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Lieferzeiten von Elektroautos: Dieses Jahr wird es eng

07.04.2022 06:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Lieferzeiten von Elektroautos: Dieses Jahr wird es eng
Die E-Autoproduktion stockt und hält nicht mit der Nachfrage mit.
© Foto: VW

Die Zahl der in Deutschland angebotenen Elektroautos ist seit Aufstockung der E-Auto-Prämie stark gestiegen. Doch mit der Verfügbarkeit gibt es mittlerweile echte Probleme.

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Mittlerweile dämmert es selbst eingefleischten Verbrenner-Fans, dass dem Elektroauto handfeste Vorteile innewohnen. Anders als von Fahrverboten bedrohte Benziner und Diesel versprechen emissionsfreie Stromer langfristig Planungssicherheit. In puncto Klimaschutz gelten sie ohnehin als bessere Alternative. Dank großzügiger E-Auto-Prämien, Befreiung von Kfz-Steuer sowie kräftig gestiegener Spritpreise sind sie momentan auch finanziell attraktiv. Entsprechend ist das Interesse an E-Autos weiter gestiegen, während sich zeitgleich Engpässe in den globalen Lieferketten verschärfen. Nicht mehr nur Halbleitertechnik ist knapp, seitdem Ukraine-Krieg fehlen unter anderem Kabelbäume. Statt in Monaten werden für einige Modelle bereits Wartezeiten in Jahren angegeben. Elektropionier Renault hat Ende März in Deutschland sogar einen Bestellstopp für E-Autos auch von Dacia verhängt, ohne konkret zu sagen, wann dieser endet. Soll es kurzfristig ein Stromer sein, bieten sich in vielen Fällen dennoch Chancen, sofern man in Hinblick auf Marke, Modell und Ausstattung nicht wählerisch ist.  

Die Auswirkungen der aktuellen Verknappung hat Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in der März-Ausgabe seines Car-Reports verdeutlicht. Demnach sei der Automarkt gekennzeichnet von Angebotsknappheit und langen Lieferzeiten, vor allem bei E-Autos. "Allein im Februar waren 14 Prozent der Pkw-Neuwagen in Deutschland vollelektrisch. Ohne Lieferengpässe wäre der Anteil noch höher ausgefallen", heißt es in der Analyse, laut der Lieferzeiten für neue E-Autos auf zum Teil über ein Jahr gestiegen sind. Die Stimmung der Branche sei entsprechend auf ein 10-Jahrestief gesunken, während die Netto-Preise ein neues Höchstniveau erreicht hätten.

Ein konkretes Beispiel für sogar explodierende Preise bietet derzeit Teslas Model 3, dessen Basisversion sich Anfang April um 7.000 auf fast 50.000 Euro verteuert hat. Speziell mit diesem Preisanstieg fällt parallel die E-Auto-Förderprämie kleiner aus. Sollte sich eine Auslieferung eines neuen E-Autos bis 2023 hinziehen, kann die Förderprämie sogar noch deutlich niedriger ausfallen. Nach jetzigem Stand wird nämlich die Innovationsprämie - das ist die im Sommer 2020 eingeführte Verdoppelung der Umweltprämie von 3.000 auf 6.000 Euro - nur noch bis Ende 2022 gewährt. Wer also ein neues E-Auto erst nach dem 1. Januar 2023 zulassen kann, muss möglicherweise auf 3.000 Euro Förderung verzichten.  

Neuausrichtung der Innovationsprämie angekündigt

Wie genau sich die E-Auto-Prämie ab dem kommenden Jahr ausgestalten wird, bleibt vorerst offen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat Ende 2021 lediglich eine Neuausrichtung der Innovationsprämie angekündigt, ohne die Pläne jedoch zu konkretisieren. Wer sich jetzt ein E-Auto mit acht bis neun Monaten Lieferzeit bestellt und dieses erst 2023 zulassen kann, muss mit dem Risiko leben, deutlich weniger Förderung als vielleicht erhofft zu erhalten. Angesichts der sich aktuell weiter verschärfenden Lieferzeiten-Problematik stehen Neuwagenkäufer also vor einer äußerst unbefriedigenden Entscheidungshemmnis. Dabei wurde die Innovationsprämie doch eingeführt, um in möglichst kurzer Zeit möglichst viele E-Autos auf die Straße zu bringen.  

