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Perle in der Pampa

21.03.2014 12:02 Uhr
Perle in der Pampa

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Engel Classic in Wunsiedel

Sein Hauptaugenmerk liegt auf klassischen Toyota, doch Friedhelm Engel kann viel mehr. Porsche und Mercedes-Benz zum Beispiel. Wer Zylinderköpfe für Alvis-Motoren oder Kühlerverschlüsse für Vorkriegsoldtimer sucht, ist bei ihm ebenfalls an der richtigen Stelle. Wir haben den Perfektionisten im östlichsten Zipfel Oberfrankens besucht.

Wie soll man einen Auto-Mann bezeichnen, der einen 1970er-Jahre-Toyota so behandelt, als wäre es ein Flügeltürer, in dessen Pappdeckelbrief Gunter Sachs als Erstbesitzer vermerkt ist? Perfektionist gilt in diesem speziellen Fall als Understatement. Die Rede ist von Friedhelm Engel, Jahrgang 1952, Kfz-Mechaniker und Maschinenbau-Ingenieur, Inhaber des Autohauses Engel mit Betrieben in Wunsiedel, Hof und Bayreuth. Seine Selbsteinschätzung: Bremsen-Fetischist. Dazu später mehr.

Der Ursprungsbetrieb in Wunsiedel, gegründet von Friedhelm Engels Vater, existiert seit 1959. Die Partnerschaft mit Toyota kam 1975 zustande; standortabhängig werden auch die Marken Lexus, Hyundai und/oder Saab Parts (Ersatzteile und Service; vgl. Kasten Seite 69) vertreten. Zur Ansprache eines noch größeren Kundenkreises ist man in Wunsiedel zudem Partner des Werkstattkonzepts Autocrew, was durchaus historisch bedingt ist: „Schon immer kümmerten wir uns um alle Marken“, so Friedhelm Engel, der den Betrieb im Jahr 1986 übernahm.

Sein Engagement im Bereich Klassik ist inzwischen rund 25 Jahre alt und hatte den Ursprung nicht in Toyota, sondern in der „im östlichen Oberfranken unterrepräsentierten Marke Porsche“ (O-Ton), speziell in deren Baureihe 356. Heute ist Friedhelm Engels Expertise bezüglich Porsche 356 be- und anerkannt, rück-rüstbares Tuning eingeschlossen.

Klassikerteam mit fünf Allroundern

Im Verlauf dieser 25 Jahre blieb es nicht bei Klassikern von Porsche. Weitere Marken kamen hinzu, Mercedes-Benz zum Beispiel und – natürlich – Toyota. Parallel zu den Marken erweiterte Friedhelm Engel die baugruppenbezogene Kom-petenz des Klassikerteams, das aktuell aus fünf Mitarbeitern besteht, die vom Inhaber als Allrounder bezeichnet werden. Das Ergebnis ist handwerklicher Luxus, denn heute vergibt man nur noch galvanische und Lackierarbeiten außer Haus. Das heißt, selbst Motorenbau und Karosseriearbeiten werden eigenhändig erledigt; für Arbeiten an Innenausstattungen und Verdecken kommt an jedem Samstag eine Sattlerin ins Haus.

Für ein derart breites Eigenleistungsspektrum braucht man eine entsprechende Ausrüstung. Friedhelm Engels Betrieb verfügt neben werkstattüblichen Geräten u. a. über einen Einachs-Leistungsprüfstand, verbunden mit der Möglichkeit, die Abgaszusammensetzung jedes einzelnen Zylinders zu erfassen, diverse Dreh- und Fräsmaschinen, Abkantbank und Rollenstreckmaschine sowie – für harte Fälle – Eckold Kraftumformer.

Mit der Spezialisierung auf klassische Toyota nimmt Friedhelm Engel eine Alleinstellung ein, zumindest deutschland-, vermutlich sogar europaweit. Weil es für die Baureihen aus den 1970er und 1980er Jahren quasi keine Ersatzteilversorgung mehr gibt, werden relevante Fahrzeuge angekauft und ausgeschlachtet.

