MAHA MSR 1000
Moderne Leistungsprüfstände messen heute mehr als nur Leistung und Abgase, denn ihre praktischen Anwendungsmöglichkeiten, vor allem im Premium-Segment, haben in den letzten Jahren enorm zugenommen.
Ein Paradebeispiel für den Einsatz eines Hochleistungsprüfstandes ist sicherlich die Entwicklung und Optimierung standfester Hochleistungsaggregate für Motorsport- und Serienfahrzeuge, so wie sie von der Firma Duesenfeld GmbH & Co. KG in Salzgitter betrieben wird. Das im Jahr 2009 von Olaf Herrmann im Rahmen einer Unternehmenserweiterung der Firma Herrmann Motorenentwicklung gegründete Unternehmen ist auf das Tuning von High-End-Sportwagen spezialisiert. Daneben bietet Duesenfeld aber auch Leistungsoptimierungen bei der Motorenentwicklung und im historischen Motorsport an: Das junge Unternehmen profitiert hier vor allem von der über 25-jährigen Tuning-Erfahrung seines Geschäftsführers Olaf Herrmann.
Um die konstruktiven Verbesserungen sowohl im mechanischen als auch im elektronischen Bereich messen zu können, hat die Firma Duesenfeld bis Juni dieses Jahres zwei stationäre Motoren-Prüfstände zur Leistungsmessung der ausgebauten Motoren betrieben. „Wir mussten jedoch sehr schnell feststellen, dass sich die von uns durchgeführten Leistungsoptimierungen, die wir noch auf den stationären Prüfständen gemessen haben, leider nicht immer zur Gänze nach Einbau des Motors in das Fahrzeug umsetzen ließen“, sagt Olaf Herrmann. Die Gründe hierfür sind einfach. Herrschen auf einem stationären Prüfstand in jeder Hinsicht optimale Bedingungen, damit der Motor seine volle Leistung entfalten kann, können sich im Fahrzeug Fehler einschleichen. Vor allem Probleme bei der Kraftstoffversorgung, der Kühlung, der Kraftstrangsteuerung oder der Elektronik/Elektrik können zu Leistungsverlusten des Motors führen. „Soll der Motor auch im Fahrzeug eine überzeugende Performance nach seiner Optimierung bringen, muss auch die Peripherie im Fahrzeug einwandfrei funktionieren, genauso wie auf dem stationären Prüfstand“, erklärt Olaf Herrmann. Nichts lag daher für den erfahrenen Tuner näher, als sich nach einem passenden Rollen-Leistungsprüfstand auf dem Markt umzusehen. Die Anforderungen, die er und seine Kollegen an den Prüfstand stellten, waren sehr hoch. Denn neben der Möglichkeit komplette Prüfzyklen auch über Stunden fahren zu können, ohne dass das Fahrzeug – insbesondere die Reifen – Schaden nehmen, musste der Prüfstand auch in der Lage sein, die hohen Leistungen der Sportwagen zu messen. Fündig wurde Olaf Herrmann bei der Firma MAHA. Der vom Haldewanger Maschinenbau-Spezialisten angebotene Scheitelrollen-Prüfstand MSR 1000 erfüllt dabei alle Vorgaben, die die Firma Duesenfeld an ihn stellt.
Ausgestattet ist der auch für Allradfahrzeuge einsetzbare Prüfstand mit je zwei Wirbelstrombremsen und E-Antriebsmaschinen, die Messungen bis zu 1100 kW ermöglichen. Da die hinteren und vorderen Rollen nahezu perfekt synchron laufen, sind Fahrzeuge mit den unterschiedlichsten Allradsystemen, aber auch einachsangetriebene Fahrzeuge im Allradmodus problemlos zu testen. Für Olaf Herrmann war jedoch die Möglichkeit nahezu zeitlich unbegrenzte Testfahrten auf dem Prüfstand zu fahren, eines seiner Haupt-Kaufargumente. Möglich wird dies durch den Einsatz von zwei Rollensätzen, mit jeweils 762 Millimeter Rollendurchmesser, die sich über eine hydraulische Rollensatzverstellung mittels Schiebeplatte millimetergenau an Achsstände von 2,00 bis 3,40 Meter anpassen lassen. Dadurch stehen die Reifen genau auf dem Scheitel der Rolle – ähnlich wie auf der Straße. Die bei konventionellen Doppelrollenprüfständen auftretende höhere Walkarbeit und die damit einhergehende übermäßige Reifenerhitzung wird so gänzlich vermieden.
Bei Duesenfeld wird der MSR 1000 hauptsächlich zur Leistungsmessung unter klar definierten Fahrzyklen eingesetzt, um diese jederzeit reproduzieren zu können. So lassen sich die Einflüsse auch kleinster Veränderungen und Fehler am Motor oder der Peripherie klar erkennen. Alle ermittelten Daten können dabei bereits während des Testlaufs auf einem Monitor in einem externen Messraum und auf einem Flatscreen in der Messhalle in Echtzeit als Grafiken abgelesen und zur späteren Auswertung auf den PC gespeichert werden.
