Schadenregulierung
Die Reparatur von Unfallschäden gehört zu den Kernkompetenzen von Werkstätten. Die Durchführung der Schadenregulierung hingegen birgt zahlreiche Risiken, sofern der Geschädigte fehlerhaft beraten wird.
Ein Fall aus der Praxis: Ein Kunde erleidet einen unverschuldeten Unfall. An seinem Fahrzeug ist ein Reparaturschaden von 6.500 Euro entstanden. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs beträgt 5.000 Euro. Der merkantile Minderwert wird mit 200 Euro ermittelt und der Restwert beträgt 1.000 Euro. Der Kunde hängt an seinem Fahrzeug und würde gerne reparieren lassen. Der Ser-vicemeister weiß, dass er das Fahrzeug instandsetzen darf, wenn die Kosten der Instandsetzung die „Opfergrenze“ nicht überschreiten und maximal 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert liegen. „Wunderbar“, denkt sich der Werkstattmitarbeiter, denn im konkreten Fall bleibt er mit 6.500 Euro genau im Rahmen. Nach der Instandsetzung des Fahrzeugs geht der Ärger aber los, denn die Versicherung rechnet als Totalschaden ab. Statt der erwarteten 6.500 werden lediglich 4.000 Euro erstattet. Grund: Bei der Ermittlung der sogenannten „Opfergrenze“ ist die Wertminderung zu berücksichtigen. Der Servicemeister hätte also 200 Euro hinzu- addieren müssen, und wäre so auf einen Gesamtschaden von 6.700 Euro gekommen. So errechnet sich also ein Totalschaden und die Werkstatt oder der Kunde bleiben auf den fehlenden 2.500 Euro sitzen.
Rechtsanwalt wichtig
Das Beispiel zeigt die Risiken der Durchführung der Schadenregulierung in Eigenregie. Das Schlimmste dabei: Die Werkstatt nimmt dem Versicherer des Schädigers sogar noch Arbeit ab, ohne dass der damit verbundene Aufwand vergütet wird. Es empfiehlt sich daher in aller Regel mit kompetenten Rechtsanwälten zusammenzuarbeiten. Die Vorteile für die Werkstätten liegen auf der Hand:
Sie können für ihre Kunden die optimalen Reparaturen durchführen und sind nicht zur billigsten Variante nach Anweisungen des Schadenregulierers der Versicherung gezwungen.
Sie können die Geschädigten auf kompetente Verkehrsanwälte hinweisen, die auch weitere Schadenersatzansprüche geltend machen und gegebenenfalls auch gleich gerichtlich durchzusetzen vermögen, z. B. Schmerzensgeld, Heilbehandlungskosten, vermehrte Bedürfnisse, Erwerbsschaden, Haushaltsführungsschaden usw.
Etwaige Verstöße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz sind ausgeschlossen. Der Rechtsanwalt ist versichert, für den Fall, dass bei der Beratung doch einmal etwas schiefgeht.
Fallgruppen der Unfallschäden
Um einen Überblick über die zahlreichen Besonderheiten bei der Abrechnung von Unfallschäden zu erhalten, haben wir die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Thema Unfallschaden systematisch nach Fallgruppen sortiert. Sie können die Übersicht bei uns im Internet unter www.autoservicepraxis.de/schadenregulierung abrufen. Hierfür müssen Sie registrierter Nutzer unserer Seite sein. Falls Sie dies noch nicht sind, können Sie das schnell, einfach und vor allem kostenlos unter www.autoservicepraxis.de/mein-asp nachholen. Die in der Matrix verwendeten Abkürzungen stellen wir in nebenstehender Box dar. RA Jürgen Leister, Heidelberg
Abkürzungen
Fachbegriffe der Schadenregulierung
Reparaturkosten (RK): RK sind die Kosten, welche für die ordnungsgemäße Reparatur des unfallbedingt entstandenen Schadens erforderlich sind.
Wiederbeschaffungswert (WBW): Hierbei handelt es sich um den Preis, den der Geschädigte für einen wirtschaftlich gleichwertigen unbeschädigten Ersatzgegenstand bezahlen muss. Der WBW ist die Grundlage für die Wertbestimmung einer Sache.
Restwert (RW): Unter RW versteht man den Betrag, den der Geschädigte für sein unfallgeschädigtes Fahrzeug im unreparierten Zustand auf den ihm zugänglichen Markt durch Verkauf oder durch Inzahlunggabe noch realisieren kann.
Wiederbeschaffungsaufwand (WBA): WBA ist derjenige Betrag, den der Geschädigte benötigt, um sich nach Verkauf des beschädigten Fahrzeugs ein gleichwertiges Fahrzeug anzuschaffen. Er ist damit die Differenz aus Wiederbeschaffungswert und Restwert.
Aus unserer Online -Datenbank
Branchenrelevante Urteile
Autohändler hat Hinweispflicht
Ein gewerblicher Gebrauchtwagenverkäufer handelt arglistig, wenn er anhand erkennbarer Nachlackierung den Verdacht eines Unfallschadens hegt, diesen aber gegenüber dem Kunden verschweigt (OLG Karlsruhe, Az.: 4 U 71/09).
28 Cent sind kein Kündigungsgrund
Entwendet ein Mitarbeiter drei Schrauben im Wert von 28 Cent, ist das nicht automatisch ein Grund für eine fristlose Kündigung, wie das Bonner Arbeitsgericht bestätigt (Az.: 1 BV 47/10).
Garantieleistungen am Fahrzeugstandort
Während der Bundesgerichtshof im vergangenen März entschieden hat, dass der Ort der Nacherfüllung im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung durchaus beim Händler liegen kann, sieht es bei der Herstellergarantie anders aus. Ist der Leistungsort in den Vertragsbestimmungen nicht ausdrücklich festgelegt, kann der Hersteller dem Eigentümer auch nicht vorschreiben, wo er den Garantieanspruch geltend macht (LG Saarbrücken, Az.: 5 T 517/10).
Mehr zu diesen und weiteren Urteilen finden Sie auf unserer Internetseite
unter www.autoservicepraxis.de/recht
- Ausgabe 8/2011 Seite 58 (228.3 KB, PDF)