Stundenverrechnungspreise
Stundenverrechnungssatz und Teileaufschlag sauber zu kalkulieren ist auch für Einzelkämpfer ein Muss. Zu niedrige Preise führen zu Altersarmut oder kosten gar die Existenz – und sie untergraben das Vertrauen der Kunden.
Natürlich ist die Versuchung groß, in einem Handwerkerportal oder am Telefon einen Dumpingpreis zu nennen, wenn in der Werkstatt gerade sowieso nichts zu tun ist“, sagt Hartmut Drexel, Leiter der Abteilung betriebswirtschaftliche Förderungsmaßnahmen bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern. „Doch der Werkstattinhaber sollte sich überlegen, wie er dem Kunden beim nächsten Mal, wenn er die Werkstatt voll hat, einen höheren, da kostendeckenden Preis vermitteln will.“ Außerdem können Niedrigstpreise den Traum von der eigenen Werkstatt ganz schnell zum Alptraum werden lassen. „Die Entlohnung des Unternehmers geschieht bei Ein-Mann-Betrieben in aller Regel über Gewinnentnahmen“, erklärt Ralf Hirschmann, BUS-Berater in der Region Oberfranken und Oberpfalz. In den Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) wird das nicht ausgewiesen. Daher erscheint das betriebswirtschaftliche Ergebnis einer Werkstatt zunächst positiv. Nach Abzug der Unternehmerentnahmen ändert sich das aber schlagartig. Gerade bei Jungunternehmern erlebt es HWK-Experte Drexel immer wieder, dass sie völlig scho-ckiert sind, wenn sie die Bilanz vom Steuerberater erhalten und erkennen müssen, dass ihr Unternehmen im vergangenen Jahr einen Verlust eingefahren hat.
Unternehmerlohn kalkulieren
„Davor bewahrt ein realistisch kalkulierter Stundenverrechnungssatz, in den auch der Unternehmerlohn einberechnet wird“, sagt Drexel. Daumenregeln oder gar allgemein empfehlenswerte Preistabellen, wie hoch der Stundenverrechnungssatz eines Einzelkämpfers mindestens sein sollte, gebe es keine. „Die Kalkulationsgrundlagen sind höchst unterschiedlich. Kein Kfz-Meister kommt drumherum, das für sich selbst auszurechnen.“ Das Basisschema zur Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes für die Werkstatt eines Einzelkämpfers ist simpel, doch die einzelnen Positionen haben es in sich:
Jährlicher Unternehmerlohn
+ jährliche Raum- und Raumnebenkosten
+ Abschreibungen
+ jährliche Gemeinkosten
Summe der jährlichen Kosten
geteilt durch die jährlichen produktiven Arbeitsstunden des Werkstattinhabers.
Der jährliche Unternehmerlohn: Er sollte zumindest dem Gehalt eines angestellten Meisters entsprechen. Auch die finanzielle Absicherung für Ausfallzeiten wegen Krankheit oder gar Berufsunfähigkeit sowie eine ausreichend hohe Altersvorsorge sollte mit einberechnet werden. Die jährlichen Raum- und Raumnebenkosten: Hierzu zählen Miete sowie Kosten für Strom, Gas, Heizung, Abwasser und Entsorgung. Wer in seinen eigenen Räumlichkeiten arbeitet, sollte zudem eine kalkulatorische Miete ansetzen, um einen reellen Preis zu ermitteln.
Die jährlichen Abschreibungen für die Werkstattausstattung: Dabei wird angesetzt, wie lange ein Gerät genutzt werden kann und die Zahl der Jahre durch den geschätzten Wiederbeschaffungswert geteilt. Wer kurzfristig besonders knapp kalkulieren muss, sollte zumindest die Leasingraten oder Zins und Tilgung für die Kredite berücksichtigen, die er für die Geräte aufgenommen hat.
Zum (Über-)Leben zu wenig
Die jährlichen Gemeinkosten: Dazu zählen alle anderen Kosten, die in einer Werkstatt anfallen, unter anderem für Büromaterial, Firmenwagen, Steuerberater, Gewerbesteuer, Telefon und Hosting-Gebühren für den Internet-Auftritt. Genaue Zahlen liefert der Steuerberater.
