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Nicht ohne Folgen

25.06.2020 11:00 Uhr

Ab 1. Juli bis Jahresende werden die Mehrwertsteuersätze gesenkt. Betriebe müssen Kassensysteme umstellen, in der Buchhaltung neue Konten einrichten und Dauerrechnungen anpassen. Tipps von der Kanzlei RAW-Partner.

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Kurzfassung

Für die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist das Datum der Lieferung bzw. Leistungserbringung ausschlaggebend. Das müssen Unternehmer beachten, um bei einer Prüfung der Finanzbehörden nicht in Schwierigkeiten zu geraten.

Mit dem Entwurf des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes hat die Bundesregierung weitreichende Entscheidungen im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets getroffen.

Durch die Stärkung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sollen die Konjunktur in Deutschland gestärkt und Arbeitsplätze gesichert werden. Ein wesentlicher Punkt dieser Planungen ist die vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 befristete Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent. Hieraus ergeben sich auf Basis der allgemeinen Regelungen folgende Konsequenzen:

Leistungsdatum entscheidet

Entscheidend für die Anwendung der jeweiligen Steuersätze ist stets das Liefer- bzw. Leistungsdatum. Dies ist regelmäßig der Tag der Übergabe der Ware bzw. der Tag der Abnahme der Leistung. Auf das Bestelloder Rechnungsdatum sowie den Tag der Vereinnahmung kommt es final nicht an. Da wir davon ausgehen, dass die korrekte Anwendung der Umsatzsteuersätze Prüfungsschwerpunkt der Finanzverwaltung in späteren Betriebsprüfungen sein wird, ist dringend zu empfehlen, das korrekte Liefer- bzw. Leistungsdatum sauber zu dokumentieren, etwa über ein ordnungsgemäß ausgefülltes Übergabeprotokoll, einen quittierten Lieferschein, Versandprotokolle etc.

Beispiel 1

Am 10. Juni 2020 wird ein Kaufvertrag über eine Fahrzeuglieferung geschlossen. Als Liefertermin geplant - und dann auch so realisiert - ist die zweite Juli-Woche.

Da die Auslieferung im Juli erfolgt, ist der niedrigere Regelsteuersatz von 16 Prozent anzuwenden. Es ist unbeachtlich, dass im Kaufvertrag noch 19 Prozent Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Bei der üblichen Vereinbarung eines Nettokaufpreises zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer reduziert sich durch die Auslieferung im Juli der Bruttokaufpreis. Eine Anpassung des Steuersatzes und Steuerbetrages im Kaufvertrag ist nicht notwendig.

Beispiel 2

Am 10. Oktober 2020 wird ein Kaufvertrag über eine Fahrzeuglieferung geschlossen. Als Liefertermin geplant - und dann auch so realisiert - ist die zweite Kalenderwoche im Januar 2021.

Da die Auslieferung im neuen Jahr erfolgt, ist wieder der höhere Regelsteuersatz von 19 Prozent anzuwenden. Sofern im Kaufvertrag (versehentlich) noch 16 Prozent Umsatzsteuer ausgewiesen werden, ist dies unbeachtlich. Bei der üblichen Vereinbarung eines Nettokaufpreises zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer erhöht sich durch die Auslieferung im Januar 2021 der Bruttokaufpreis. Eine Anpassung des Steuersatzes und Steuerbetrages im Kaufvertrag ist nicht notwendig.

Finale Leistung zählt

Bei Leistungen über den Stichtag hinweg entsteht die Umsatzsteuer grundsätzlich im Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung final erbracht und ggf. abgenommen ist.

Beispiel 3

Ein Kunde bringt sein Fahrzeug am 29. Juni 2020 zur Reparatur. Diese ist am 3. Juli 2020 abgeschlossen. Der Kunde holt sein Fahrzeug am gleichen Tag ab. Da die Leistung im Juli erbracht wird, ist der niedrigere Regelsteuersatz von 16 Prozent anzuwenden.

Beispiel 4

Ein Kunde erhält für die Zeit vom 29. Juni bis 3. Juli 2020 einen Werkstattersatzwagen. Hierfür muss er bei Rückgabe Mietkosten in Höhe von netto 250 Euro zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer entrichten.

