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Prüfungsrhythmen und -routinen

20.01.2012 12:02 Uhr

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Worauf Finanzämter achten

Gewinnwarnung

Wirft ein Kfz-Betrieb auffallend wenig Gewinn ab, werden die Finanzbeamten misstrauisch. Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere Knackpunkte, die eine Betriebsprüfung auslösen können.

Bei 150.000 Euro Jahresumsatz sollte eine Kfz-Werkstatt in den Jahren 2010 und 2011 mindestens 19.500 Euro Reingewinn erwirtschaftet haben. Wer darunter liegt, weckt den Argwohn der Finanzbehörden. Denn das Bundesministerium der Finanzen gibt für 74 Branchen aus Handel, Handwerk und Gastronomie so genannte Richtsätze für den Reingewinn vor. Die Werte für Kfz-Einzelhandel, Kfz-Lackiererei, Kfz-Zubehörhandel und eben auch Kfz-Reparatur wurden im Jahr 2009 angehoben und gelten für die Jahresabschlüsse des Jahres 2010 und 2011.

Die Kfz-Reparaturbetriebe werden in drei Umsatzgrößenklassen eingeteilt, für die unterschiedliche Sätze (s. Kasten „neue Richtsätze“) gelten. Immerhin räumen die Finanzbehörden recht großzügige Gewinnkorridore ein. So sollte der Reingewinn bei Betrieben mit Umsätzen über 300.000 Euro zum Beispiel zwischen neun und 29 Prozent liegen. Im Mittel gehen die Finanzbehörden hier von 14 Prozent aus. Liegt der Reingewinn in 2010 und 2011 weit über oder unter dem relevanten Mittelwert oder gar jenseits der Grenzen des Gewinnkorridors, sehen sich die Sachbearbeiter in den Finanzämtern diese Jahresabschlüsse mit hoher Wahrscheinlichkeit genauer an – und machen wohl auch ihre Kollegen von der Betriebsprüfung mehr oder weniger nachdrücklich auf dieses Unternehmen aufmerksam. Das muss zwar nicht zwingend bedeuten, dass tatsächlich eine Betriebsprüfung erfolgt. „Doch wer die Richtsätze unterschreitet, macht sich verdächtig“, erklärt Horst Neubacher, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in der Kanzlei Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner.

Prüfungsrhythmen und -routinen

Großbetriebe mit einem Umsatz ab 5,3 Millionen Euro (siehe Kasten) werden im Schnitt alle vier Jahre einer Betriebsprüfung unterzogen. Mittelständler trifft es etwa alle 15 Jahre. Bei Kleinunternehmen steht der Betriebsprüfer laut Statistik dagegen nur alle 29 Jahre auf der Matte, bei Kleinstunternehmen tendiert die Wahrscheinlichkeit gegen Null. „Das sind allerdings Durchschnittswerte. Es kann durchaus vorkommen, dass bei einem Kleinunternehmen der Betriebsprüfer binnen zehn Jahren zweimal prüft“, berichtet Neubacher. „Das Verhalten der Finanzbehörden ist in diesem Fall nur schwer kalkulierbar. Auf jeden Fall steigt das Risiko einer Außenprüfung signifikant, wenn ein Unternehmen dort erst einmal aufgefallen ist.“

Wo sind die Gewinne geblieben?

Neben Gewinnen, die unter den Richtsätzen liegen, gibt es aber noch weitere Knackpunkte, mit denen ein Unternehmen die besondere Aufmerksamkeit der Finanzbeamten auf sich zieht. Dazu zählen laut Neubacher insbesondere starke Gewinnschwankungen: Erwirtschaftet eine Werkstatt zum Beispiel in einem Jahr einen Gewinn von 300.000 Euro und dann im Folgejahr nur noch 50.000 Euro, wird der Finanzamtssachbearbeiter beim Jahresabschluss wohl ebenfalls ein gewisses Interesse daran entwickeln, sich einen Reim auf diesen Gewinneinbruch zu machen. „Grundsätzlich ist es empfehlenswert, dass der Unternehmer oder sein Steuerberater zusammen mit dem Jahresabschluss eine schlüssige Erklärung für explodierende oder drastisch gesunkene Gewinne einreichen“, weiß Neubacher aus Erfahrung. „Denn dass etwa die Eröffnung einer Filiale, ein langer krankheitsbedingter Ausfall des Inhabers oder ein katastrophaler Brand im Lager negative Auswirkungen auf die Rentabilität haben, ist ja durchaus nachvollziehbar.“