Größter Ersatzteillieferant für Celica

Hierdurch avancierte Friedhelm Engel zum – glaubwürdige Eigenwerbung – größten Ersatzteillieferanten für Celica. Nicht nur das. Auf der Basis von Standard-Coupés baut er heute nicht mehr existente und wohl deshalb auch in Vergessenheit geratene Sonderausführungen neu auf, beispielsweise den Typ TE 27 Trueno Sprinter „Levin“ mit Zweilitermotor 152 E (vgl. Bilder unten). Der Aufwand ist gewaltig: Die oft aus asiatischen Ländern mit Linksverkehr stammenden Basisfahrzeuge werden von Rechts- auf Linkslenkung umgebaut, ihre Karosserien verbreitert, die Ausstattung angepasst und fehlende Teile nachgefertigt.

Beim Besuch der asp-Redaktion in Wunsiedel stand auch ein Celica RA 21 auf der Hebebühne (vgl. Bilder Seite 66). Das in der Schlussphase der Restaurierung befindliche Fahrzeug zeigt Friedhelm Engels Akribie, auch laut Classic Data quasi wertlose Fahrzeuge in einen Zustand zu versetzen, der Fachleuten, die die heutigen Klassiker noch als Neufahrzeuge erlebt haben, Tränen in die Augen treibt. Dass derartige Fahrzeuge nur im Kundenauftrag gebaut werden können, versteht sich von selbst. Sie öffentlich zum Verkauf anzubieten, würde angesichts des aus dem Aufwand resultierenden Preises nur Kopfschütteln auslösen. Immerhin scheint es einige Kunden für akribisch restaurierte 1970er-Jahre-Celica zu geben. Beim Besuch im Februar jedenfalls stand die frisch gespänglerte und in Blau lackierte Karosserie eines weiteren Fahrzeugs, ein Typ TA 23 GT, auf einem Fahrwagen im Ausstellungsraum (vgl. Bilder links und ganz unten).

Die Bilder auf dieser Seite unten zeigen einen Land Cruiser FJ 25, Serie I, Baujahr 1958, der noch bis vor kurzem in Südamerika im Einsatz war. „Die Bodenbleche des Land Cruiser waren fast nicht mehr vorhanden. Auch in anderen Bereichen haben wir ihn mehr neu aufgebaut als restauriert. Ein Beispiel für den Gesamtaufwand ist die Wiederherstellung des Kombiinstruments, wofür wir keinen Dienstleister in Anspruch nehmen mussten“, erklärt Friedhelm Engel stolz.

Kundenwünsche nach Tuning werden in Wunsiedel doppelt seriös erfüllt, indem jede Maßnahme rückbaufähig ist – Stichwort Restaurierungsethik – und ggf. mit Bremsentuning in Verbindung steht. Denn, so der Inhaber, „ein Auto muss so verzögern wie es beschleunigt“. Vor diesem Hintergrund hat Friedhelm Engel sogar Hochleistungsbremsen entwickelt, die unter kleine 13-Zoll-Räder passen – das erklärt die Selbsteinschätzung.

Wer sich derart intensiv mit Oldtimern beschäftigt, dem fallen eher früher als später Defizite bei der Ersatzteilversorgung auf. So auch Friedhelm Engel, der sogleich mit der jeweiligen Kompensationsmaßnahme begann. Seither kann er, unabhängig von seinen Markenspezialisierungen, diese Ersatzteile, größtenteils aus eigener Fertigung, liefern:

Köpfe innen metrisch, außen zöllig

Zylinderköpfe, Nockenwellen, Kurbelwellen und Pleuel für Alvis-Motoren

Kühlerverschlüsse für Vorkriegsfahrzeuge (vgl. Bild Seite 59 oben)

Holzlenkräder

Schlitzschrauben (Edelstahl)

Cabrioverdecke für MG

Bei den Alvis-Zylinderköpfen besteht sogar die Wahl zwischen den Materialien Grauguss und Aluminium. Friedhelm Engel hat ihre Ansaugkanäle strömungsoptimiert und bei den Maßen ein wenig „geschummelt“: sie sind innen metrisch und außen zöllig. Weniger Originalität, mehr Gebrauchswert – ist das korrekt? Alvis-Fahrer werden glücklich sein, überhaupt neue Zylinderköpfe zu bekommen.

