ADAS-Kalibrierung: Wer braucht welches System?

05.10.2025 08:13 Uhr | Lesezeit: 5 min
Das Kalibriersystem ACS cars ist laut WOW zu 100 Prozent herstellerkonform.
Das Kalibriersystem ACS cars ist laut WOW zu 100 Prozent herstellerkonform.
© Foto: WOW

ADAS-Kalibrierungen, oft zusammen mit einer Fahrwerksvermessung spielen eine immer größere Rolle. Viele verschiedene Systeme sind am Markt, doch welches ist das Richtige für das eigene Nutzerprofil?

Kurzfassung: Vor der Anschaffung von Achsvermessung und ADAS-Kalibrierung sollten Betriebe erstmal ein paar Fragen klären. Bauliche Voraussetzungen spielen ebenso eine Rolle wie das Nutzungsprofil.

Über viele Jahre ging es beim Thema Achsvermessung um die Korrektur einer verstellten Fahr­werksgeometrie, um die offensichtlichen Folgen wie schief stehende Lenkräder, schwammiges Fahrverhalten, einseitiges Ziehen des Fahrzeugs oder ungleichmäßige Abnutzung der Reifen zu beseitigen. Auch Tuning-Maßnahmen, wie ein Wechsel der Radgröße oder der Einbau eines Sportfahrwerks, oder Reparaturen am Fahrwerk mit Austausch einzelner Komponenten machen eine abschließende Vermessung unumgänglich.

Seit immer mehr Fahrerassistenzsysteme (FAS) Einzug halten, erfordert deren Kalibrierung häufig zusätzlich die korrekte Einstellung der Fahrwerksgeometrie. Ein Spurhalteassistent kann beispielsweise nur dann richtig arbeiten, wenn die Achswerte exakt eingestellt sind. Die Zunahme an Sensoren, Kamera- und Radarsystemen und Fahrzeugen, die damit ausgerüstet sind, macht den Einsatz eines Kalibriersystems für Werkstätten zwar immer interessanter, jedoch stellt sich vielen Betrieben noch die Frage, welche Achsvermessungstechnik und welches Kalibriersystem für sie in Frage kommt.

Günstige Laser

Eine Fahrwerksvermessung im Vorfeld einer ADAS-Kalibrierung ist immer dann notwendig, wenn Arbeiten am Fahrwerk oder eine Unfallreparatur durchgeführt wurden. Mittlerweile haben sich drei gängige Arten von Achsmessverfahren am Markt etabliert. Die Werkstatt hat die Wahl zwischen Laser-, CCD- und 3D-Achsmessgeräten. Jedes dieser Verfahren hat Vor- und Nachteile, die ein Betrieb vor einer Anschaffung abwägen sollte.

Laser-Achsmessgeräte überzeugen durch eine einfache Handhabung, die kostengünstige Anschaffung und geringe Betriebskosten aufgrund minimalen Wartungsaufwands, außerdem sind keine Updates nötig. Sie sind flexibel an verschiedene Fahrzeugtypen anpassbar, wodurch sich ein mehr Einsatzmöglichkeiten in der Werkstatt ergeben. Da aber die Messung analog erfolgt, ergibt sich der Nachteil, dass keine digitale Dokumentation möglich ist, was die Nachverfolgbarkeit und Dokumentation erschwert. Die Geräte unterstützen in der Regel auch keine 4-Rad-Vermessung, sondern beschränkt sich jeweils auf zwei Räder. Außerdem fehlt die Möglichkeit zur Felgenschlagkompensation, so dass die Messgenauigkeit leidet.