Misstrauisch werden die Finanzbeamten aber auch, wenn

der Unternehmensgewinn nicht zu den Angaben in der privaten Einkommensteuererklärung des Unternehmers passt.

ein Unternehmer eine private Immobilie ohne Kreditaufnahme bezahlt, obwohl die Höhe von Geschäftsführergehalt, Gewinn oder Privatentnahmen dies nicht zulassen.

die Lohnleistungen, die ein Unternehmer bezahlt hat, nicht zu den Umsätzen passen, die mit Servicearbeiten erzielt wurden.

im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche die Betriebskosten zu hoch und/oder die Umsätze zu niedrig ausfallen.

„Ein guter Steuerberater wird seine Mandanten von sich aus auf Ungereimtheiten und potenzielle Probleme dieser Art hinweisen“, sagt Neubacher. „Denn gerade bei Kfz-Betrieben steht ja immer schnell der Verdacht auf Schwarzarbeit im Raum.“ Darüber hinaus kann allerdings auch der Kauf von betrieblichen Immobilien, ein Neubau sowie eine Betriebsaufgabe oder -übertragung, über die das Finanzamt informiert werden muss, den Besuch eines Betriebsprüfers nach sich ziehen.

Auf Herz und Nieren

Bei einer Betriebsprüfung, auch Steuer- oder Außenprüfung genannt, besucht ein Prüfer das Unternehmen nach vorheriger Anmeldung und analysiert die steuerlich relevanten Sachverhalte. In der Regel werden drei zusammenhängende Wirtschaftsjahre unter die Lupe genommen. Je nach Unternehmensgröße kann alles binnen eines Tages über die Bühne gehen, eine Betriebsprüfung kann sich aber auch einige Wochen, bei Großunternehmen sogar Monate oder Jahre hinziehen. Dabei geht es nicht nur darum, ungerechtfertigte Steuerminderungen aufzudecken, auch Buchführungsmängel werden moniert. „Fehlende, unvollständige oder falsch ausgefertigte Unterlagen können zu erheblichen Nachzahlungen führen – wobei die formellen Anforderungen, die Unternehmen hier erfüllen müssen, in den letzten Jahre immer höher geschraubt wurden“, warnt Horst Neubacher. Bei zu großer Schlamperei, so der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater weiter, erkläre der Betriebsprüfer die Aufzeichnungen des Unternehmers für mangelhaft und es komme zur Gewinnschätzung. „Und dabei wird natürlich nicht unbedingt ein Gewinn veranschlagt, der sich am unteren Ende des Branchenüblichen bewegt.“

Der digitalisierte Steuerschuldner

Kritische Themen gibt es bei jeder Betriebs-prüfung (siehe Kasten „Schwer geprüft“). Doch durch die Möglichkeiten der digitalen Betriebsprüfung steigt die Gefahr, dass Prüfer fündig werden. Seit 2002 dürfen sie nämlich auch die Datenverarbeitungssysteme der Unternehmen durchforsten. Ab 2013 muss voraussichtlich auch die Steuerbilanz in digitaler Form abgegeben werden. „Letztlich werden die Prüfungen der Finanzbehörden dadurch deutlich intensiver als bisher“, sagt Neubacher. Ausgefeilte Prüfsoftware ermöglicht es einem Betriebsprüfer, die Zahlen eines Unternehmens viel schneller und effektiver als bisher auszuwerten und mittels komplexer statistischer Verfahren auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Wo früher ganze Aktenordner mit Dokumenten durchwühlt werden mussten, sind mittlerweile nur noch ein paar Mausklicks nötig, um kleine und große Ungereimtheiten, wie etwa untypisch hohe Einkaufsvolumina oder Zahlungseingänge innerhalb eines bestimmten Zeitraums, aufzuspüren. „Natürlich hat das Unternehmen dann die Möglichkeit, diese Auffälligkeiten zu erklären und etwaige Verdachtsmomente des Betriebsprüfers zu entkräften“, sagt Neubacher. Daher kann es sinnvoll sein, die Unternehmensdaten bereits vor einer Betriebsprüfung vom Steuerberater auf eine ähnliche Weise digital analysieren zu lassen, wie es auch Betriebsprüfer tun.