Da die Leistung im Juli erbracht wird, ist der niedrigere Regelsteuersatz von 16 Prozent anzuwenden. Im Beispiel muss der Kunde 250 Euro zzgl. 40 Euro Umsatzsteuer, also 290 Euro entrichten.

Teilzahlungen

Bei Teilleistungen und (An-)Zahlungen muss unterschieden werden, ob aus umsatzsteuerlicher Sicht echte, abgrenzbare, eigenständige Teilleistungen oder lediglich pauschale Abschlagszahlungen vorliegen.

Beispiel 5

Ein Generalunternehmer schließt im Februar 2020 einen Vertrag über den schlüsselfertigen Bau eines Gebäudes. Als Kaufpreis werden 320.000 Euro zzgl. 19 Prozent Umsatzsteuer in Höhe von 60.800 Euro vereinbart. Im März und Mai 2020 verlangt der Generalunternehmer pauschale Abschlagszahlungen in Höhe von jeweils 100.000 Euro zzgl. 19 Prozent Umsatzsteuer in Höhe von jeweils 19.000 Euro. Im August 2020 erfolgt die Schlussrechnung.

Da die Leistung im August 2020 erbracht wird, ist der niedrigere Regelsteuersatz von 16 Prozent anzuwenden. Es ist unbeachtlich, dass im Kaufvertrag noch 19 Prozent Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Bei der Schlussrechnung über 320.000 Euro zzgl. 16 Prozent Umsatzsteuer in Höhe von 51.200 Euro sind die bereits vereinnahmten 238.000 Euro anzurechnen.

Des Weiteren müssen Unternehmer die folgenden geltenden Regelungen beachten:

- Die obigen Ausführungen gelten auch für Dauerleistungen mit Teilleistungen wie beispielsweise Vermietungsleistungen. Üblicherweise wird in Mietverträgen ein (echtes) monatliches Teilentgelt vereinbart (insoweit abweichend zu Beispiel 4), welches - bei entsprechender Optierung - die monatliche Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer darstellt.

- Für Unternehmer, die ihre Umsätze der Ist-Versteuerung unterwerfen, ist ebenfalls das Datum der Leistungserbringung für die Höhe des Steuersatzes entscheidend. Insoweit kommt es nicht auf das Datum der Vereinnahmung an.

- Treten nach der Steuersatzänderung Entgeltminderungen (z.B. Skonti) auf, ist auf den Steuersatz der zugrunde liegenden Lieferung bzw. Leistung abzustellen.

- Werden in 2021 rückwirkend Jahresboni für 2020 gewährt, sind diese Boni - sofern keine Vereinfachungsregelung eingeführt wird - gegebenenfalls nach den zugrunde liegenden Steuersätzen aufzuteilen.

Wir gehen davon aus, dass die Finanzverwaltung auch überprüfen wird, inwieweit eine Anpassung des Formulars der Umsatzsteuer-Voranmeldung notwendig wird. Wir gehen zudem davon aus, dass im Anschluss daran auch die Anbieter der Buchhaltungs-Software die wahrscheinlich notwendigen Software-Updates vornehmen werden und gegebenenfalls notwendig werdende Fibu-Konten mitteilen.

Kommentar

Ob den Politikern bei der zeitlich befristeten Senkung der Mehrwertsteuersätze bewusst war, welche Umstellungsmaßnahmen das nach sich zieht, lassen wir mal dahingestellt. Auf jeden Fall kommt auf die Unternehmer einiges an Arbeit zu und dabei darf nicht vergessen werden, dass der ganze Aufwand Ende des Jahres nochmals bevorsteht. In der nächsten Zeit sind bei allen Eingangs- und Ausgangsrechnungen zwingend die Steuersätze zu überprüfen, da fast sicher davon ausgegangen werden kann, dass es im Umstellungszeitraum zu Fehlern kommen wird. Und bei späteren Betriebsprüfungen werden die Prüfer sicherlich ein Augenmerk auf diese Zeiträume legen.Maximilian Appelt Rechtsanwalt Steuerberater www.raw-partner.de

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