Partnersysteme der Lackhersteller
Bunte Gesellschaft
Die Lackhersteller haben wie die Kollegen aus der Teileindustrie erkannt, dass es nicht mehr ausreicht, nur Produkte zu liefern. Mit unterschiedlichen Konzepten machen sie Lack- und Karosseriefachbetriebe fit für die Zukunft.
Die Anforderungen an Karosserie- und Lackierfachbetriebe sind in den letzten Jahren stark gewachsen. Immer höhere Umweltschutzstandards oder steigende Qualitätsansprüche bei gleichzeitig möglichst geringen Kosten seitens der Schadenvermittler, haben schon seit längerem die Lackhersteller und -lieferanten auf den Plan gerufen. So hat jeder mindestens ein Konzept parat, vom Werkstattsystem bis zum Branchenverein, mit denen Werkstattkunden auf unterschiedliche Art und Weise der veränderten Wettbewerbssituation begegnen können.
Mehr als Lack
Dabei ist eine deutliche Entwicklung abzusehen: die Interessenschwerpunkte verlagern sich immer mehr von technischen Themen hin zu Betriebswirtschaft und Marketing. Das erfordert wiederum entsprechende Beratungskompetenz seitens der Lackhersteller. BASF Coatings mit der Tochtergesellschaft Glasurit, unter deren Dach das ColorMotion-Konzept entstanden ist, hat 2005 ein so genanntes Mehrwertprogramm namens Value Added Services gestartet, bei dem Beratungsleistungen im Vordergrund stehen. Dazu wurde eigens ein dreistufiges Qualifizierungsprogramm für die BASF-eigenen Berater entwickelt. Drei Jahre dauert die berufsbegleitende Qualifizierung, jede Stufe wird dabei mit Prüfung und Zertifikat abgeschlossen.
Dieser Schritt war aus Sicht von BASF Coatings nötig, um das Programm starten zu können, denn die Themen reichen weit über das eigentliche Lackprodukt hinaus. Viel häufiger geht es heute in den Betrieben um Neu- oder Umbau, Umsatz-, Investitions- und Managementfragen sowie Möglichkeiten der Neukundengewinnung. Hierbei werden sie von den qualifizierten Beratern aktiv unterstützt. Ein großer Aufwand für den Lackproduzenten, der natürlich nicht ganz uneigennützig betrieben wird. Wie in den Betrieben selbst lautet die Zielsetzung auch beim Hersteller Kundenbindung und Neukundengewinnung.
Gleich drei unterschiedliche Konzepte bietet die Kölner Spies Hecker GmbH. Als klassisches Werkstattsystem für Karosserie- und Lackbetriebe ist seit 1999 Identica am Markt etabliert. Mit dem europaweit eingeführten Netzwerk will Spies Hecker eine starke Marke im Unfallreparaturgeschäft mit flächendeckender Präsenz bieten. Vor allem bei Versicherungen, Schadenvermittlern, Flottenbetreibern und Leasinggesellschaften hat sich das Fullservice-System mit einheitlichen Standards und umfangreichem Service einen Namen gemacht. Dafür müssen die Partnerbetriebe hohe Anforderungen erfüllen. Im Service sind Hol- und Bringdienst, Abschleppservice, 24h-Erreichbarkeit und Unfallersatzwagen obligatorisch, ebenso wie der Einsatz modernster Technik, etwa bei der Achsvermessung. Vor allem für Privatkunden ist das Angebot der kostengünstigen "Fair-Repair"-Instandsetzungsmethode wichtig.
30 Jahre Garantie
Mit Identica-Garant bekommen die Betriebe außerdem ein außergewöhnliches Mittel zur Kundenbindung an die Hand. Das Garantiepaket beinhaltet eine Fünf-Jahres-Garantie auf Karosseriearbeiten und bis zu 30 Jahre auf Reparaturlackierungen. Dazu muss der Fahrzeugbesitzer jährlich zur kostenlosen Lackinspektion erscheinen, die Möglichkeit für Zusatzgeschäfte. Außerdem soll die Garantie das Vertrauen der Kunden in den Betrieb steigern, das gilt vor allem auch für die Zusammenarbeit mit den Versicherungen. Die klaren Vorgaben und hohen Ansprüche durch das Identica-System finden bei den Partnerbetrieben Zustimmung, so etwa bei Albert Barutzky, Inhaber eines Karosserie-Fachbetriebes in Overath, der seit sechs Jahren Identica-Partner ist. "Alleine durch das gepflegte und moderne Erscheinungsbild hebt man sich von anderen Betrieben ab.
Flexibles Know-how
Ein gewisses Maß an Kontrolle hilft darüber hinaus gegen Betriebsblindheit. Man ist bei den Versicherungen besser anerkannt als ein kleiner Betrieb, der neue Auftritt hat sich zudem positiv auf die Kundenzahlen ausgewirkt. Weitere Vorteile sind die leistungsfähige Hotline und die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen aus dem Netzwerk."