Zur Bestimmung der Motorleistung wird am MSR 1000 zunächst die Radleistung mit einer definierbaren geregelten Beschleunigung gemessen. Im zweiten Schritt wird die Verlust- oder auch Schleppleistung an den Rädern während des Ausrollvorgangs bei abgekuppeltem Motor ermittelt. Hieraus wird dann die Antriebs- und die Nutzleistung nach DIN 70020, EWG 80/1269, ISO 1585, JIS D 10001 oder SAE J 1349 errechnet. Falls gewünscht kann auch das Motordrehmoment aus der gemessenen Motorleistung und der Motordrehzahl berechnet werden.
Messen am Limit und Sprit sparen
Bei Duesenfeld wird oft auch die Möglichkeit frei programmierter Lastsimulationsprofile genutzt, um sie auf dem Leistungsprüfstand zu fahren. Die hierfür nötigen Daten lassen sich bequem auf den MSR 1000 im- und exportieren. Olaf Herrmann: „Die spezifischen Lastsimulationsprofile ermöglichen es uns, das Fahrzeug individuell an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen oder Fehler zu reproduzieren.“ Hiermit zielt er auch auf die Überprüfung der Verbrauchsangaben der Fahrzeughersteller. Sie beruhen nämlich auf gesetzlich genau definierten Fahrzyklen. Da jedoch der Verbrauch von viel mehr Faktoren abhängt, als der Gesetzgeber erfasst hat, unterscheidet er sich oftmals erheblich vom realen Kraftstoffverbrauch. Mit dem MAHA-Prüfstand MSR 1000 kann jedoch bei Verwendung des MAHA AIC-Verbrauchsmessgerätes der tatsächliche Verbrauch unter Volllast oder unter definierten Bedingungen (z.B. Norm-Fahrzyklen) festgestellt werden. „Für die Motorenveredelung und Entwicklung ist dies von fundamentaler Bedeutung“, wie Olaf Herrmann betont. „Denn kein Kunde zahlt gerne für Mehrleistung mit mehr Verbrauch – im Gegenteil! Nach der Optimierung sollen die Motoren deutlich weniger verbrauchen.“
In diesem Rahmen wird bei Duesenfeld auch das Abgasverhalten (Otto- und Diesel-Motoren) optimiert. Dies kann auch auf dem MSR 1000 geschehen, da er straßenähnliche Bedingungen beim Prüfstandslauf bietet. Mit jedem MAHA-Abgasmessgerät lassen sich so unter realistischen und konstanten Bedingungen die Abgaswerte überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Doch bevor der Premium Leistungsprüfstand bei Duesenfeld in einer Unterflurversion aufgestellt werden konnte, musste erst die richtige Infrastruktur geschaffen werden. Wichtigste Voraussetzung ist zunächst die Frischluftzufuhr. Sie muss strikt den physikalischen Bestimmungen für Leistungsmessungen entsprechen und mindestens 50.000 m3/h betragen. Olaf Herrmann ging hier in Anbetracht der Supersportwagen, die auf dem Leistungsprüfstand fahren sollen, der Gesundheit des Bedienpersonals und der Qualität der Messungen in die Vollen und installierte eine selbst konstruierte Lüftungsanlage, die rund 160.000 m3/h Förderleistung hat. Entsprechend groß dimensioniert sind die Abgasabsaugung und die Abluftschächte.
Auch beim Schallschutz wurde mitgedacht. Bei Leistungsmessungen auf dem Rollenprüfstand entsteht ein beträchtlicher Schallpegel, denn das Fahrzeug wird zum Teil unter Volllast und bei Abregeldrehzahl gefahren. Vor allem von den Reifen auf den Prüfstandsrollen geht dabei ein wesentlich stärkerer Lärm aus als vom Motor. Damit die Mitarbeiter hierdurch nicht an anderen Arbeitsplätzen oder die unmittelbare Nachbarschaft der Firma unter dem Lärm leiden, ist der Messraum mit modernsten Schallschutzplatten ausgekleidet worden. Sie dämpfen den Schallpegel auch im Messraum. Hiervon profitiert vor allem der Fahrer im Inneren des Testfahrzeugs.
Keine Messung ohne Sicherung
Nicht zuletzt ist auch die Fahrzeugsicherung von entscheidender Bedeutung. Um die Testfahrzeuge mit Front-, Heck- oder Allradantrieb sicher auf Position zu halten, sind hitzebeständige Komponenten, wie Stahlseile und Ketten am Heck und entsprechende Spanngurte an der Front notwendig. Bei Duesenfeld sind hier um den gesamten Prüfstand herum fest im Boden verankerte Zurrösen eingelassen, die auch höchsten Beanspruchungen standhalten und zahlreiche Befestigungsmöglichkeiten bieten.
Trotz einer Investition im 6-stelligen Bereich hat sich die Anschaffung des Scheitelrollen-Prüfstandes MSR 1000 bereits jetzt für die Firma Duesenfeld gelohnt. „Vor allem die hohe Zeitersparnis bei Testfahrten ist ein wesentlicher Sparfaktor“, fasst Olaf Herrmann seine Erfahrungen zusammen. Damit meint er auch, dass er für Testfahrten nicht jedes Mal mehr auf Rennstrecken gehen muss, die teuer angemietet werden müssen. Auch die Dauer der Testfahrten konnte drastisch gekürzt werden, denn die definierbaren Lastzustände ermöglichen es, in den jeweiligen Diagnosebereichen, Fehler leicht zu detektieren und zu beheben.
Marcel Schoch