Von Seiten der Autoindustrie werden deshalb verbindliche Lösungen für Verbraucher angemahnt. Stellvertretend für die Branche fordert Joachim Damasky, Geschäftsführer beim Verband der Automobilindustrie (VDA), die Bundesregierung auf, Klarheit zu schaffen: "Wichtig ist, dass der Kunde beim Kauf eine zuverlässige Aussage über die Auszahlungen des staatlichen Anteils am Umweltbonus bekommt. Änderungen der Förderrichtlinie oder Verzug bei den Lieferzeiten dürfen nicht zum Risiko für die Käuferinnen und Käufer werden. Es handelt sich ja um grundlegende Fragen der Investitionsentscheidung. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist die Planungssicherheit also entscheidend. Die Regierung sollte eine entsprechend verbraucherfreundliche Regelung finden."

Auch auf die Nachfrage bei Autoherstellern nach konkreten Lieferzeiten wird auf die politische Dimension verwiesen. Opel will zum Beispiel derzeit keine genauen Angaben hinsichtlich Lieferzeiten machen. Hier heißt es: "Wir setzen alles daran, unsere Kunden bestmöglich zu beliefern. Jedoch kann es bei einigen Modellen – auch bei Plug-in-Hybriden und Elektrofahrzeugen – derzeit zu längeren Lieferzeiten kommen. Aktuell sind Lieferzeiten Informationen, die sehr großen Schwankungen unterliegen und daher nur Momentaufnahmen." Darüber hinaus ruft die seit 2017 zum Stellantis-Konzern gehörende Traditionsmarke die Politik dazu auf, speziell in Hinblick auf die Innovationsprämie Planungssicherheit für Kunden zu schaffen. "Wir setzen uns daher seit längerem aktiv dafür ein, bei der Regelung ab sofort auf das Kaufvertragsdatum abzustellen, was bei den Kunden zur Klarheit und Sicherheit bei der Kaufentscheidung beitragen würde. Inwieweit dies von den verantwortlichen Stellen berücksichtigt und umgesetzt wird, lasst sich derzeit leider noch nicht absehen", heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der Presseabteilung.

Eingeschränkte Wahlmöglichkeiten 

Wie einige andere Autohersteller hat auch Opel auf die Anfrage nach konkreten Lieferzeiten auf eine größere Zahl von Neufahrzeugen im Händlerbestand hingewiesen. Hier entfällt grundsätzlich das Problem der aktuell volatilen Lieferzeiten, denn fertigproduzierte Autos stehen in den meisten Fällen kurzfristig bereit. In puncto Farbe und Ausstattung sind die Wahlmöglichkeiten entsprechend eingeschränkt.  

Mercedes weist darauf hin, dass die Elektrooffensive höchste Priorität habe, jedoch alle Kundengruppen derzeit von Lieferverzögerungen betroffen seien und im Rahmen einer flexiblen Auslieferungssteuerung versucht werde, Wartezeiten bestmöglich zu begrenzen. Bei BMW heißt es wiederum, dass die Wartezeit von durchschnittlich vier Monaten speziell für neue Elektromodelle wie i4 oder iX nicht gelten, jedoch detaillierte Angaben nicht zielführend und Momentaufnahmen seien. Ähnlich äußert man sich bei Audi. Auch hier seien starke Schwankungen abhängig von Modell und Ausstattungen möglich. Zugleich werden jedoch durchschnittliche Lieferzeiten für den E-Tron/E-Tron Sportback und E-Tron GT/RS E-Tron GT von fünf bis sechs Monaten sowie speziell für Q4 und Q4 Sportback E-Tron von ein bis 1,5 Jahren genannt.  

