TÜV Hanse im Porträt
Nordlichter
Die Ausgangssituation war alles andere als einfach. „Bis Ende der 90er-Jahre war die heutige TÜV Hanse im Besitz der Freien und Hansestadt Hamburg und hatte in der Stadt einen Marktanteil von rund 35 Prozent bei den Hauptuntersuchungen“, erzählt Hero Wilters, Geschäftsführer der TÜV Hanse GmbH. Wilters ist seit rund 20 Jahren dabei und war schon in Diensten der Stadt Hamburg als amtlich anerkannter Sachverständiger tätig. Doch die 1990 begonnene Liberalisierung der Fahrzeugüberwachung blieb nicht ohne Folgen. Bis 2003 fiel der Marktanteil der damaligen Technischen Prüfstelle Hamburg (ab 2004 TÜV Hanse GmbH) auf unter 20 Prozent. Mit schwindenden Marktanteilen wuchs der wirtschaftliche Druck auf die Stadt. „2003 gab es ein Bieterverfahren, bei dem die Stadt Hamburg ihre Technische Prüfstelle zum Kauf anbot. Den Zuschlag bekam damals TÜV SÜD“, erklärt Hero Wilters. Zum 1. Januar 2004 übernahm TÜV SÜD 90 Prozent der Unternehmensanteile von TÜV Hanse. Die restlichen zehn Prozent des Unternehmens gehören nach wie vor dem Alteigentümer, der Stadt Hamburg.
„Für uns begann mit der Übernahme durch TÜV SÜD die Aufbauarbeit und die Rückeroberung verloren gegangener Marktanteile“, erzählt der Geschäftsführer. Das ist in den letzten Jahren trotz intensiven Wettbewerbs erfolgreich gelungen. Mittlerweile ist der Marktanteil von TÜV Hanse mit ihren 100 Mitarbeitern im Stadtgebiet Hamburg wieder auf rund 25 Prozent gestiegen. „Rund 100.000 Prüfungen nehmen wir jährlich ab“, sagt Wilters. Davon führen die Sicherheitsexperten der TÜV Hanse rund 60 Prozent aller Hauptuntersuchungen heute in den Betrieben der Autohaus- und Werkstattkunden durch.
Im letzten Jahr hat TÜV Hanse ihren Wirkungskreis über Hamburg hinaus erweitert. „Wir sind seit 2004 als Überwachungsorganisation von der Stadt Hamburg anerkannt und haben darüber hinaus mittlerweile auch die Anerkennung für Niedersachsen und Schleswig-Holstein“, sagt Wilters. Bremen und Mecklenburg-Vorpommern sollen noch folgen. Die räumliche Expansion erkläre sich vor allem aus der Kundenstruktur. „Wir haben Kunden aus den Bereichen Autohaus oder Fuhrpark, die in ganz Norddeutschland tätig sind. Die möchten wir selbstverständlich auch jenseits des Hamburger Stadtgebiets mit unseren Dienstleistungen versorgen“, erklärt Wilters. Beim Dienstleistungsspektrum konzentriert man sich auf die klassischen Prüfleistungen wie HU, AU, Änderungs-Gutachten, Einzelbetriebserlaubnis, Sicherheitsprüfung etc. „Wir haben eine gute Arbeitsteilung mit den Kollegen von TÜV SÜD Auto Plus, die sich um alle so genannten freiwirtschaftlichen Dienstleistungen (Wert- und Gebrauchtwagengutachten, Flottenservices, Beratungsleistungen für Autohäuser und Werkstätten etc.) kümmern.“ Für die enge Kooperation sorgt auch, dass Klaus Balow, Geschäftsführungskollege von Hero Wilters, zugleich einer der Geschäftsführer von TÜV Auto Plus ist.
Spezialisten für knifflige Fälle
Trotz der Arbeitsteilung leiden die Experten der TÜV Hanse nicht an Unterbeschäftigung. Das Unternehmen hat sich bei Werkstätten und Autohäusern, aber auch unter ambitionierten Schraubern einen Ruf als Spezialist für komplexe Fälle erarbeitet. „Wir sind bundesweit eine der wenigen Organisationen, bei denen die Zahl der Einzelgutachten nach Paragraf 21 StVZO in den letzten Jahren gestiegen ist“, erzählt Winfried Bendler, der seit 2004 für TÜV Hanse tätig ist und sich um strategische Geschäftsfelder kümmert. Zu den Spezialitäten der TÜV Hanse gehören beispielsweise Gutachten für importierte Fahrzeuge, besonders aus den USA. Dabei sind es nicht nur die neuen, sondern vor allem Old- und Youngtimer, die bei TÜV Hanse vorgeführt werden. „In Hamburg hat sich herumgesprochen, dass unsere amtlich anerkannten Sachverständigen u.a. auch Experten für ältere Fahrzeuge und besonders für amerikanische Autos sind“, erzählt Wilters. Der Zuspruch der Hamburger Oldtimer-Szene lässt sich auch an der eigenen Oldtimerveranstaltung ablesen, die jährlich am 3. Samstag im September auf dem Gelände der TÜV Hanse in Harburg stattfindet. „Über 300 Fahrzeuge waren im letzten Jahr hier zu bestaunen“, erzählt Wilters.
Ein Herz für Tuning
Zu den Spezialitäten der TÜV Hanse gehören außerdem Exportgutachten für Fahrzeugverkäufe nach Skandinavien. Und nicht zuletzt fühlt sich die Tuner-Szene bei den Hamburger Experten für Technik und Sicherheit gut aufgehoben. Bei unserem Besuch prüfen die Experten gerade einen komplett umgebauten VW-Bus auf Herz und Nieren, der mit dem Original eigentlich nur noch die Karosserie gemeinsam hat. „Tuning ist ein sensibles Thema, denn nicht alles was gefällt, ist auch technisch erlaubt. Aber unsere Mitarbeiter sind Vollblut-Techniker und begleiten Kunden auf Wunsch durch die komplette Umbaumaßnahme. Der Expertenrat wird gern genutzt, denn er erspart den Kunden unter Umständen teure Fehler und Fehlinvestitionen“, so Wilters.
Für die Zukunft der TÜV Hanse setzt er vor allem auf den Ausbau der persönlichen Beratungsleistungen und das Wachstum ins Hamburger Umland. In Angriff genommen werden sollen zudem einige Neubauprojekte. „Einige unserer Prüfstellen stammen aus den 60er-Jahren. Da konnten sie sechs Prüfgassen noch problemlos auslasten. Heute reicht die Hälfte der Fläche, um das Prüfaufkommen zu bewältigen. Darum gilt für unsere Bauprojekte – weniger ist mehr.“ fs
Weitere Infos: www.tuev-hanse.de