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Mit „großem Besteck“

22.11.2013 12:02 Uhr

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Diagnose von E-AGR-Systemen

Motorruckeln, unrunder Lauf und Leistungsmangel sind Symptome, die auf eine Fehlfunktion der Abgasrückführung (AGR) schließen lassen. Welche Möglichkeiten der Prüfung von elektrisch betätigten AGR-Ventilen (E-AGR-Ventile) im eingebauten und ausgebauten Zustand bestehen, erklärt dieser Artikel.

Um die Emission von Stickoxiden (NOx) im Teillastbereich zu senken, wird dem Kraftstoff-Luft-Ge-misch inertes Gas (reaktionsunfähiges Gas, in diesem Fall Abgas) beigemischt und somit die den NOx-Ausstoß massiv beeinflussende Verbrennungstemperatur gesenkt. Das erfolgt bei Otto- und Dieselmotoren, und zwar intern (per Ventilüberschneidung) und/oder extern (per Abgasrückführventil, kurz AGR-Ventil). Letzteres bringt zwei Vorteile mit sich: Die AGR-Menge lässt sich besser regeln und das verbrannte Gas vor der Rück-führung kühlen (gekühlte AGR), was die Wirkung der Abgasrückführung steigert. Bei Ottomotoren geht es neben Emissions- auch um Verbrauchsreduzierung, die hier über die Senkung der Ladungswechselverluste realisiert wird. Während AGR-Ventile bislang meist pneumatisch betätigt werden, lässt sich seit geraumer Zeit ein starker Trend zu elektrisch be-tätigten Ventilen (E-AGR-Ventile) erkennen. Sie bieten als Vorteile noch feinere Steuerung, Positionsrückmeldung und somit Eigendiagnosefähigkeit. Unterschieden werden E-AGR-Ventile mit und ohne integrierte Elektronik. Weil auf die On-Board-Diagnose nicht 100-prozentig Verlass ist, stellt sich die Frage, ob und wie sich E-AGR-Ventile mit den Mitteln einer Werkstatt diagnostizieren lassen.

Wie bei pneumatischen wird auch bei E-AGR-Ventilen die Menge des rückzuführenden Abgases über den Öffnungsquerschnitt des Ventils bestimmt; die Verbindung zwischen Stellmotor und Ventil realisiert ein Gestänge. Häufigste Ausfallursache ist starke Verkokung im Ventilkanal und/oder am Gestänge, bedingt durch einen oder mehrere Fehler im Umfeld des Ventils. Dabei sind Fahrzeuge mit Ottomotor meist weniger oder später betroffen als solche mit Dieselmotor. Durch die Verkokung bewegt sich das Gestänge nur schwer oder gar nicht mehr zurück in die geschlossene Lage, womit auch in anderen Lastbereichen Abgas zurück in den Brennraum gelangt. Die Folgen sind Motorruckeln, unrunder Motorlauf und Leistungsmangel. Ebenso kann ein verkoktes Ventil in der geschlossenen Lage verharren, wodurch die Abgasrückführung außer Kraft gesetzt wird.

E-AGR-Ventile reinigen? Ja, aber...

Eine Reinigung ist prinzipiell möglich, sofern es sich nur um Verkokungen oder Ablagerungen an der Mechanik handelt. Sinnlos ist eine Reinigung des äußeren Antriebs, wenn ein Dichtungsdefekt den elektrischen Antrieb in Mitleidenschaft gezogen hat. Ablagerungen und Korrosion am Stößel des elektrischen Antriebs lassen sich nicht entfernen. Eine Reinigung bringt meist nur eine geringe Verlängerung der AGR-Ventil-Lebensdauer mit sich. Soll gereinigt werden, sind professionelle Spezialreiniger etablierter Anbieter zu bevorzugen – Bremsenreiniger zählen nicht in diese Kategorie. Zudem ist darauf zu achten, dass kein Reiniger zum elektrischen Teil vordringt. Beim Einbau eines gereinigten wie eines neuen AGR-Ventils ist es empfehlenswert, neue Dichtungen zu verwenden.

In einigen Fällen lässt sich das Fehlverhalten eines AGR-Ventils mit einem Softwareupdate des Motorsteuergeräts beheben. Auch eine zu harte Ansteuerung durch das Steuergerät kann einen Schaden und somit einen vorzeitigen AGR-Ventil-Ausfall verursachen. Wird das Potentiometer dauerhaft thermisch überlastet, fällt das AGR-Ventil durch einen beschädigten Schleifer aus. Auch Elektronikdefekte treten auf.

Zwar lässt sich mit einem Diagnosetester der Betriebszustand des E-AGR-Ventils erkennen, dennoch besteht oft Unsicherheit, ob das Ventil einwandfrei funktioniert, weshalb es meist ausgebaut und einer Sichtprüfung unterzogen wird. Das lässt sich aber nicht immer einfach darstellen, denn mit der meist schlecht erreichbaren Ventilposition im Motorraum ist ein gewisser Ausbauaufwand verbunden. Ist ein E-AGR-Ventil auch im eingebauten Zustand prüfbar?

