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Blick über den Tellerrand

20.12.2013 12:02 Uhr

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Oldtimerszene in der Schweiz

Wie ist der professionelle Teil der Oldtimerszene im Nachbarland Schweiz organisiert? Gibt es auch dort Bemühungen, ein Berufsbild, vergleichbar mit der deutschen „Fachkraft für historische Fahrzeuge“, zu etablieren? Die Teilnahme an einem Zündungs-Workshop in Baden gab Gelegenheit zur Recherche.

Baden bei Zürich am 23. November 2013: Die Interessengemeinschaft Fahrzeugrestauratoren Schweiz (IgFS) veranstaltet einen Workshop zum Thema Zündung. Ort des Geschehens ist die Automobilabteilung der Berufsfachschule „BBB BerufsBildungBaden“. Der Einladung folgen 66 Teilnehmer – eine Zahl, von der deutsche Veranstalter nur träumen können. Die Teilnehmer durchlaufen in drei Gruppen ebenso viele Sta-tionen; es geht um Magnetzündung in Theorie und Praxis sowie um Batteriezündung. Referenten wie Peter Woodtli (im Bild Seite 76) erklären nicht nur Auf-bau und Funktion aller Komponenten, sondern geben auch Instandsetzungstipps und nennen Handwerksbetriebe, die Wicklungen erneuern können. Abgesehen von minimalen, also verzeihlichen Schwächen, hat die IgFS – nach Teilnehmermeinung nicht zum ersten Mal – eine Weiterbildung auf die Beine gestellt, die sich für Profis tatsächlich lohnt.

Einige Parallelen zu Deutschland

Der Workshop bot auch die Gelegenheit, den professionellen Teil der schweizer Oldtimerszene genauer zu betrachten – ein Blick über den Tellerrand, bei dem sich einige Parallelen zu Deutschland ergaben. So gibt es auch im Nachbarland intensive Bemühungen, ein spezielles Berufsbild zu schaffen. Was in Deutschland hölzern „Fachkraft für historische Fahrzeuge“ genannt wird (vgl. Beitrag „Vorkämpfer“, diese Ausgabe, Seite 69), heißt in der Schweiz schlicht „Fahrzeugres-taurator(in)“. Dazu später mehr.

Beim Nachdenken über schweizer Autobauer fallen Nicht-Schweizern womöglich nur Felber, Monteverdi und Saurer ein. Dabei lag deren Gesamtzahl bei rund 70. Heute ist nur noch Enzmann (www.enzmann-506.ch) aktiv, weshalb es in der Schweiz auch keinen Herstellerverband gibt. Mit der Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure, kurz Auto-Schweiz (www.auto-schweiz.ch), wohl aber einen Verband der Importeure, der die Interessen seiner Mitglieder nicht nur schweizweit, sondern auch im benachbarten Fürstentum Liechtenstein vertritt.

Vergleichbar mit Deutschland, existieren auch in der Schweiz kleine, mittlere und große sowie markengebundene und freie Betriebe, die sich mit Neuwagen, Occasionen (Gebrauchtwagen) und/oder Service und Instandsetzung von rund 5,5 Mio. Bestandsfahrzeugen beschäftigen. Für diese Betriebe sind gleich mehrere Verbände aktiv. Größter Interessenvertreter ist der Branchen- und Berufsverband der schweizer Garagisten, korrekt benannt Auto-Gewerbe-Verband Schweiz (AGVS, www.agvs.ch), dem rund 4.000 Betriebe mit 39.000 Mitarbeitern angehören. Der 1919 als Verband Schweizerischer Carrosserie-Industrie gegründete und deshalb noch immer als VSCI abgekürzte Schweizerische Carrosserieverband (www.vsci.ch) ist der Arbeitgeberverband für etwa 650 Betriebe, die ca. 4.500 Karosseriebauer, -instandsetzer und Lackierer beschäftigen. Der Vollständigkeit halber soll die ausschließlich in der Westschweiz aktive Fédération des Carrossiers Romands (FCR, www.fcr.ch) nicht unerwähnt bleiben. Der Verband schweizerischer Carrosseriesattler, kurz VSCS (www.vscs.ch), schließlich ist der Berufsverband der Autosattler.

Bezogen auf Oldtimer hat man es in der Schweiz mit zwei Verbänden zu tun: der Fédération Suisse des Véhicules Anciens (FSVA, www.fsva.ch) und Swiss Oldtimers (www.swissoldtimers.ch). Die FSVA ist der Dachverband der schweizer Oldtimer-Clubs und die nationale Vertretung des Oldtimer-Weltverbands Fé-dération Internationale des Véhicules Anciens (FIVA). Swiss Oldtimers bezeichnet sich als schweizer Dachverband für historische Motorfahrzeuge.

Zurück zur Interessengemeinschaft Fahrzeugrestauratoren Schweiz (IgFS). 2009 entstand in der FSVA die Idee, für Fahrzeugrestaurator(inn)en ein Berufsbild und einen Fachverband zu schaffen. Mit der IgFS wurde dieser Verband 2011 gegründet; er wird unabhängig geführt, jedoch von den Verbänden AGVS, VSCI und VSCS in allen fachlichen Belangen unterstützt. Präsident Christian Ackermann bezeichnet die IgFS als „Schaltzentrale und treibende Kraft des Oldtimer-bezogenen Kfz-Handwerks“.

