Informationspflicht
Ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) dürfte bei Bankinstituten für Unruhe sorgen. Die Richter haben darin Position zur Informationspflicht und der Möglichkeit von Banken und Behörden bezogen, diese zu verweigern.
Unternehmer und Betriebsinhaber, denen, ob berechtigt oder unberechtigt, Ärger mit ihrem Bankinstitut droht, sollten sich den folgenden Beitrag sorgfältig durchlesen. Denn so deutlich wurden sowohl dem Bundesfinanzministerium als auch einer Bundesbehörde wohl noch nie die Erfordernisse ihrer Informationsverpflichtung gegenüber dem Bürger aufgezeigt. Nach dieser Entscheidung mit dem Aktenzeichen 27 F 1081/ 19 darf das Bundesfinanzministerium der ihr unterstellten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Herausgabe von Informationen nicht pauschal mit dem Verweis auf ein angebliches Geheimhaltungsbedürfnis untersagen.
Sauber verspekuliert?
Zur Erläuterung: Die BaFin ist die Auf-sichtsbehörde der Finanzbranche in Deutschland. Sie prüft unter anderem Jahresabschlüsse von Banken und Versicherungen und soll kontrollieren, inwieweit Finanzunternehmen Spekulationsgeschäfte betreiben. Um ein solches ging es auch in dem diesem VGH-Beschluss zu Grunde liegenden Fall: Ein Anleger klagte gegen ein Kreditinstitut, das im Januar 2006 einen Verlust von bis zu 1,3 Milliarden Euro für 2005 ankündigte. Offensichtlich kam dieser Verlust unter anderem durch Fehleinschätzungen der Bank bei Zinsspekulationsgeschäften zustande.
Der Kläger, selbst Inhaber von Wertpapieren der Bank, warf dem Kreditinstitut vor, schon vor 2005 von den Verlustrisiken zwar gewusst, diese aber dem Kapitalmarkt verschwiegen zu haben. Im weiteren Verlauf des Verfahrens verlangte der Kläger nun von der BaFin in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde die Herausgabe von konkreten Informationen, vor allem von Stellungnahmen und Berichten zu den Jahresabschlüssen und Spekulationsgeschäften des beklagten Kreditinstituts. Der Kläger berief sich dazu auf das Informationsfreiheitsgesetz, in dem festgelegt ist, dass Bürger einen grundsätzlichen Anspruch auf Einsichtnahme amtlicher Daten von Bundesbehörden wie eben der BaFin besitzen.
Vertraulich – Zugang verweigert
Die BaFin weigerte sich aber zunächst, diesem Anspruch nachzukommen und verwies auf die „Vertraulichkeit der Informationen“. Der VGH gab sich mit dieser lapidaren Begründung jedoch nicht zufrieden und wies seinerseits die BaFin an, ihm die Unterlagen vorzulegen (AZ: 6 A 1684/ 08). Offenbar wollten sich die Richter nun selbst ein Bild verschaffen, ob die Akten tatsächlich schutzwürdige Informationen enthielten.
Nachdem die BaFin nach dieser Entscheidung mit dem Hinweis auf eine Sperrerklärung des ihr vorgesetzten Bun-desfinanzministeriums konterte, das ebenfalls mit dem Geheimhaltungsbedürfnis argumentierte, beantragte der Kläger, diese Sperrerklärung für rechtswidrig zu erklären.
Urteil mit Signalwirkung
Das Ergebnis ist bekannt: Die VGH-Richter folgten dem Antrag des klagenden Anlegers. Nach ihrer Überzeugung hat das Bundesfinanzministerium nicht genau dargelegt, aus welchem Grund ein kon-kreter Teil der Akten der Geheimhaltung unterliegen sollte. Jedenfalls reicht der pauschale Hinweis, dass sich in den vorzulegenden Unterlagen auch Informationen befinden, die nichts mit dem Einsichtsbegehren des Klägers zu tun haben, als Begründung nicht aus. Im Ergebnis handelt es sich um eine äußerst weitreichende Entscheidung. Immerhin wird es den Behörden bei zukünftigen vergleichbaren Fällen, bei denen es bei-spielweise auch um Kreditprobleme oder um Streitigkeiten bei Bankkosten geht, schwerfallen, eine allgemein gehaltene „Geheimhaltungsverpflichtung“ zu be- gründen. Es muss vielmehr detailliert dargelegt werden, wie eine solche In- formationsverweigerung im konkreten Einzelfall zu rechtfertigen ist. Interessant ist darüber hinaus die Frage, ob diese VGH-Entscheidung nicht nur für Bankinstitute, sondern auch für Versicherer und andere, von der BaFin beaufsichtigte Fi- nanzdienstleister Konsequenzen haben wird. Jedenfalls bietet die nun vorhandene rechtliche Grundlage neben dem Infor-mationsfreiheitsgesetz eine zusätzliche Möglichkeit, Anlegern, Kreditnehmern oder möglicherweise auch Versicherungskunden zu ihrem Recht mit Informationen zu verhelfen, zu denen sie bisher keinen oder nur einen begrenzten Zugang erhielten. Michael Vetter
Informationsfreiheitsgesetz
Auf den Punkt
Das Gesetz, in Kraft getreten im Januar 2006, gewährt Personen einen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden. Dies kann zum Beispiel durch Auskunftserteilung, durch Akteneinsicht oder durch Recherchen in Datenbanken erfolgen. Das Gesetz erhält jedoch auch Ausnahmetatbestände, durch die das Recht auf einen Informationszugang eingeschränkt bzw. vollständig verwehrt werden kann. So darf beispielsweise ein Zugang zu personenbezogenen Daten grundsätzlich nur dann gewährt werden, wenn das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegt oder der Betroffene eingewilligt hat.
Gesetz im Wortlaut: www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/ifg/gesamt.pdf
- Ausgabe 1/2011 Seite 54 (241.9 KB, PDF)