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Elektromobilität: Umrüstset für Verbrenner

15.03.2024 11:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Rolf Behling und Sebastian Hunold
Sebastian Hunold (re.) ist einer der drei Geschäftsführer der e-R3Volt GmbH in Dachau. Rolf Behling ist Leiter der Fahrzeugtechnik bei e-R3Volt.
© Foto: Fotos: e-R3Volt

Das Unternehmen e-R3Volt möchte Verbrennerfahrzeuge in E-Autos umbauen. Wir haben mit dem Geschäftsführer Sebastian Hunold und dem Leiter der Fahrzeugtechnik, Rolf Behling, über die Herausforderungen der Umrüstung gesprochen.

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Kurzfassung

Wer an seinem alten Verbrenner hängt und künftig emissionsfrei unterwegs sein will, kann ihn zum E-Auto umbauen lassen. Die e-R3Volt GmbH in Dachau möchte 2025 mit einer Umrüstlösung starten.

asp: Herr Hunold, e-R3Volt möchte die Umrüstung von Verbrenner-Fahrzeugen zum E-Fahrzeug anbieten. Warum sollte das jemand tun?
Sebastian Hunold: Wirtschaftlich lohnt sich eine Umrüstung vor allem für Pendler, um Kraftstoffkosten zu sparen. Zudem ist der Kauf eines neuen E-Autos momentan noch sehr teuer. Neben der Wirtschaftlichkeit haben wir festgestellt, dass viele potenzielle Kunden aus Überzeugung eine Umrüstung durchführen möchten. Gemäß dem Motto, das nachhaltigste Auto ist jenes, welches bereits existiert. Was man nicht unterschätzen darf: Viele Menschen hängen auch emotional an ihrem Auto.

Rolf Behling: Es gibt auch zunehmend Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in großen Städten. Die Umrüstung eines Verbrenners zu einem E-Fahrzeug wäre eine Möglichkeit, diese und zukünftige Verbote zu umgehen.

asp: Wie kam es zur Idee mit der Umrüstung?
S. Hunold: Die Idee hatte unser Mitgründer Ralf Schollenberger, der damals Geschäftsführer für das Garantiegeschäft bei der Allianz-Versicherung war. Er fragte sich, ob man sein Auto wirklich verschrotten oder verkaufen muss, wenn man eine gewisse Eigenschaft verändern möchte oder es veraltet ist. Will sagen, muss wirklich das komplette Auto ersetzt werden, wenn man auf E-Mobilität umsteigen möchte? Das war die Geburtsstunde der Idee, aus der e-R3Volt entstanden ist. 2021 haben wir dann das Unternehmen offiziell gegründet.

asp: Wie weit sind Sie mit Ihrer Idee?
S. Hunold: 2022/23 haben wir den ersten Prototyp gebaut, um damit den "Proof of Concept" zu erbringen, dass die Umrüstung funktioniert. Das erste Fahrzeug, das wir umgerüstet haben, war ein VW Golf 7 mit Dieselmotor. Der ist nun ein voll fahrfähiges und straßenzugelassenes E-Auto. Wir haben mit dem TÜV SÜD zusammengearbeitet, um die Zulassung zu bekommen. Aktuell bereiten wir die Serienentwicklung vor. Um diese zu finanzieren, sind wir in Verhandlungen mit verschiedenen Investoren. Ziel ist es, in der zweiten Jahreshälfte 2025 mit unserer Umrüstlösung auf den Markt zu kommen.

asp: Wie gehen Sie bei der Umrüstung vor?
R. Behling: Die Umrüstung ist sehr komplex, weil sehr viel Elektronik und Hochvolttechnik im Spiel ist. Wir nehmen zunächst den Verbrennungsmotor aus dem Fahrzeug und demontieren das Abgassystem sowie den Tank. Danach werden der E-Motor und weitere Komponenten mit einem speziellen Einbaurahmen im Motorraum montiert. Mit unserem e-CAN-Modul verknüpfen wir dann die elektronische Welt des Verbrenners mit den neu verbauten Komponenten. Das Steuergerät vom Verbrennungsmotor behalten wir im Fahrzeug. Somit arbeiten die vorhandenen Fahrerassistenz-Systeme weiterhin einwandfrei. Auch belassen wir das Getriebe im Fahrzeug und docken das mit einem Adapter an den E-Motor an.

asp: Muss der Golf für die Umrüstung mit einem Automatikgetriebe ausgerüstet sein?
R. Behling: In der ersten Phase ist die Umrüstung nur mit einem manuellen Schaltgetriebe möglich. Im nächsten Schritt wird es auch mit einem Doppelkupplungsgetriebe oder einer Wandlerautomatik möglich sein. Dazu müssen neben der Software auch der Antriebsstrang und die Antriebswellen angepasst werden. Das heißt, in der ersten Phase lässt es sich nach dem Umbau mit dem E-Motor wie bei einem Verbrenner weiterhin schalten. Aufgrund des hohen Drehmoments des E-Motors kann das Auto aber meistens im dritten Gang gefahren werden, auf der Autobahn vielleicht mal im fünften Gang. Der Elektromotor muss zwar aufgrund von Zulassungsbedingungen an die Leistung des Verbrenners angepasst werden, das Drehmoment ist trotzdem schon bei niedriger Drehzahl verfügbar.