Wer sich nicht an ein Fullservice-System binden möchte, hat bei Spies Hecker zwei weitere Alternativen. Das Know-how-Programm Colors Unlimited International (CUI) ist modular aufgebaut und ermöglicht Betrieben, sich aus verschiedenen Bausteinen ein passgenaues individuelles Programm zusammenzustellen. Das Programm bietet praxisorientierte Lösungen, die auf die individuelle Marktsituation einzelner Unternehmen abgestimmt werden. Die Mindestanforderungen verlangen ein gepflegtes, aber individuelles Erscheinungsbild, kontinuierliche Fortbildung und moderne Werkstatttechnik. Das Leistungsportfolio umfasst die Bereiche Marketing, Management, Technik und bereichsübergreifende Themen, wie die Vorbereitung zur ISO-Zertifizierunug. Die andere Möglichkeit ist der Spies Hecker Profi-Club e. V., der freien Karosserie- und Lackbetrieben eine Diskussions- und Informationsplattform bietet und den Unternehmern die Möglichkeit zur Entwicklung von Betriebsstrategien schafft. Der Club bietet ein Spektrum an kaufmännischem und technischem Wissen und steht den Mitgliedern in enger Kooperation mit den Werkstattausrüstern zur Seite. Mitglied in dem 1990 gegründeten Club können sowohl Werkstattinhaber, deren Ehepartner als auch Mitarbeiter der Werkstatt werden, aber auch, wer ein "Interesse am Vereinszweck glaubhaft macht und diesen zu fördern bereit ist". An den Beitritt sind weder qualitative noch quantitative Anforderungen geknüpft, über die Aufnahme entscheidet der Vorstand.
Förderverein
Auch Lackhersteller Standox unterstützt seine Partnerbetriebe auf Vereinsebene. Der Verein zur Wirtschaftsförderung freier Lackierbetriebe Repanet e. V. hat die Ziele, in den Betrieben die Auslastung und Rentabilität zu verbessern und die erforderlichen Instrumente zur Anpassung an neue Marktgegebenheiten bereitzustellen. Dazu setzt Repanet auf individuelle Beratung, Interessensvertretung und den Austausch von Erfahrungen und Ideen unter den Mitgliedern. Ute Giesselbach, Inhaberin des gleichnamigen Lackier- und Karosseriebetriebes in Witten, ist von den Repanet-Leistungen überzeugt:
Sternekonzept
"Da ich völlig fachfremd den Betrieb vor etwa zehn Jahren von meinem Mann übernommen habe, waren und sind die regelmäßigen Betriebsberatungen besonders wichtig. Ich halte auch viel davon, mich mit Kollegen austauschen zu können, weil man da viel lernen kann. Darüber hinaus nutzen wir jährlich die Marketing- und BWL-Beratungen und auch die beratende Begleitung während der Neubauphase war sehr hilfreich. Ich bekomme immer Hilfe, wo ich sie brauche oder Repanet weiß jemanden, der mir helfen kann. Der Nutzen geht weit über die Kosten des Vereins hinaus."
Bereits seit rund 20 Jahren hat Lackhersteller DuPont sein Five Star Netzwerk im europäischen Markt etabliert und kann hier auf über 900 Betriebe blicken. In Deutschland haben sich bis heute 70 Unternehmen der Vereinigung angeschlossen. Bei den Zielen von Five Star fällt auf, dass zwar auch hier ein hoher Qualitätsstandard als Referenz für Versicherungen, Leasinggesellschaften etc. angestrebt wird, der eindeutige Schwerpunkt jedoch auf der Gewinnung von Privatkunden liegt. Dazu dient beispielsweise die ADAC-Vorteilspartnerschaft, die jedem ADAC-Mitglied einen 10-prozentigen Rabatt beschert.
Alter Hase
Jürgen Maas vom Lack- und Karosseriebetrieb Gebrüder Maas in Saarbrücken, ist seit 2003 Five Star-Partner: "Das Konzept erlaubt die qualitative Hervorhebung des Betriebes. Außerdem bietet das Netzwerk weitreichendere Möglichkeiten, z. B. in der Werbung, als mit einem Einzelbetrieb. Die Angebote wie etwa die ADAC-Vorteilspartnerschaft oder die bundesweit gültige Fünf-Jahres-Garantie bringen nicht nur neue Kunden, sondern erleichtern auch Verhandlungen mit Leasinggesellschaften oder Flottenbetreibern. Ein weiterer Vorteil ist, das man keine Entscheidungen von oben aufgedrückt bekommt, sondern Entscheidungen immer im Kollektiv im Rahmen der Mitgliederversammlungen getroffen werden." Auch Lackhersteller Sikkens hat mit "Acoat selected" sein Kundenbindungsprogramm am Markt, und das bereits seit 1976. Das Leistungsangebot für die Partner wird jährlich neu überarbeitet und an die Marktentwicklungen angepasst. Die Partner können sich zu Jahresbeginn für eines von drei Leistungspaketen entscheiden, auf die Kosten wird ein Bonus auf eingekauftes Sikkens Lackmaterial angerechnet. Dafür verlangt Sikkens von seinen Partnern, dass mindes-tens 50 Prozent des Lack- und Material-bedarfs von Sikkens bezogen werden. Damit ist "Acoat selected" das einzige System, das eine feste Abnahmeverein-barung trifft. Alle anderen hier aufgeführten Systeme erwarten natürlich eine hohe Einkaufsloyalität der Partner, feste Vereinbarungen gibt es aber nicht.
Fazit
Die Ziele der Konzeptanbieter sind sehr ähnlich, die Wege dahin unterscheiden sich deutlich. Ob Fullservice-Konzept oder lockere Vereinsmitgliedschaft, es sollte für jeden Unternehmertyp das passende Angebot dabei sein. Eine Partnerschaft ist auf jeden Fall eine Überlegung wert, denn sie bringt in einem hart umkämpften Markt unübersehbare Vorteile. Dieter Väthröder