Hydraulisch-elektromechanische Parkbremse (H-EPB)
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Feststellbremsen künftiger Automobile werden, geht es nach dem Willen von TRW, hydraulisch betätigt und elektromechanisch fixiert. Der Bremsenspezialist hat die EPB zur hydraulisch-elektromechanischen Parkbremse (H-EPB) weiterentwickelt.
Die elektromechanische Parkbremse (EPB) ist nicht unumstritten. Un-terschiede bei Aufbau, Funktionsumfang, Vernetzung und nicht zuletzt Prüfbarkeit verkomplizierten die zuvor einfach aufgebaute und ebenso zu bedienende Hand- oder Fuß-Feststellbremse. Womöglich nehmen nicht wenige Autofahrer und Werkstattprofis die EPB in der Gewissheit, ohnehin nichts daran ändern zu können, zähneknirschend hin.
Hebel und Pedal mussten weg
Systemlieferanten wie TRW führen dabei nur aus, was Automobilherstellern in den Sinn kommt. Ausgangspunkt des EPB-Entwicklung war offenbar der Wunsch, den Hebel bzw. das Pedal aus dem Innenraum zu verbannen (vgl. Kurzinterview "Drei Fragen an..." auf Seite 23).
Dabei hatte TRW mit seinen Auftraggebern noch Glück und konnte die eigene Vorstellung von der EPB verwirklichen. Das bedeutet zum Beispiel Vollintegration der Aktuatoren in die hinteren Radbremsen und Programmierung einer automatischen Erkennung für das Befahren von Ein-Achs-Rollen-Bremsenprüfständen.
Inzwischen hat TRW die EPB zur hydraulisch-elektromechanischen Parkbremse (H-EPB) weiterentwickelt. Basis dieser Entwicklung ist die EPB mit den genannten Details und einem deutlich leistungsreduzierten Elektromotor, der die H-EPB nicht betätigen muss. Die Erzeugung der nötigen Klemmkraft übernimmt die Hydraulik des Betriebsbremssystems über ESP-Pumpe und -Druckspeicher.
Es folgt die elektromechanische Fixierung der Feststellbremse durch den Elektromotor und die von der EPB bekannte Getriebeuntersetzung mit selbsthemmender Spindel. Der dafür nötige Bedarf an elektrischer Energie ist gering genug, um die Bauteile der elektronischen Regelung in das ESP-Steuergerät integrieren zu kön-nen. Ein eigenes Steuergerät entfällt.
Lösen der H-EPB ohne Hydraulik
Das Lösen der H-EPB erfolgt ohne er-neuten Hydraulikdruckaufbau. Originalton des Systemlieferanten: "Die Auslegung des Aktuators (Motor, Getriebe, Spindel) erlaubt ein schnelles elektromechanisches Lösen ohne erneuten Druckaufbau, was zu einem sehr hohen Anfahrkomfort führt." Fällt die Betriebsbremse aus, si-chert die H-EPB die Notbremsfunktion, ebenfalls über ESP-Pumpe und -Druckspeicher sowie mit elektronischer Regelung über das ESP-/H-EPB-Steuergerät. Maximale Verzögerung: 0,6 g.
Es besteht durchaus Grund zur Hoffnung, dass EPB-Weiterentwicklungen wie die H-EPB zu einer Standardisierung der EPB durch die Hintertür beitragen. Autofahrern und Werkstattprofis wäre geholfen. Wann und in welchem Fahrzeug die H-EPB debütieren wird, war von TRW noch nicht zu erfahren. Zur Präsentation des Systems Anfang Juni in Frankreich war die H-EPB übrigens in einen VW Passat eingebaut. Peter Diehl
Kurzinterview
Drei Fragen an ...
Josef Pickenhahn, Leiter Entwicklung
Bremssysteme bei TRW Automotive.
Angesichts der Vielfalt unterschiedlicher EPB-Systeme wäre eine Standardisierung mancher Funktionen wünschenswert. Das betrifft insbesondere, aber nicht nur, die Prüfbarkeit auf Rollen- und Platten-Bremsenprüfständen. Gibt es Bemühungen in dieser Richtung?
Solche Bemühungen, die von Seiten der Automobilhersteller oder der Prüforganisationen kommen müssten, sind mir nicht bekannt. EPB-Systeme von TRW besitzen eine Eigendiagnosefunktion, die auftretende Fehler erkennt und anzeigt.
TRW hat die EPB zur H-EPB weiterentwickelt. Werden sich EPB und/oder H-EPB prinzipiell durchsetzen?
Der Ursprung der EPB ist der Wunsch der Automobilhersteller nach einem hebellosen Innenraum, um beispielsweise einen Drehregler unterbringen zu können. Im Jahr 2015 wird es meiner Meinung nach kaum noch Fahrzeugentwicklungen ohne EPB oder H-EPB geben. Bereits heute reicht der Trend bis zum B-Seg-ment. Vielleicht gelangen wir auf diesem Weg zur angestrebten trockenen Hinterradbremse.
Seit dem Facelift der Mer-cedes-Benz E-Klasse wird die elektrohydraulische Be-triebsbremse (EHB) bei Daimler nur noch in CLS und SL sowie im Maybach verbaut. Auch Toyota verwendet die EHB in einigen wenigen Baureihen. Ist die EHB tot?
Nein, die EHB ist nicht tot. Denken Sie nur an aktuelle Entwicklungstrends wie Benzindirekteinspritzung, Start-Stopp-Automatik und Hybridantrieb. Sie alle haben ein gemeinsames Problem: gänzlich oder zeitweise fehlender Saugrohrunterdruck, den man für konventionelle Betriebsbremssysteme benötigt. Natürlich kann man auch Un-terdruckpumpen und -speicher einbauen, aber das ist nicht zielführend. Mittelfristig kann die EHB ein Comeback erleben, was sich nicht zuletzt anhand der Kosten für zusätzliche Unterdruckpumpen und -speicher entscheiden wird.