Als Lenker des größten deutschen Industriekonzerns hat Martin Winterkorn eine Machtfülle, die sich nur mit wenigen Spitzenämtern in Wirtschaft und Politik vergleichen lässt. Der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen zeigt sich aber nicht nur in der Person des beinharten Managers, der Wettbewerber in aller Welt weiter das Fürchten lehren will. Die Belegschaft schätzt den VW-Boss als Führungsfigur, die nicht vergisst, wer eigentlich hinter den Rekordzahlen des Jahres 2011 steht. Die "Mannschaftsleistung" sei immer entscheidend, glaubt Winterkorn.
Dass der Weg nach ganz oben ohne Teamarbeit, doch vor allem ohne einflussreiche Förderer kaum gelingen kann, weiß Winterkorn nur allzu gut. Dem Ziehsohn von Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch werden gute Chancen eingeräumt, in fünf Jahren oberster VW-Kontrolleur zu werden.
Bis es so weit ist, hat Winterkorn allerdings andere Ziele. Der detailversessene "Mr. Qualität", der an diesem Donnerstag seinen 65. Geburtstag feiert, will noch als Leiter des operativen Geschäfts miterleben, wie Europas größter Autobauer zur weltweiten Nummer eins aufsteigt. Das Fundament dafür hat er gelegt: 2011, vier Jahre nach seinem Antritt, lieferte der VW-Konzern mit 8,3 Millionen Wagen so viele Fahrzeuge aus wie nie. Und auch die Gewinne sprudeln.
Der Vertrag des gebürtigen Schwaben läuft bis Ende 2016. Analysten nehmen an, dass sich VW schon vor 2018, dem ursprünglichen Zieldatum, an die erste Stelle schiebt. Derzeit fährt den Wolfsburgern nur US-Konkurrent General Motors mit neun Millionen verkauften Autos voraus. Erzrivale Toyota mischt weiter mit, Hyundai prescht ebenfalls voran.
Nächste Station VW-Aufsichtsrat?
Es war bereits ausgemacht, dass Winterkorn über das normale Rentenalter hinaus den Konzern führen soll. Die Bande zu VW-Patriarch Piëch sind jedoch so stark, dass er es dem gerade für fünf Jahre wiedergewählten Chefaufseher 2017 womöglich gleichtut.
Auch wenn es Kritiker einer denkbaren direkten Nachfolge gibt: Winterkorn kennt das globale Autoimperium mit seinen inzwischen elf Marken so gut wie kaum ein anderer. Nach dem Studium der Metallphysik und der Promotion begann seine Laufbahn 1977 zunächst bei Bosch. Eine entscheidende Weichenstellung war vier Jahre später der Wechsel in die Audi-Zentrale nach Ingolstadt. Früh arbeitete er im Dunstkreis von Piëch, der ihn 1988 – als frischgebackener Audi-Chef – zum Bereichsleiter für die "Zentrale Qualitätssicherung" machte.