Kühlerverschlüsse für Vorkriegsfahrzeuge, Holzlenkräder und Schlitzschrauben aus Edelstahl fertigen externe Spezialisten für Friedhelm Engel an. Die Cabrioverdecke für MG sind das samstägliche Werk der erwähnten Sattlerin.

Spezialisierung u. a. auf Toyota heißt natürlich auch, sich intensiv mit den Pretiosen S 800 und 2000 GT zu beschäftigen. „Wir liefern Ersatzteile und Serviceliteratur“, so die Bestätigung des Inhabers. Das sprach sich bis zum deutschen Toyota-Importeur herum, der daraufhin in Wunsiedel eigene Fahrzeuge überarbeiten ließ. Diese Zusammenarbeit hält nicht nur bis heute an, sondern wurde intensiviert, denn hinter den öffentlichen Auftritten von Toyota Deutschland bei Klassikveranstaltungen wie Schloß Dyck stand und steht Friedhelm Engel mit seinem Team. Das galt auch für die Messe Auto Mobil International (AMI) 2012 in Leipzig, bei der am Toyota-Stand auch einige Klassiker zu sehen waren. Übrigens war Friedhelm Engel auch Mitinitiator und -veranstalter der Oldtimerrallye Sechsämterland-Classic, die 2013 nach zehn Veranstaltungen auch, aber nicht nur aus gesundheitlichen Gründen des Rallyeleiters eingestellt wurde.

Nur Mund-zu-Mund-Propaganda

Sieht man von wenigen Ausnahmen wie der genannten Veranstaltung ab, betreibt Friedhelm Engel keine Werbung für den Oldtimer-Bereich seines Unternehmens. Die heutige Bekanntheit und Anerkennung, die, wie dargestellt, bis zum deutschen Toyota-Importeur reicht, resultiert somit nahezu ausschließlich aus Mund-zu-Mund-Propaganda. Bis diese wirkt, vergeht viel Zeit, in der keine Negativschlagzeilen hinzukommen dürfen. In diesem Fall waren es rund 25 Jahre.

In Wunsiedel kamen für den professionellen Erhalt klassischer Automobile gleich mehrere Glücksfälle zusammen: Kompetenz, Engagement, Weitblick und nicht zuletzt Herzblut eines Unternehmers, Investition in Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter, umfangreicher spezifischer Maschinenpark und groß-zügige Platzverhältnisse. Apropos Weitblick: Wie für 1970er Toyota praktiziert, bereitet Friedhelm Engel schon heute die künftige Ersatzteilversorgung von Saab vor, indem er Unfallfahrzeuge kauft, um sie auszuschlachten und die Teile einzulagern. Aktuell gibt es keine Notlage. Das kann sich aber ändern. Peter Diehl

Friedhelm Engels Betriebe

54 Mitarbeiter

Hauptsitz Wunsiedel: Toyota, Hyundai, Saab, Autocrew

Filiale Hof: Toyota, Lexus, Saab

Filiale Bayreuth: Toyota, Hyundai, Saab

Engel Classic Wunsiedel

An allen vier Standorten sind derzeit 54 Mitarbeiter beschäftigt, die laut Inhaber dort arbeiten, wo sie gerade gebraucht werden. Möglich ist das, weil die Betriebe jeweils nur rund eine halbe Stunde entfernt liegen.

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