asp: Gibt es sonst noch Herausforderungen?
R. Behling: Eine große Herausforderung ist die ganze Elektronik, die notwendig ist, damit die Fahrerassistenzsysteme funktionieren. Die müssen wir sozusagen simulieren. Wir machen das mit einem eCAN-Modul, das das Bindeglied zwischen Verbrenner und E-Fahrzeug ist. Wenn der Rückwärtsgang eingelegt wird, werden ja auch einige Fahrerassistenz-Systeme aktiviert, beispielsweise die Einparkhilfe oder Rückfahrkamera. Wir wollen diese Fahrerassistenz-Systeme natürlich erhalten. Im Auto verbauen wir zudem ein Extra-Display, auf dem der Ladezustand der Batterie und zusätzliche Daten angezeigt werden.

asp: Wo wird die Batterie untergebracht?
R. Behling: Wir prüfen aktuell zwei Varianten. Die erste Variante ist, die Traktionsbatterie in den Unterboden des Fahrzeugs zwischen den Achsen unterzubringen, ähnlich wie es bei den meisten neuen Elektrofahrzeugen der Fall ist. Die Alternative ist, einen Teil der Batterie an der Stelle des Kraftstofftanks und einen Teil vorne im Motorraum zu montieren, um eine hinreichend große Kapazität zu erreichen und das Gewicht optimal zu verteilen.


"Mit der Umrüstung eines Verbrenners lassen sich Fahrverbote umgehen."

Rolf Behling, e-R3Volt GmbH


asp: Welche Kapazität hat die Traktionsbatterie und wie viel Reichweite lässt sich damit erzielen?
R. Behling: In unserem Konzeptauto haben wir eine Lithium-Ionen-Batterie verbaut, die eine Bruttokapazität von 34 Kilowattstunden hat, netto sind es 28 Kilowattstunden. Damit ist eine Reichweite von 200 Kilometern realistisch. Die Batterie im finalen Auto wird größer ausfallen und eine Reichweite von 250 bis 300 Kilometer Reichweite schaffen.

asp: Wollen Sie die Umrüstung selbst anbieten oder das spezialisierten Betrieben überlassen?
R. Behling: Die Umrüstung werden wir nicht selbst durchführen, sondern den Werkstätten überlassen. Wir werden den Betrieben ein komplettes Umrüstset zur Verfügung stellen, welches alle benötigten Teile enthält. Dafür kommt ein vorgefertigter Rahmen für den Motorraum zum Einsatz, in dem sich der Elektromotor und ein Großteil der Komponenten einbauen lässt. Damit haben die Werkstätten auch die Prozesssicherheit, die Umrüstung genau so und mit den Teilen durchzuführen, wie von uns vorgegeben. Dies ist wichtig für die nachfolgende TÜV-Abnahme und zur Qualitätssicherung.

asp: Was müssen die Werkstätten an Voraussetzungen mitbringen?
R. Behling: Die Werkstatt muss entsprechende Hochvoltschulungen absolviert haben und auch eine weitere Schulung von uns absolvieren, die dann entweder über die TÜV Akademie oder einen anderen Dienstleister gemacht wird. Wir gehen davon aus, dass die meisten Betriebe von der technischen Ausrüstung nichts beziehungsweise nur wenig Zusätzliches benötigen. Vor der Umrüstung muss die Werkstatt das Fahrzeug anhand einer vorgegebenen Checkliste inspizieren, um sicherzustellen, dass eine Umrüstung für den Kunden sinnvoll ist. Nach der Umrüstung muss der Verbau des Retrofit-Kits in das Fahrzeug von einer Prüforganisation wie TÜV SÜD überprüft werden, ähnlich wie bei einer ABE-geprüften Komponente.

asp: Wie lange soll die Umrüstung dauern und was soll sie kosten?
R. Behling: Das zu großen Teilen vormontierte und vorkonfigurierte Kit wird zunächst auf einer Palette an die Werkstatt geschickt. Ein Tag wird voraussichtlich für die Umrüstung nötig sein, am nächsten Morgen kann dann die Abnahme durch den TÜV erfolgen. Wir haben auch schon mit Werkstätten darüber gesprochen und die haben uns bestätigt, dass sie sich das vorstellen können. Wir rechnen für das Kit inklusive der Werkstattkosten mit 12.000 bis 15.000 Euro und wollen damit möglichst viele Leute erreichen.

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