Zunächst zum E-AGR-Ventil ohne integrierte Elektronik. Das Motorsteuer-gerät steuert den Stellmotor des E-AGR-Ventils mit einem pulsweitenmodulierten Signal (kurz PWM-Signal; ein Rechtecksignal) an. Rückmeldung zur Position liefert meist ein Potentiometer, dessen Spannungswerte sich zwischen etwa 0,5 (geschlossen) und fünf Volt (offen) bewegen. Für genauere Werte ist das jeweilige Herstellerdatenblatt heranzuziehen. Geht die Spannung im Ruhezustand nicht auf 0,5 Volt oder auf den vom Hersteller angegebenen Wert zurück, ist das ein Indiz für ein klemmendes Gestänge. Wird dem Steuergerät aufgrund eines schadhaften Potentiometers in bestimmten Positionen kein Spannungswert übermittelt, kommt es zu falscher AGR-Ventil-Ansteuerung, verbunden mit Fehlersymptomen beim Motorlauf. In vielen Fällen, allerdings nicht immer, lässt sich der Fehler schnell mit einem Diagnosetester eingrenzen.

Messungen an der Spule, zum Beispiel Widerstandsmessung, geben keine Auskunft über die Freigängigkeit von Ventil und Gestänge. Umgekehrt lässt sich die Funktion der Potentiometer-Leiterbahn nur dann mittels Spannungs- oder Widerstandsmessung beurteilen, wenn das Gestänge über den gesamten Bereich freigängig ist. Auch die Ansteuerung durch ein PWM-Signal liefert keinen Hinweis auf ein einwandfrei arbeitendes AGR-Ventil; eine Verkokung wird auf diese Weise nicht erkannt. Die Antwort auf die Frage nach Prüfung im eingebauten Zustand muss also lauten: Eine sichere Prüfung des Ventils ist nicht möglich. Was dennoch möglich ist, erklärt der Kasten „Mit Einschränkungen“ auf Seite 14.

Sichtprüfung, Spannungserfassung

Die Ansteuerung eines E-AGR-Ventils mit integrierter Elektronik erfolgt ebenfalls durch das Steuergerät, wobei die Entscheidung zur Ventilposition „vor Ort“ getroffen wird. Eine zweite Leitung meldet die induktiv statt per Potentiometer erfasste Ventilposition und eventuelle Fehler zurück zum Steuergerät. Sieht man von Sichtprüfung und Versorgungsspannungserfassung mittels Multimeter ab, lassen sich Fehler dieser E-AGR-Bauart nur über ein Diagnosegerät feststellen. Wobei die Ventilhersteller in der komfortablen Position sind, spezielle Software-lösungen mit Prüftiefe wie kein anderer Marktteilnehmer zu besitzen.

Zurück zur Ventilversion ohne integrierte Elektronik. Ist das E-AGR-Ventil zum Zweck der Sichtprüfung einmal ausgebaut, lassen sich mit Einschränkungen Prüfungen mit dem Multimeter vornehmen. Hier geht es um den Gesamtwiderstand des Potentiometers und dessen Vergleich mit den Herstellervorgaben, sofern das Potentiometer zugänglich ist. Fällt es aus, liegt der Gesamtwiderstand entweder bei „unendlich“ (Unterbrechung) oder bei null Ohm (Kurzschluss). Liegt er im Toleranzbereich der Herstellerangabe, kann dennoch der Abgriff des Schleifers fehlerhaft sein. Doch dessen Anschluss ist im eingebauten Zustand des Ventils nicht eindeutig prüfbar, weil die Zugänglichkeit zum Gestänge fehlt. Um das Potentiometer auf Unterbrechungen zu untersuchen, muss das AGR-Ventil ausgebaut sein. Vorgehensweise: Ventil (Gestänge) langsam zurückdrücken und dabei das Ohmmeter beobachtet. Liegen die Anfangs- und Endwerte im Bereich der Herstellerangaben und ist keine Unterbrechung erkennbar, ist von einwandfreier Funktion auszugehen.

Manche Prüfanleitungen empfehlen Widerstands- und Spannungsmessungen mit externer Spannungsquelle und Multimeter. Sofern es sich um ein E-AGR-Ventil mit zugänglichem Potentiometer handelt, kann das erfolgen. Am Schleifer des Potentiometers sollte prinzipiell eine Spannung im Bereich von 0,5 bis 4,5 Volt abgreifbar sein, abhängig von der Schleiferposition, wobei exakte Werte den Herstellerinformationen zu entnehmen sind. Bei E-AGR-Ventilen mit integrierter Elektronik ist die Möglichkeit nicht mehr gegeben, denn hier tut statt des Potentiometers ein induktiver Geber Dienst.

Fazit: Steht kein Diagnosegerät zur Verfügung, kann eine sichere Diagnose nur im ausgebauten Zustand des E-AGR-Ventils erfolgen. Am „großen Besteck“ kommt man somit (leider) kaum vorbei.

Reinhold Dörfler

Prüfung ohne Ausbau

Die elektrische Prüfung von E-AGR-Ventilen ohne deren Ausbau kann auf diese beiden Weisen erfolgen:

zwischen Pin 1 und 2 wird eine Spannung von zwölf Volt geschaltet, wobei bei freigängigem Gestänge ein deutliches Klacken wahrnehmbar sein muss (rote Schaltung); Nachteil: im eingebauten Zustand sind weder Rückschlüsse auf einwandfreies Öffnen und Schließen noch auf den Verschmutzungsgrad von Ventil und Gestänge möglich

die Prüfung des Potentiometers erfolgt zwischen den Pins 3, 4 und 5 (gelbe Schaltung); an den Pins 5 und 3 wird eine Spannung von fünf Volt angelegt, mit dem Voltmeter (Pins 3 und 4) kann nun ein von der Stellung des Gestänges abhängiger Spannungswert abgelesen werden; im geschlossenen Zustand muss eine Spannung zwischen 0,2 und 1,5 Volt* messbar sein (Herstellerangaben beachten); werden zwölf Volt auf das Ventil geschaltet (offener Zustand), muss eine Spannung von 3,5 bis 4,7 Volt messbar sein

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