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Nachträglich lackierte Bremssättel: Fehlfarben

20.03.2015 06:00 Uhr

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Die Optik von Automobilen ist von Trends gepägt. Das gilt nicht nur für Karosseriedesign und -farben, sondern auch für andere, zum Teil unscheinbare Bereiche, etwa Bremssättel. Denn derzeit gibt es den Trend zu deren Farbigkeit. Ferrari und Porsche fungierten mit ihren roten oder gelben Sätteln als Vorbilder. Heute bietet Ferrari beim als Beispiel herangezogenen F12 neben der Standard-Bremssattelfarbe Schwarz ab Werk einen weiteren Schwarzton, zwei Rottöne sowie silberfarbene, graue und gelbe Sättel an. Bei der Schwestermarke Maserati haben Ghibli-Käufer die Wahl zwischen serienmäßig grauen sowie optional schwarzen, roten, blauen oder silberfarbenen Bremssätteln zum Aufpreis von jeweils 590 Euro. Nur 370 Euro kosten rote Sättel bei Jaguar. Dafür ist die Auswahl beschränkt: Schwarz ist die Serienfarbe, Rot die einzige Farboption.

Vor diesem Hintergrund erklärt sich der Trend zu farbigen Bremssätteln auch im Ersatzteilmarkt. Doch das ist etwas ganz anderes als ab Werk farbige Sättel.

Passabfahrt mit Dämmschicht

Zulieferer und Autobauer schenken den Bremsen jede Menge Beachtung. Sie werden berechnet, im Regelfall überdimensioniert und ausgiebig getestet. In diese Rechnung gehen auch das Bremssattelmaterial mit allen seinen Eigenschaften sowie Größe und Form der Sättel ein. Werden die Sättel lackiert, ist auch das Lackmaterial Teil der Berechnung, denn der Lack ist in diesem Fall nichts anderes als eine Dämmschicht, die die Wärmeableitung des Sattels zwar nicht verhindert, aber immerhin behindert.

Wird diese Dämmschicht nachträglich und auch noch durch einen Laien aufgetragen, kann die Stärke der Schicht beachtlich ausfallen. Dazu ein Gedankenexperiment: Ein Gespann aus Mittelklasse-Pkw und Wohnanhänger ist, knapp unterhalb des zulässigen Gesamtgewichts, auf dem Weg in den Adria-Urlaub. Es ist Hochsaison, die üblichen Autobahnen sind verstopft, man fährt über Alpenpässe. Welches Gefühl kommt bei Bergabfahrt auf, wenn durch Laien nachträglich lackierte Bremssättel montiert sind? Vermutlich genügt bei besagtem Gespann bereits eine zügige Bergabfahrt im Mittelgebirge, etwa auf der Landstraße von Oberhof nach Zella-Mehlis im Thüringer Wald, um die Bremsen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu bringen. Frederick Wilde von Continental Aftermarket formuliert es so: "Bremssättel können im Betrieb fast 200 Grad Celsius heiß werden. Das heißt, hier werden allein schon in Bezug auf die Temperaturbeständigkeit hohe Anforderungen an die Farbe gestellt. [...] Als Hersteller empfehlen wir, keinerlei Veränderungen an den Produkten vorzunehmen." Anbieter von Produkten zur nachträglichen Lackierung von Bremssätteln werden eine solche Aussage nicht gern hören, zumal sie es ihren Kunden - das ist sogar verständlich - auch noch möglichst einfach machen wollen: "Aufwändiges Ausbauen" der Bremssättel und "großflächige Abklebearbeiten" seien nicht nötig, erklärt man bei Foliatec Böhm in Nürnberg. Frederick Wilde warnt hingegen:

"Farbe auf den Führungsschienen, zum Beispiel bei Ate-Sätteln mit Hammerkopf-Bremsbelägen, gilt es auf jeden Fall zu vermeiden, um ein ordnungsgemäßes Lüften der Beläge zu gewährleisten."

Es kommt noch besser. O-Ton Foliatec: "Möchte der Fahrzeugbesitzer die Farbe wechseln, so genügt es, die alte Farbe etwas anzuschleifen, um der neuen Farbe eine bessere Haftungsgrundlage zu bieten." Soviel zum Thema Dämmschicht mit beachtlicher Schichtstärke.

Farbschicht kontra Klebegewichte

Auch ein zweiter Punkt erscheint kritisch: Klebegewichte. Heute werden Räder nicht nur statisch, sondern auch dynamisch gewuchtet. Das bedeutet, dass die bei Alurädern empfohlenen Klebegewichte auch über dem Bremssattel rotieren können müssen. Ist der Abstand zwischen Felgenbett und Sattel ohnehin gering und der Sattel dick lackiert, geht den Wuchtgewichten der Platz aus.

Fazit: Lässt sich der Kunde nicht von der Idee lackierter Bremssättel abbringen, ist die professionelle Arbeit in der Werkstatt allemal besser als der Farbauftrag durch einen Laien. Ob Produkte wie das von Foliatec Böhm geeignet sind, muss individuell herausgefunden werden. Der Haken an der Sache: Das typische Klientel für nachträglich lackierte Bremssättel ist in der Regel nicht das Klientel, das für Arbeiten am Auto eine professionelle Fachwerkstatt aufsucht. Und wie werden nachträglich lackierte Bremssättel bei der Hauptuntersuchung bewertet? "Sie werden geduldet, sofern keine Beeinträchtigung der Bremssattelfunktion erkennbar ist", sagt Jürgen Wolz vom TÜV Süd. "Racing Rosso" ist übrigens die häufigste der insgesamt 22 durch Foliatec Böhm vertriebenen Bremssattelfarben.

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