Flexibel mit Kamera

Kamerabasierte CCD- oder 8-Sensor-Messgeräte sind sehr flexibel in ihren Einsatzbereichen. So benötigen sie keine speziellen Hebebühnen und können an die jeweiligen Bedingungen in der Werkstatt angepasst werden. Außerdem erlauben sie eine Felgenschlagkompensation, was die Messgenauigkeit erhöht. Viele Kamerasysteme sind darüber hinaus mit modernen ADAS-Kalibriersystemen kombinierbar. Das erspart das Verbringen des Fahrzeugs von einer Achsvermessungsbühne zu einem geeigneten Kalibrierplatz. Ein Beispiel ist die Kombination des Hunter Hawkeye Elite-Achsvermessungssystems mit dem Kalibriersystem ACS Cars von WOW!. Das System benötigt keinen nivellierten, sondern nur einen gleichgerichteten Boden, d. h. Fahrzeug und Tool sollten sich lediglich auf der gleichen Ebene und in der gleichen Neigung befinden. Nachteile bei manchen Systemen ist die Anbringung der sensiblen Messtechnik am Fahrzeug, zudem sind präzise Radhalter zur exakten Positionierung der Sensoren und korrekter Messung notwendig.

Modern aber sensibel

Die derzeit modernste Messtechnik stellen 3D-Achsmessgeräte dar, wie das Autosnap 3D vom WMS, die für besonders präzise Anwendungen geeignet sind. Bei ihnen wird keine Messelektronik am Fahrzeug montiert, was das Beschädigungsrisiko reduziert und die Handhabung erleichtert. Sie sind außerdem sehr gut für Fahrzeuge mit Sportfahrwerken oder speziellen Fahrwerkseinstellungen geeignet. Sie ermöglichen zudem eine rollende Radnabenabbildung, wodurch die Messergebnisse noch präziser werden als bei der Radschlagkompensation. Allerdings benötigen einige Geräte speziell geeignete Hebebühnen, was einen zusätzlichen finanziellen Aufwand bedeuten kann. Es gibt aber mittlerweile auch Geräte, wie das X-613 von Launch, bei denen die Messeinheit mittels Magnethalterung an jeder beliebigen Säulen- oder Scherenhebebühne angebracht werden kann. Es ist außerdem sehr kompakt, ein Turm für die Aufnahme der Messeinheiten entfällt ebenso wie ein Trolley mit PC und Monitor. Allerdings setzt es den Einsatz des Launch X-431-Diagnosegerätes voraus. Generell sind die Geräte auch empfindlicher gegenüber Fremdlicht, die Lichtverhältnisse in der Werkstatt müssen passen.

Schulung ratsam

Ganz so vielfältig wie die Auswahl an Achsmessgeräten ist sie bei den Kalibriervorrichtungen von der Technik her nicht, jedoch gibt es auch hier unterschiedliche Ansätze, die die Werkstatt vor einer Anschaffung abwägen sollte. Prinzipiell bringt das Angebot, Kalibrierungen durchzuführen, viel Servicepotential für die Werkstatt. Immer mehr Fahrzeuge, die mittlerweile auch freie Werkstätten aufsuchen, sind mit Sensoren, Kamera- und Radarsystemen vollgestopft. Dennoch zögern viele Betriebe noch, den Service anzubieten und geben ihn an andere Betriebe ab. Dies kann jedoch juristisch riskant sein, wenn es um eine Leistung im Rahmen eines umfänglicheren Kundenauftrags geht. Denn die beauftragte Werkstatt trägt letztendlich die Verantwortung und ist im Falle eines Falles für die Folgen einer nicht korrekten Kalibrierung haftbar, auch wenn ein Fremdunternehmen diese ausgeführt hat. Wer den Service anbieten will, sollte sich also genauer mit dem Thema und der Technik befassen und sich entsprechend schulen lassen.

Verschiedene Vorgaben

Bei der Vielfalt an Fahrzeugen ist es sicherlich kaum möglich, alle Marken abzudecken. Da aber die verschiedenen Hersteller unterschiedliche Kalibrierungsmethoden vorschreiben, kann es hilfreich sein, sich zumindest anfänglich auf die häufigsten im Kundenstamm vertretenen Marken zu konzentrieren. Zur Kamerakalibrierung müssen Fahrzeuge von BMW, Volvo oder Ford fahrdynamisch, also während der Fahrt kalibriert werden. Dabei schreiben die Hersteller ein bestimmtes Fahrprofil vor, welches mittels OBD und Diagnosegerät vorgegeben wird. Dazu braucht es einen zusätzlichen Mitarbeiter auf dem Beifahrersitz. Je nach örtlichen Gegebenheiten kann es außerdem schwierig und zeitaufwändig sein, eine passende Strecke für das vorgegebene Fahrprofil zu finden. Andere Hersteller, wie Mercedes, Fiat oder Kia, schreiben eine statische Kalibrierung zur Fahrzeugmitte oder, wie Fahrzeuge aus dem VAG-Konzern, statisch zur geometrischen Fahrachse vor. Die statische Kalibrierung von Radarsystemen erfolgt hingegen immer zur spurgebenden, also der Hinterachse.