Dafür bietet die DATEV Steuerberatern eine Softwarelösung. Denn wer noch vor dem Besuch des Prüfers seine Buchhaltungsdaten auf eventuelle Ungereimtheiten und verdächtig erscheinende Zusammenhänge abklopft, kann sich besser auf deren Aufklärung vorbereiten oder einen Missstand vielleicht sogar noch rechtzeitig abstellen. Eva Elisabeth Ernst

▶ Wer die Richtsätze für branchenübliche Gewinne deutlich unterschreitet, macht Betriebsprüfer neugierig

Was Betriebsprüfer interessiert

Schwer geprüft

Eine Auswahl der kritischen Punkte, auf die Betriebsprüfer in Kfz-Betrieben besonders intensiv achten:

Richtsätze und Realität: Bewegen sich die Gewinne des Unternehmens in dem per Richtsatz vorgegebenen Korridor?

Ein- und Ausgangsrechnungen: Alle erforderlichen Angaben vorhanden? Keine doppelt vergebenen oder ausgelassenen Rechnungsnummern?

Zahlungsein- und ausgänge: Alle korrekt belegt und eindeutig zurechenbar? Keine verdächtigen Lieferungen an die Privatadressen von Unternehmer oder Mitarbeitern, die an die Firma berechnet wurden?

Kassenbuch: Für jede Zahlung ein korrekter Beleg vorhanden? Kassenbestand niemals im Minus?

Privatnutzung von Firmenfahrzeugen – inklusive der Ersatzfahrzeuge, die den Kunden für die Dauer der Reparatur zur Verfügung gestellt werden: Ordnungsgemäß dokumentiert (Fahrtenbuch!) und versteuert? Klare Regelungen für Mitarbeiter, die diese Fahrzeuge privat nutzen? Auch dieser geldwerte Vorteil versteuert?

Ersatzteile, Schmierstoffe: Taucht alles, was bestellt und bezahlt wurde, auf Kundenrechnungen oder im Lagerbestand wieder auf? Wer in einem Geschäftsjahr zum Beispiel 75 Auspuffanlagen bestellt, aber nur 50 an seine Kunden weiterberechnet hat, gerät in Schwierigkeiten. Es sei denn, er kann anhand seiner Inventurdaten nachweisen, dass sich die restlichen 25 im Ersatzteillager befinden.

Lagerbestand: Keine auffällig hohen Abschreibungen auf die Bestände im Ersatzteillager? Keine drastischen Wertsteigerungen?

Arbeitsleistung: Stehen die Lohnsummen und die Zahl der Arbeitsstunden in einem branchenüblichen Verhältnis zu Umsatz und abgerechneten Arbeitswerten? Keine allzu hohen unproduktiven Zeiten, die auf Schwarzarbeit hinweisen?

Verträge mit Familienangehörigen: Sind Darlehens-, Miet- und Arbeitsverträge, die mit Familienangehörigen geschlossen werden, korrekt und genauso ausgestaltet wie Verträge mit fremden Dritten? Formvorschriften eingehalten? Konditionen marktgerecht? Zinsen, Miete, Löhne und Gehälter tatsächlich bezahlt? Finden sich Beweise, dass im Betrieb angestellte Familienangehörige dort auch tatsächlich gearbeitet haben?

▶ Betriebsprüfungen konzentrieren sich vor allem auf große Betriebe. Doch auch kleine kann es treffen

Für Kfz-Reparaturbetriebe

Neue Richtsätze

Die aktuellen Richtsätze für Kfz-Lackiererei, Kfz-Einzelhandel und Kfz-Zubehörhandel sind online unter www.bmf.de -> Wirtschaft und Verwaltung -> Steuern -> Betriebsprüfung ->Richtsatzsammlung/Pauschbeträge veröffentlicht.

Jahresumsatz

Reingewinn in %

Mittel

bis 150.000 Euro

13 - 41

25

über 150.000 Euro

bis 300.000 Euro

9 - 29

19

über 300.000 Euro

5 - 25

14

Quelle: Bundesministerium der Finanzen, August 2011

Kleinst-, Klein-, Mittel- oder Großbetrieb?

Betriebsdefinition

Umsatz

Gewinn

Kleinstbetriebe

unter € 160.000

unter € 34.000

Kleinbetriebe

ab € 160.000

ab € 34.000

Mittelbetriebe

ab € 710.000

ab € 59.000

Großbetriebe

ab € 5.300.000

ab € 305.000

▶ Starke Gewinnschwankungen bedürfen der Erklärung, will man Verdachtsmomente zerstreuen

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