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Best Practice: Alles außer Mainstream

11.06.2021 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Tony Kausche Rasmus Wachsmuth Nikola Matovic
Ein innovationsfreudiges Team (v. l.): Tony Kausche (CMO Autosiastik Software GmbH), Rasmus Wachsmuth und Autosiastik-Gründer Nikola Matovic.
© Foto: Susanne Löw

Autosiastik - das sind 14 Enthusiasten, die nördlich von Hamburg ein Autohaus, eine Werkstatt und eine Software-Firma betreiben. Immer spürbar ist ein Hauch an Verrücktheit. Ihren Fahrzeugschein-Scanner nutzen mittlerweile schon 6.000 Werkstätten.

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Kurzfassung

Werkstatt, Autohandel und Software-Entwicklung unter einem Dach betreiben die Gründer von Autosiastik in der Nähe von Hamburg. Der Betrieb versteht es, sich perfekt in Szene zu setzen, auch mit Videos auf YouTube.

Von Corona-Müdigkeit ist hier nichts zu spüren: Eine von kreativen Autoliebhabern bevölkerte Kfz-Werkstatt in Schleswig-Holstein hört nicht auf, gute Laune zu verbreiten. Grund genug dazu haben die Macher von Autosiastik im schleswig-holsteinischen Henstedt-Ulzburg. 2017 haben Nikola Matovic und Timo Sternberg die Autosiastik GmbH gegründet. Vor dem Haus und in drei weiteren Hallen stehen ihre Kommissionsfahrzeuge, durchschnittlicher Gesamtwert: 1,2 Millionen Euro. "Wir bieten als Tuning-Experten alles, was es braucht, um Fahrzeugleistungen zu optimieren", setzt Tony Kausche, CMO und Mitgründer der Autosiastik Software GmbH, an. "Daneben betreiben wir die Werkstatt mit hohem Durchsatz: Statt unserer vier bräuchten wir eigentlich sieben Hebebühnen, teils haben wir zwei Monate Terminvorlauf." Auch wenn sich das Start-up auf exklusive Fahrzeuge und außergewöhnliche Projekte wie Motor-Swapping spezialisiert hat: Jeder ist willkommen.

850 Kunden kommen aus ganz Schleswig-Holstein. "Tuning-Kunden reisen aber deutschlandweit an", berichtet Matovic. Nicht grundlos: Autosiastik investiert viel Herzblut in den lässigen Lifestyle und einen starken Online-Auftritt: ein You-Tube-Channel mit teils 30.000 Views, Zusammenarbeit mit Influencern, Online-Marketing auf sozialen Netzwerken.

Idee wurde aus der Praxis geboren

Doch es gibt noch mehr abseits des Standards: Unter dem Dach in Henstedt-Ulzberg residiert mit der Autosiastik Software GmbH seit Frühjahr 2020 eine zweite Firma. Programmierer und Kfz-Gewerbe? Das passt, haben die Autosiasten gemerkt. Denn rund ein Jahr lang managten sie davor als Dienstleister eine große Flotte. Um das dortige Schadenmanagement möglichst effizient in den Griff zu bekommen, entwickelten sie eine eigene Software dafür. Währenddessen merkten sie, dass die massenhafte Eingabe von Daten aus den Fahrzeugscheinen der Flotte immens viel Zeit fraß und gleichzeitig eine große Fehlerquelle war. "Schnell kam uns die Idee, dafür eine Digitalisierungs-Lösung zu nutzen, die uns das lästige Abtippen erspart", erinnert sich Kausche. "Überraschenderweise gab es die bis dato noch nicht, sodass wir die Ersten waren, die im vergangenen Jahr nach drei Jahren Entwicklungszeit eine eigene Lösung auf den Markt gebracht haben, um den Fahrzeugschein in Sekundenschnelle zu digitalisieren."

Schein ist nicht gleich Schein

Mit den am Markt vorhandenen Lösungen konnte man nur etwa 60 Prozent des Dokuments zuverlässig erkennen. "Mit gängiger Optical-Character-Recognition(OCR)- Software kann man Buchstaben zwar digitalisieren, aber sie lässt sich nicht für Besonderheiten weiterentwickeln", beschreibt Kausche die damalige Herausforderung. Und davon hat ein vermeintlich so einheitliches Standarddokument wie der Fahrzeugschein aus der Bundesdruckerei jede Menge: "Mal stehen die Zahlen links oder rechts auf der Linie, mal weiter oben oder unten, zudem gibt es verschiedene Schriftarten, ausgeblichene Dokumente und ältere und neuere Versionen", zählt Matovic auf. Wachsmuth griff in die Trickkiste der Künstlichen Intelligenz (KI) und erreichte schließlich die heutige Erkennungsrate von 98 Prozent.

Den Flottenkunden haben sie längst abgegeben, aber der KI-basierte Fahrzeugschein-Scanner, in den ein hoher sechsstelliger Betrag an Entwicklungskosten floss, wurde zum Kerngeschäft. Kausche erklärt die Lösung: "Interessierte Kunden registrieren sich auf www.fahrzeugschein-scanner.de, erhalten zehn kostenlose Test-Scans, können dann ihr gewünschtes Paket auswählen - 55, 110 Scans pro Monat oder ein unbegrenztes Kontingent für 20 Cent pro Scan - und sofort loslegen." Equipment ist nicht nötig, Digitalfotos des Scheins können via App mit dem Smartphone oder auch einer Kamera erstellt und an die API-Schnittstelle übermittelt werden. Für 300 Euro liefert Autosiastik zudem einen Stand- Scanner als optionale Hardware-Lösung, etwa für den Einsatz in Werkstätten im Tresenbetrieb. Eine grundsätzliche Integration der Lösung bei DMS-Anbietern ist teils schon umgesetzt, teils befinden sich neue Kooperationen derzeit in der Anbahnung. Autosiastik selbst arbeitet mit den DMS Matthies Henry, RepDoc Cloud und WM-Kat. "Für diese webbasierten CRM-Systeme haben wir ein Chrome-Plug-in entwickelt", erklärt Tony Kausche.

Schon rund 6.000 Werkstätten nutzen laut Autosiastik den Fahrzeugschein-Scanner. Aber das sei weder die einzige noch die Hauptzielgruppe. "Prüforganisationen, Flottendienstleister, Kfz-Versicherer, vor allem auch Online-Teilehandel - überall, wo der Fahrzeugschein vorgezeigt werden muss, kann unsere Lösung einen attraktiven Mehrwert bieten", so Matovic.

Der Scan reduziert auch Fehler, die bei einer manuellen Eingabe schnell zu falschen Teilebestellungen führen können. Außerdem sei die Mitarbeitermotivation ein Argument: "Ein Tool, das die Arbeit erleichtert, macht jeden Arbeitgeber attraktiv", so Matovic.

Autosiastik im Profil

2017 gründeten Nikola Matovic und Timo Sternberg den Kfz-Betrieb Autosiastik GmbH in Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein). Lag der Fokus zu Beginn noch auf Oldtimern, expandierten sie kurz darauf im Bereich Flottenmanagement. Im Frühjahr 2020 gründeten Matovic und Sternberg gemeinsam mit Rasmus Wachsmuth und Tony Kausche zusätzlich die Autosiastik Software GmbH, unterstützt von der WTSH (Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein). Mittlerweile arbeiten 14 Kfz-Mechatroniker, Mediengestalter, IT-Techniker und Software-Entwickler für die beiden Unternehmen unter einem Dach.

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