesen. Das Gericht erklärte, dass eine Aufklärungspflicht allenfalls denkbar wäre, wenn der Kunde das Fahrzeug auch bei der Werkstatt erworben hätte. Gekauft hatte er das Fahrzeug aber 2007 bei einem Vertragshändler. (ng)
Service- und Rückrufaktionen: Freie Betriebe müssen nicht alles wissen
Zwei aktuelle Urteile gestehen freien Händlern und Werkstätten zu, dass sie nicht über alle Service- und Rückrufaktionen informiert sein müssen. Damit werden sie anders beurteilt als Vertragsbetriebe.
Degner