Analog oder digital?

Bei den Kalibriersystemen am Markt lassen sich zwei Unterscheidungen treffen. Zum einen lassen sich die Targethalterungen entweder über Kameras oder per Laser ausrichten. Kamerabasierte Modelle sind meist teurer und benötigen zusätzlich ein Notebook, dafür ist der Kalibriervorgang komfortabler. Allerdings sind diese Systeme auch lichtanfälliger. Schließlich gibt es noch analoge und digitale Systeme zur Ausrichtung und Darstellung der Targets. Am meisten verbreitet sind die anlogen Tafeln, die auf dem ausgerichteten Träger platziert werden. Problem für freie Betriebe: eine Vielzahl an Fahrzeugmarken bedeutet auch viele verschiedene Targets. Und wenn ein neues Fabrikat in die Werkstatt kommt, muss man erst die passende Tafel bestellen. Da sind digitale Systeme, bei denen die Targets auf einem Bildschirm dargestellt werden, im Vorteil, denn hier können benötigte Targets einfach per Download heruntergeladen werden. Allerdings sind diese Systeme kostspieliger, da ein hochauflösender Bildschirm benötigt wird. Dieser sollte mindestens 75 Zoll groß sein und eine 4K-Auflösung haben, bei kleineren Bildschirmen kann es zu Verzerrungen in der Targetdarstellung kommen. Mittlerweile gibt es auch digitale Trägersysteme, die sich mittels Abstandslaser automatisch in Abstand und Höhe einstellen. Teilweise sind sie auch mit einem Achsmesscomputer kombinierbar.

Herstellervorgaben entscheidend

Ein Vorteil der digitalen Systeme ist auch die automatische Dokumentation sowohl der richtigen Positionierung der Targets als auch der korrekt durchgeführten Kalibrierung nach Herstellervorgabe. Und genau hier ergibt sich in einigen Fällen ein Problem. Um Haftungsfragen auszuschließen, ist es wichtig, eben genau nach diesen Herstellervorgaben vorzugehen. Das beginnt bei der vorgeschriebenen Positionierung, über die richtige Größe des Targets bei digitaler Darstellung und endet mit der korrekt durchgeführten Kalibrierung. Digitale Systeme haben den Vorteil, dass die Dokumentation automatisch durchgeführt wird, während bei analogen Systemen der Ausführende die Werte manuell eintragen muss, was Fehlerquellen birgt. Allerdings ist der Einsatz digitaler Systeme bezüglich der Targets nicht von allen Herstellern freigegeben. Ob deren Verwendung trotzdem herstellerkonform ist, ist derzeit in der Diskussion. Der ASA beschäftigt sich derzeit intensiv mit diesem Thema. Sobald Ergebnisse vorliegen, werden wir Sie darüber informieren.


Kalibriersysteme - analog oder digital

Analoge Kalibriersysteme
■ Stationär oder mobil einsetzbar
■ Kamera- und Radarkalibrierung auf Herstellerniveau
■ Für alle modernen Assistenzsysteme geeignet
■ Mehrmarkendiagnose mit vorhandenen OBD-Testern
■ Erweiterbar durch Targets, Radarsysteme, Zubehör
■ Geringe Stellfläche (0,5 qm)
■ Für Pkw und Lkw
Digitale Kalibriesysteme
■ Digitale Targetdarstellung in Originalgröße nach Herstellervorgabe
■ Digitale, dokumentierbare Positionierung mittels Abstandslaser
■ Echtzeitübertragung auf Tablet
■ Sofortiger Target-Download
■ Auto-Select - Automatische Targetauswahl
■ Auto-Heigh: Automatische Höheneinstellung
■ Digital Positioning
■ Kombinierbar mit Achsmesscomputer



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