Diese Summe wird dann durch die Zahl der produktiven Stunden geteilt. Das sind die Stunden, die den Kunden auch tatsächlich in Rechnung gestellt werden können. Das vergangene Jahr bietet eine solide Basis für die Einschätzung. Das Resultat ist der Stundenverrechnungssatz, der verlangt werden muss, damit die Werkstatt zumindest kostendeckend arbeitet. Nicht darin enthalten sind ein Entgelt für das unternehmerische Risiko und eine theoretische (= kalkulatorische) Verzinsung des Eigenkapitals, das in die Werkstatt gesteckt wurde. Ein Gewinn ist mit diesem Preis nicht zu erwirtschaften. Dazu müsste entweder die Zahl der produktiven Stunden oder der Stundensatz höher ausfallen. Werden Mitarbeiter beschäftigt, steigt das unternehmerische Risiko noch einmal erheblich an. Dann sollte dieses stark vereinfachte Kalkulationsschema durch ein detaillierteres Verfahren ersetzt werden (siehe Buchtipp). Dennoch dürfte der mit diesem Einfach-Schema errechnete Stundenverrechnungssatz deutlich höher ausfallen, als so mancher Einzelkämpfer befürchtet und an seine Kunden weitergibt. Und natürlich müssen darauf noch 19 Prozent Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden. Wer also damit rechnet, als frisch gebackener Unternehmer mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 25 Euro schon einigermaßen über die Runden zu kommen, sollte schnellstens umdenken. Dieses Umdenken wird durch die umgekehrte Kalkulation erleichtert, für die sämtliche im obigen Schema ermittelten Jahreswerte auf die produktiven Stunden umgerechnet werden:
Aktuell berechneter Stundensatz
- 19 Prozent Umsatzsteuer (Stundensatz :119, Ergebnis x 100)
- anteilige Abschreibung pro produktiver Stunde
- anteilige Raum- und Raumnebenkosten pro produktiver Stunde
Das Ergebnis ist der Stundenlohn, der dem Werkstattinhaber bleibt. Allerdings lebt ein selbständiger Kfz-Meister nicht nur von seiner Arbeitskraft, sondern auch vom Ersatzteilzuschlag. „Der Teileaufschlag sollte dreißig Prozent erreichen, wobei sich dieser Wert auf die jährliche Teilerendite bezieht“, sagt Berater Hirschmann. „Häufig wird der Fehler begangen, nur einzelne Aufträge als Berechnungsgrundlage anzusetzen und die allgemein notwendigen Teile nicht zu berücksichtigen.“ Doch eine Werkstatt muss natürlich jede eingebaute Schraube bezahlen – auch wenn sie dem Kunden nicht berechnet wird. „Zudem zeichnet sich bei Ein-Mann-Betrieben häufig eine höhere Ersatzteilausschussquote ab, da der Materialeinkauf weniger professionell durchgeführt wird und immer wieder falsch bestellte Ersatzteile im Lager verstauben“, weiß der BUS-Berater aus Erfahrung. So kommt es, dass kleine Werkstätten im Jahresschnitt nur Teileaufschläge von 22 Prozent erreichen. Am Ende des Jahres nachzurechnen, wie viel mit den Teilen tatsächlich verdient wurde, ist daher höchst empfehlenswert.
Besteht ein Kunde darauf, seine Teile selbst mitzubringen, ist das nicht nur haftungsrechtlich, sondern auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht bedenklich. „Bei Einzelkämpfern macht der Teileumsatz rund 54 Prozent des Umsatzes aus“, weiß Hirschmann. „Rechnet man den Ertrag heraus, den eine Werkstatt bei einem durchschnittlichen Auftrag mit den Ersatzteilen verdient, müssen 15 Euro pro Stunde mehr verlangt werden, um den fehlenden Teileaufschlag wettzumachen.“ Dass es in der Praxis gelingt, diesen Aufschlag gerade bei den Kunden durchzusetzen, die möglichst günstige Ersatzteile in Eigenregie besorgen, das bezweifelt der BUS-Berater allerdings stark.
Nur billig ist zu wenig
„Leider herrscht im Handwerk immer noch der Irrglaube ‚besser billig als gar nicht’“, moniert Hirschmann. In Kombination mit einer niedrigen Eigenkapitalquote und geringen finanziellen Reserven ergibt das eine ungesunde Mischung, die schnell eine Abwärtsspirale in Gang setzen kann.
Und mit Kunden, die nicht bereit sind, für professionelle Leistungen einen angemessenen Preis zu bezahlen, lässt sich diese Spirale nur schwer stoppen. Neue Kunden zu gewinnen, weil man der Billigste ist, sei nicht die beste Strategie, vor allem weil es immer jemand gebe, der noch billiger sei – und sei es ein Schwarzarbeiter, gibt auch Hartmut Drexel zu bedenken. „Billig und gute Qualität – das passt nicht zusammen. Ein Handwerksmeister kann langfristig nur überleben, wenn er Qualität liefert. Und Qualität hat nun einmal ihren Preis.“ Eva Elisabeth Ernst
Buchtipp
Rechenhilfe
Ausführliche und verständlich aufbereitete Informationen rund um Kalkulation und Kostenrechnung bietet die Broschüre „Vertrauen ist gut – Controlling ist besser“, die im Auto Business Verlag erschienen ist. Sie kostet € 22,47 und kann unter www.auto-business-shop.de bestellt werden.
- Ausgabe 1/2010 Seite 45 (203.7 KB, PDF)