Etwas schneller geht es bei Porsche. Die Wartezeiten lagen hierzulande zuletzt für Taycan Sport Limousine und Taycan Sport Turismo bei drei bis vier Monaten, beim Taycan Cross Turismo mit maximal einem halben Jahr etwas höher. Porsche schränkt allerdings ein: "Aktuell müssen wir unsere ursprüngliche Auslieferungs-Planung wegen der Einschränkungen unserer Produktion durch die kriegerische Auseinandersetzung in der Ukraine anpassen. Es ist bereits absehbar, dass es bei einigen Modellen, wie dem Taycan, zu erhöhten Wartezeiten kommen wird."

Teilweise zeitnahe Lieferungen möglich

Opels Schwestermarken aus dem Stellantis-Konzern stellen zum Teil ebenfalls zeitnahe Lieferungen in Aussicht. Fiat kann einen 500e in drei bis vier  Monaten bereitstellen. Bei Peugeot ist der e-208 in vier bis fünf Monaten und der e-2008 in sieben bis acht Monaten lieferbar. DS Automobiles kann den DS 3 Crossback E-Tense in vier bis fünf Monaten ausliefern. Bei Citroën wird im Fall des ë-C4 die Auslieferung bis Ende 2022 garantiert und für ë-Berlingo sowie ë-Spacetourer für Ende 2022 in Aussicht gestellt.  

Heterogene Aussagen kommen auch von japanischen Herstellern. So werden neu im Werk zu bestellende Exemplare des Honda e im ersten Quartal 2023 geliefert. Im Fall des Mazda MX-30 werden erst ab April wieder Bestellungen entgegengenommen, die ab Juni ausgeliefert werden. Nissan hofft, Kunden mit dem mittlerweile vorbestellbaren Airya ab Sommer bedienen zu können, wird dies allerdings erst im Jahresverlauf genauer einschätzen können. Wer einen Nissan Leaf neu bestellt, kann diesen noch bis November/Dezember bekommen. Zum Townstar EV von Allianzpartner Renault macht Nissan keine Angaben.

Lange Wartezeiten bei VW

Bei den Volumenmarken des VW-Konzerns sind die Wartezeiten mittlerweile lang. Für den von Seat, VW und Skoda angebotenen Kleinstwagen Mii/Up/Citigo wurde wieder einmal ein Bestellstopp verhängt. Bei Modellen auf Basis des Modularen E-Antriebs-Baukasten MEB, hierzu gehören VW ID.3 oder Skoda Enyaq iV, kann sich die Auslieferung laut einer Analyse von Autobild und Carwow zehn bis 15 Monate hinziehen.

Auch bei den chinesischen Herstellern muss man zum Teil lange Wartezeiten hinnehmen. Laut MG Motors variieren Lieferzeiten abhängig von Ausstattungen. Der ZS EV soll nach maximal sechs Monaten verfügbar sein, im Fall des Marvel R Electric sind bis zu neun Monate möglich. Aiways will jetzt bestellte U5 August/September ausliefern, das Schwestermodell U6 soll drei Monate nach dem Bestellstart im Sommer verfügbar sein. Bei der schwedisch-chinesischen Marke Polestar ist das Modelljahresangebot aktuell ausverkauft. Neu konfigurieren und bestellen lassen sich Fahrzeuge erst nach dem Markteinführung des überarbeiteten Polestar 2 ab Ende April. Bei der Schwestermarke Volvo will man sich nicht so konkret festlegen. Wer einen XC40 oder C40 mit zwei Motoren will, wird wahrscheinlich noch im Herbst bedient. Bei Varianten mit einem Motor könnte es bis Anfang 2023 dauern. Grundsätzlich wird eine Verschiebung von +/-  zwei Monaten nicht ausgeschlossen.  

Vergleichsweise kurzfristig liefern können Hersteller aus Korea. Bei Hyundai befinden sich mehrere hundert sofort verfügbare E-Autos im Handel. Nur noch über diesen Weg kann man den nicht mehr individuell bestellbaren Ioniq Elektro bekommen. Für Kona Elektro und Ioniq 5 heißt es: Lieferzeit ab vier Monaten. Bei Konzernschwester Kia, die aktuell e-Soul und EV6 anbieten, sind es laut Autobild/Carwow neun bis zwölf Monate.

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