Keine Aus-, sondern Weiterbildung

Am Berufsbild wird hingegen noch ge-arbeitet. Im Gegensatz zur deutschen „Fachkraft für historische Fahrzeuge“, handelt es sich beim/bei der schweizer „Fahrzeugrestaurator(in)“ nicht um eine Aus-, sondern um eine Weiterbildung; Absolventen müssen zuvor einen Kfz-Beruf erlernt haben. Derzeit werden die Lerninhalte erarbeitet und in Module unterteilt, aus denen sich die Pflichtenhefte der einzelnen Kurse ergeben. Auf der IgFS-Internetseite ist zu lesen: „Es ist unsere Idee, das vorhandene Know-how von ausgewiesenen Fachpersonen in Ausbildungslehrgänge einfließen zu lassen. Unser Ziel ist, dass die Ausbildungen mit einem vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innvoation (SBFI) anerkannten Titel abgeschlossen werden können.“ Mit der Ermittlung des Absolventenbedarfs beschäftigt sich derzeit eine Bachelor-Arbeit. Bei der IgFS rechnet man pro Jahr mit etwa acht bis zehn Absolventen, für deren Kosten Sponsoren gesucht werden. „Die Kosten ähneln den Kosten der Diagnostiker-Ausbildung“, schätzt Christian Ackermann.

Zum Schluss noch einige Details der schweizer Zulassungsbestimmungen für Oldtimer. Bestand ein zumindestens 30 Jahre altes Fahrzeug die technische Abnahme, kann es so genannte Oldtimer-Kontrollschilder (normale Kennzeichen) erhalten. Je nach Kantonsbestimmungen, können mit einem Schilderpaar bis zu zehn Fahrzeuge gefahren werden, sofern das nicht gewerbsmäßig geschieht. Das Intervall der Motorfahrzeugkontrolle (MFK, vergleichbar zur deutschen HU) beträgt dann sechs Jahre. Jedoch dürfen mit einem auf Oldtimer-Kontrollschilder zugelassenen Fahrzeug jährlich lediglich 3.000 Kilometer zurückgelegt werden. Diese Distanz wird bei der MFK geprüft (6 x 3.000 km = 18.000 km) und vermerkt, was man ernst nehmen sollte, denn bei Verstößen droht Entzug der Schilder und somit des Status. Peter Diehl

Kontakt zur IgFS

Die Berufsfachschule „BBB BerufsBildungBaden“, Geschäftsstelle der Interessengemeinschaft Fahrzeugrestauratoren Schweiz (IgFS) und Veranstaltungsort für deren Workshops, befindet sich nur rund 25 Kilometer von der deutsch-schweizerischen Grenze entfernt. Nächste größere Stadt in Deutschland ist Waldshut-Tiengen im süd-lichen Schwarzwald. Durch Qualität und Nähe erscheinen die Veranstaltungen der IgFS auch für Fachleute aus Deutschland interessant. Ob sie teilnehmen können, muss individuell erfragt werden.

Wiesenstraße 32, CH-5400 Baden

Telefon +41/56/2220206, Fax ...7

sekretariat@igfs.ch, www.igfs.ch

Oldtimerland Schweiz

Auto-Gewerbe-Verband Schweiz (AGVS, www.agvs.ch): Branchen- und Berufsverband der schweizer Garagisten

Fédération Suisse des Véhicules Anciens (FSVA, www.fsva.ch): Dachverband der schweizer Oldtimer-Clubs, nationale Vertretung des Oldtimer-Weltverbands Fédération Internationale des Véhicules Anciens (FIVA)

Interessengemeinschaft Fahrzeugrestauratoren Schweiz (IgFS, www.igfs.ch): Fachverband der schweizer Fahrzeugrestaurator(inn)en

Schweizerischer Carrosserieverband (Gründungsname: Verband Schweizerischer Carrosserie-Industrie, VSCI, www.vsci.ch): Arbeitgeberverband der Karosseriebau-, -instandsetzungs- und Lackierbetrtiebe; in der Westschweiz gibt es zudem die Fédération des Carrossiers Romands (FCR, www.fcr.ch)

Swiss Oldtimers (www.swissoldtimers.ch): schweizer Dachverband für historische Motorfahrzeuge

Verband schweizerischer Carrosseriesattler (VSCS, www.vscs.ch): Berufsverband der schweizer Autosattler

Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure (Auto-Schweiz, www.auto-schweiz.ch): vertritt die Interessen der Importeure in der Schweiz und in Liechtenstein

Oldtimerland Großbritannien

Auch in Großbritannien befürchtet man den Verlust technischen Wissens und handwerklicher Fähigkeiten. „The International Guild of Specialist Engineers“ (TIGOSE) hat deshalb ein Trainingsprogramm initiiert, mit dem junge Leute an die Besonderheiten von Wartung, Instandsetzung und Restaurierung historischer Fahrzeuge herangeführt werden sollen. Entwickelt wurde das Programm von Roger Waters, Vorsitzender der Motor Manufacturers’ Technical Training Conference, und Clive Temple, Direktor des Postgraduierten-Programms Motorsport-Ingenieurwesen der Cranfield Universität; die Durchführung obliegt dem Dienstleister Babcock International. „Technisches Wissen und handwerkliche Fähigkeiten weiterzugeben, ist äußerst wichtig, um unser automobiles Erbe zu bewahren. Dafür war es unerlässlich, ein Trainingsprogramm nach den Bedürfnissen unserer Mitglieder einzurichten, und ich bin erfreut, dass dies nun Realität wird. Das Training wird einzigartig sein, denn es bietet das sorgfältig strukturierte Erlernen von Fä- higkeiten, maßgeschneidert für die Wartung und Restaurierung klassischer und sportlicher Fahrzeuge“, erklärt TIGOSE-Vorsitzender Eddie Hoare. TIGOSE (http://tigose.com) ist eine kürzlich von britischen Fahrzeugrestauratoren gegründete Interessenvertretung. Mitglied kann man nur auf Einladung anderer Mitglieder werden.

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